Schaden durch Signa-Pleite
Marktbeobachter hatten es erwartet: Der Schieflage des Mutterkonzerns Signa folgt der dritte Insolvenzantrag der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof binnen weniger Jahre. Der Galeria-Chef spricht von einem "Befreiungsschlag".
Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) hat beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag gestellt. Das teilte das Unternehmen am Dienstag in Essen mit. Galeria sucht demnach einen neuen Eigentümer. Gespräche mit potenziellen Investoren seien bereits angelaufen, Ziel sei die Fortführung von Galeria.
Galeria-Chef Olivier van den Bossche sagte: "Galerias operativer Erfolg wird durch die Rahmenbedingungen der alten Eigentümerstruktur belastet. Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag." Weiter heißt es in der Mitteilung: "Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein."
Nach einem Bericht von "Business Insider" [Paywall] verdienten zahlreiche Berater Millionenbeträge unter der Regentschaft der Signa-Gruppe am Warenhauskonzern. Demnach hoffe die Führung von GKK nun auf die Befreiung von diesen Beraterverträgen.
Von der aktuellen Signa-Pleite betroffen sind auch zwei Bauvorhaben des Konzerns in Berlin, das geht aus den Insolvenzbekanntmachungen des NRW-Justizministeriums hervor. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" [Paywall] berichtet. So plante der Konzern in der Nachbarschaft des KaDeWe das Projekt "Femina-Palast" in Schöneberg in der Nürnberger Straße. Dort sollte das frühere Ellington-Hotel ausgebaut und dessen früheren luxuriösen Ballsaal wiedererrichtet werden.
Ein zweites, zuletzt vom Konzern groß angekündigtes Projekt, das Quartier "No 1 Passauer" in der Passauer Straße (Schöneberg), steht mit der Insolvenz ebenfalls auf der Kippe. Geplant war hier der Neubau eines Gebäudekomplexes und eines Hochhausturms in der Mitte mit überwiegend Geschäftsräumen.
Die Bauprojekte der Signa-Gruppe in Berlin wurden einem Bericht der Zeitung zufolge bereits Anfang November gestoppt.
Für Galerie Karstadt Kaufhof ist es schon die dritte Insolvenz innerhalb von weniger als vier Jahren. Vorausgegangen war die Schieflage des Mutterkonzerns Signa. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Unternehmen aus der Handels- und Immobiliengruppe des österreichischen Unternehmers René Benko Insolvenz angemeldet - darunter die Signa Retail Selection AG, zu der GKK gehört. Sie hatte Ende November angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln, was einen Verkauf von GKK bedeutet.
Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte erst Ende 2022 Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Im März 2023 stimmte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zu. Signa hatte für die Sanierung 200 Millionen Euro zugesagt, die in mehreren Tranchen bis 2025 fließen sollen, die ersten 50 Millionen dem Vernehmen nach im Februar.
In den beiden zurückliegenden Insolvenzverfahren hatten die Gläubiger von Galeria auf Milliardenforderungen verzichtet, damit die Warenhauskette einen Weg aus der Krise findet. Auch der deutsche Staat half mit viel Geld: 2021 und 2022 hatte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Unternehmen mit insgesamt 680 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Laut dem Insolvenzplan vom Frühjahr 2023 sollte der WSF nur einen kleinen Teil aus der Verwertung des Warenbestands zurückerhalten.
Nach der vergangenen Insolvenz hatte der Warenhauskonzern etwa 40 Filialen schließen müssen. Die letzten 18 davon, darunter zwei in Berlin, machen im Laufe des Monats dicht. Sowohl in der Filiale am Leopoldplatz im Wedding als auch in der Wilmersdorfer Straße sind alle Mitarbeitenden von der Schließung Ende Januar betroffen. In Berlin verbleiben danach noch acht Filialen. In Brandenburg gibt es nur noch eine GKK-Filiale – in Potsdam. Bundesweit betreibt Galeria aktuell 92 Warenhäuser und beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 15.000 Menschen.
Was die neue Insolvenzanmeldung für die Beschäftigten bedeutet, lässt sich noch nicht sagen. Der Gesamtbetriebsrat war zunächst nicht für ein Statement zu erreichen. Während des letzten Insolvenzverfahrens hatte die Bundesagentur für Arbeit den Galeria-Beschäftigten drei Monate lang Insolvenzgeld gezahlt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 09.01.2024, 9 Uhr
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