Probleme bei Zulieferungen
Das Werk des Elektroauto-Herstellers in Brandenburg steht für zwei Wochen fast still. Hintergrund sind Verzögerungen in der Lieferkette infolge von Kämpfen im Roten Meer. Die Mitarbeiter sollen aber weiterbezahlt werden. Von Martin Krauß
Erstmal keine Tesla Model Y "Made in Germany": Der US-Elektroautobauer stellt ab Montag für zwei Wochen einen Großteil seiner Produktion in seinem einzigen europäischen Werk in Grünheide (Oder-Spree) ein. Das teilte das Unternehmen dem rbb mit. Benötigte Bauteile für die Fahrzeugproduktion in Grünheide kämen derzeit verspätet an, heißt es. Bis zum 11. Februar soll die "Gigafactory Berlin Brandenburg" mit Ausnahme weniger Teilbereiche stillstehen.
Der Produktionsstopp soll laut Tesla keine negativen Auswirkungen auf die Mitarbeitenden haben. Das Unternehmen hat eigenen Angaben nach keine Kurzarbeit beantragt. "Alle Mitarbeiter*innen inklusive unserer Zeitarbeiter*innen werden weiterhin bezahlt", heißt es von Tesla. Die Gewerkschaft IG Metall hatte zuvor gefordert, dass der Produktionsstopp wegen Lieferkettenproblemen nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen soll.
In einigen kleineren Abteilungen soll ohnehin weiter gearbeitet werden. "Die Fahrzeugfertigung an sich wird ruhen. Dort wo es möglich ist, werden Teilbereiche weiter produzieren", teilte das Unternehmen in der vergangenen Woche auf Anfrage dem rbb mit. Um welche Bereiche es sich handelt, wollte Tesla nicht beantworten. Vollumfänglich soll die Produktion erst am 12. Februar wieder aufgenommen werden.
Der E-Autobauer hatte den zweiwöchigen Fertigungsstop bereits Mitte Januar angekündigt. Konkret hieß es: "Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Roten Meer und die damit verbundenen Verschiebungen der Transportrouten zwischen Europa und Asien über das Kap der Guten Hoffnung wirken sich auch auf die Produktion in Grünheide aus. Durch die erheblich längeren Transportzeiten entsteht eine Lücke in den Lieferketten." Laut rbb-Informationen handelt es sich dabei insbesondere um Bauteile für Batterien, die Tesla bislang aus China importiert.
Infolge der Kämpfe im Roten Meer, wo Huthi-Rebellen von Jemen aus Frachtschiffe angreifen, um sich mit der islamistischen Terrororganisation Hamas zu solidarisieren, mussten Lieferrouten angepasst und verlängert werden. Viele Schiffe meiden das Rote Meer und den Suezkanal inzwischen. Tesla gehörte zu den ersten Konzernen, die deshalb eine Produktionslücke bekannt gaben.
Mit seinen Lieferketten-Problemen dürfte der Autobauer aber nicht alleine sein: Etwa zwölf bis 15 Prozent aller weltweit gehandelten Waren werden normalerweise durchs Rote Meer und den Suezkanal verschifft. Im Falle Deutschlands sind es vor allem Importe aus Asien - Elektronik, Chemikalien oder Solarpaneele beispielsweise. Tanker mit Rohöl nehmen häufig den Weg durchs Rote Meer. Die engen Seestraßen sind der kürzeste Weg zwischen Europa und Asien. Viele Schiffe die jetzt ausweichen, müssen über Südafrika fahren - ein Umweg von rund 6.000 Kilometern.
Auch die Produktion des schwedischen Tesla-Konkurrenten Volvo im belgischen Gent ist wegen Lieferkettenprobleme zeitweilig eingestellt worden – jedoch nur für wenige Tage. Tesla ist aus mehreren Gründen deutlich vulnerabler, was internationale Lieferketten betrifft.
So ist zum einen die eigene Produktion von Batteriezellen am Standort Grünheide noch nicht angelaufen. Grund dafür waren wiederum steuerliche Anreize, die 2023 von der US-Regierung beschlossen wurden. Der Elektroautohersteller hatte daraufhin die Batterie-Produktion in Amerika priorisiert, um die Steuervorteile in vollem Umfang nutzen zu können. Die Produktion in Grünheide wurde daraufhin bis auf weiteres auf Eis gelegt.
Auch aus diesem Grund bezieht das europäische Werk weiterhin die Batterien beziehungsweise deren Komponenten aus China. Hinzu kommt, dass Tesla bislang keine ausreichenden Lagerkapazitäten in Deutschland aufgebaut hat beziehungsweise aufbauen konnte – auch weil das eigene Werksgelände noch im Aufbau ist. Nach rbb-Informationen werden Komponenten für die Batteriezellen derzeit in Frankfurt (Oder) angeliefert und dort von einem Logistiker umgeschlagen, bevor sie zur weiteren Verwendung über die Autobahn nach Grünheide weiter transportiert werden.
Seit längerem arbeitet Tesla auch deswegen an Möglichkeiten zur Schaffung von weiteren Logistikflächen in Grünheide. So hatte der US-Elektroautobauer im vergangenen Jahr zunächst seine Erweiterung auf dem bestehenden Werksgelände beantragt. Neben einer Verdoppelung der Produktion auf eine Million Fahrzeuge pro Jahr sehen die beantragten Pläne auch die Schaffung von eigenen Lager- und Logistikflächen am Standort vor.
Zudem will das Unternehmen auch sein Werksgelände um weitere rund 100 Hektar erweitern. Auf der zusätzlichen Fläche sollen neben einem Güterbahnhof ebenfalls weitere Lager- und Logistikflächen entstehen. Dadurch verspricht sich das Unternehmen, seine internationalen Abhängigkeiten verringern zu können: "Eine Erweiterung der Lagerkapazitäten direkt am Werk (inklusive der Möglichkeit einer intensiven Bahnlogistik), würde zu einer Stabilisierung der Lieferketten und Produktion beitragen", so Tesla.
Sendung: rbb24 Inforadio, 29.01.2024, 10 Uhr
Beitrag von Martin Krauß
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