Leider gibt es ein Problem beim Abspielen des Videos.
Unternehmen bestätigt
Schon am Wochenende waren erste Berichte durchgesickert, jetzt ist es amtlich: Die KaDeWe-Gruppe hat einen Insolvenzantrag gestellt. Der Betrieb der drei Standorte soll zunächst weitergehen. Die Landespolitik bleibt derweil optimistisch.
Die KaDeWe Group um das gleichnamige Berliner Luxus-Kaufhaus hat einen Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht Berlin Charlottenburg habe dem Antrag bereits stattgegeben und den Rechtsanwalt Christian Graf Brockdorff zum vorläufigen Sachwalter bestellt, teilte das Unternehmen am Montag mit. Die KaDeWe Group wolle nun in dem Verfahren in Eigenverwaltung ihre Zukunft sichern, die Warenhäuser blieben geöffnet, hieß es.
Hintergrund des Antrags seien "exorbitant hohe Mieten" für die Warenhaus- Immobilien. Nach Unternehmensangaben sind die Mieten der KaDeWe-Group im Vergleich zum Geschäftsjahr 2018/2019 um fast 37 Prozent gestiegen. Das mache "ein nachhaltig ertragreiches Wirtschaften nahezu unmöglich". Das solle sich ändern. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gemeinsam mit der Geschäftsführung gelingen wird, die Gruppe erfolgreich fortzuführen", sagte Sachwalter Brockdorff. Ähnlich optimistisch äußerte sich auch KaDeWe-Geschäftsführer Michael Peterseim im rbb. Ziel, so der CEO, sei es, die KaDeWe-Group zu schützen. "Wir lassen Altlasten hinter uns und streifen vor allem die hohen Mietlasten für unsere Häuser ab."
Vom Insolvenzantrag sind neben dem Berliner KaDeWe die Standorte Oberpollinger (München) und Alsterhaus (Hamburg) betroffen. Eine Insolvenz in Eigenverwaltung anstatt mit Hilfe eines Insolvenzverwalters beantragen in der Regel Unternehmen, die gute Aussichten haben, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Es ist eine Variante des Insolvenzrechts, die statt auf eine Abwicklung auf die Sanierung eines Unternehmens zielt.
Experten sehen im Insolvenzverfahren ein klares strategisches Kalkül. "Man kann sich im Rahmen eines solchen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung auch von unliebsamen - und ich sage mal marktüberhöhten - Mieten trennen", sagte Johannes Berentzen von der BBE Handelsberatung am Montagabend in der rbb24 Abendschau. Wenn man sich nicht in einer Insolvenz befinde, könne man "nicht einfach sagen, die Mieten sind zu hoch", so Berentzen. "Doch im Insolvenzrecht geht das in bestimmten Fällen schon".
Das Insolvenzverfahren jetzt könnte ein Versuch der Central-Group sein, sich die Gesamtanteile an der KaDeWe-Group und den Grundstücken zu sichern. Auf rbb-Anfrage teilte die Central-Group mit, sie seien weiter offen für Gespräche – vor allem bei den Mietpreisen.
Johannes Berentzen sagt, es sei, wenn man die letzten großen Insolvenzen betrachte, "fast schon eine Modeerscheinung, sich durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung unliebsamer Verträge – und leider auch Mitarbeitender - zu entledigen."
Die in Schieflage geratene Signa Gruppe des Tiroler Investors René Benko hält 49,9 Prozent der Anteile an der KaDeWe Group, die auf Handel spezialisierte Central Group aus Thailand 50,1 Prozent. Die drei Luxuskaufhäuser beschäftigen eigenen Angaben zufolge rund 1.700 Menschen.
Die Immobilien der Kaufhäuser in besten Innenstadt-Lagen gehören den Angaben zufolge Signa. Teil von Benkos zerfallendem Imperium ist auch der deutsche Warenhausriese Galeria, der ebenfalls Insolvenz angemeldet hatte. Die Signa Retail hatte Ende November angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln. Galeria Karstadt Kaufhof beantragte vor drei Wochen ein Insolvenzverfahren.
Am - im übrigen Berlin - verkaufsoffenen Sonntag war das KaDeWe geschlossen geblieben. Shoppingfreudige Berliner und Touristen standen vor verschlossenen Türen. Ob es einen Zusammenhang mit dem Insolvenzantrag gibt, ist nicht klar. Schon am Samstag hatte das KaDeWe Anfragen offen gelassen, ob es am verkaufsoffenen Sonntag anlässlich der Grünen Woche teilnehme. Zunächst hatte das Wirtschaftsmagazin "Capital" über Vorbereitungen auf einen Insolvenzantrag berichtet.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kündigte an, der Senat werde sich dafür engagieren, dass so viele Arbeitsplätze wie möglich beim Kaufhaus erhalten bleiben: "Das KaDeWe wurde vor 117 Jahren in Berlin eröffnet und ist wahrlich eine Berliner Institution. Der Berliner Senat wird sich dafür einsetzen, dass eine Lösung für Berlins berühmtestes Kaufhaus gefunden werden kann und möglichst viele Arbeitsplätze erhalten werden. Eine Insolvenz kann aber immer auch die Chance für die Weiterentwicklung der Kaufhausstandorte bieten", teilte er am Montagnachmittag mit.
Auch Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) zeigte sich optimistisch. "Für uns ist ganz klar: Das KaDeWe ist eine Warenhaus-Ikone. Es ist das bekannteste Kaufhaus Deutschlands. Es ist ein absolutes Flaggschiff und auch Wahrzeichen unserer Stadt", sagte sie dem rbb am Rande der SPD-Fraktionsklausur in Leipzig.
Die Senatorin verwies auf laufende Gespräche auf verschiedenen Ebenen, die allerdings vertraulich seien. "Es geht natürlich um die Mietbedingungen, es geht um die Frage der Anteilseignerschaft", so Giffey. Es sei bekannt, dass die thailändische Central Group bereits rund 50 Prozent am KaDeWe halte "und, dass es gegebenenfalls auch eine Bereitschaft geben könnte, mit mehr einzusteigen". Laut Giffey schätzt die Central Group das KaDeWe als "besonderen Standort".
Der Senat werde sich, wo immer es möglich sei, einbringen. Man werde alles dafür tun, um "den Erhalt des KaDeWe zu sichern und die Möglichkeiten dafür auszuschöpfen". Die Wirtschaftssenatorin verwies auch auf die über hundertjährige, wechselvolle Geschichte des Nobel-Kaufhauses: "In dieser Zeit hat es sieben Mal einen Wechsel des Mutterkonzerns gegeben."
Die Mitarbeiter, die am Sonntag aus dem Gebäude kamen, wollten sich gegenüber dem rbb nicht offen äußern. Einige schienen erst aus den Medien von dem drohenden Insolvenzantrag erfahren zu haben.
Der Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, sieht die Arbeitsplätze zunächst nicht akut gefährdet. "Wenn ich im Einzelhandel in Berlin beschäftigt wäre, wäre das hier sicherlich einer der Arbeitsplätze, um den ich mir am allerwenigsten Sorgen machen würde", sagte Busch-Petersen dem rbb.
Der Handelsverband sieht den Grund für den drohenden Insolvenzantrag nämlich nicht in etwaigen roten Zahlen des KaDeWe. Im Gegenteil: Laut dem Branchenverband läuft das Kaufhaus überdurchschnittlich gut. Möglicherweise wolle man einen Insolvenzantrag nur nutzen, um sich neu aufzustellen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 29.01.2024, 19:30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 29.01.2024 um 07:49 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.
Artikel im mobilen Angebot lesen