Strenge Verpackungsvorschriften
Strenge Verpackungsvorschriften und eine Zusatzsteuer erschweren das legale Geschäft mit Wasserpfeifen-Tabak. Ein Branchenverband schlägt Alarm und fordert ein schnelles Umlenken der Politik.
Ananas-Kiwi, Traube-Minze, Himbeere-Limette. Der süße Duft von Shishas gehört an vielen Ecken Berlins dazu wie der Späti nebenan oder die Kneipe an der Ecke.
Wie viele Shisha-Bars es in der Stadt genau gibt, ist schwer zu sagen - Schätzungen liegen irgendwo zwischen 300 und 1.000. Eine offizielle Erfassung gibt es nicht - auch, weil man zum Betrieb einer Shisha-Bar keine spezielle Lizenz benötigt.
Was sich sagen lässt: Nachdem die Branche über Jahre einen Boom erlebt hat und immer mehr Shisha-Bars eröffneten, klagen inzwischen vor allem viele Hersteller und Händler von Wasserpfeifentabak: Ein lukratives und zugleich legales Geschäft sei kaum mehr möglich. Der Grund: Zusatzsteuern und eine strenge Verpackungsvorschrift.
Seit Mitte 2022 gilt für den Verkauf von Wasserpfeifentabak eine neue Verpackungsvorschrift. Diese erlaubt den Verkauf nur noch in 25 Gramm-Packungen. Zuvor wurde der Tabak vor allem in Großpackungen vertrieben und verkauft.
Mit der neuen Vorschrift wollte der Bund gegen Steuerhinterziehung vorgehen. Einige Bars kauften große Dosen, aus denen sie dann kleine Portionen entnahmen und im Laden zum Verkauf anboten. Durch diese Praxis jedoch machten sich die Betreiber in den meisten Fällen der Steuerhinterziehung schuldig, denn beim Verkauf in Portionen führten sie weniger Steuern ab, als sie es hätten tun müssen. Auch der Tabakkonsum sollte durch die neuen Regelungen reduziert werden.
Statt der großen, bisher üblichen 200- und 1.000-Gramm-Packungen dürfen seit der Neuregelung nur noch 25-Gramm-Packungen verkauft werden. 25 Gramm entsprechen dabei einem "Shisha-Kopf", also der Menge, die man üblicherweise in einer Pfeife raucht. Im Jahr 2022 wurde in Deutschland außerdem eine Zusatzsteuer von 15 Euro pro Kilogramm auf Wasserpfeifentabak eingeführt und 2023 auf 19 Euro pro Kilogramm erhöht.
Laut dem Bundesverband Wasserpfeifentabak habe sich seitdem der Preis für Wasserpfeifentabak für Konsumenten und Shisha-Bars von ca. 80 - 100 Euro pro Kilogramm auf 160 - 170 Euro pro Kilogramm verdoppelt. Der Einkaufspreis für die Bars hätte sich demnach sogar vervierfacht. Ein lukratives Geschäft sei so nicht mehr möglich.
"Daher stehen die ehrlichen Barbetreiber vor der Wahl, aufzugeben oder Steuerstraftaten zu begehen." sagt Folke Rega, Geschäftsführer des Branchenverbandes. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben rund 70 Prozent der Hersteller und über 50 Prozent der Händler von Wasserpfeifentabak in Deutschland.
Das Ziel der Neuregelungen, Steuerhinterziehung einzudämmen und somit Mehreinnahmen zu generieren, sei verfehlt worden, argumentiert der Branchenverband und verweist auf die Steuerstatistik. Demnach wurden 2023 Steuerzeichen für 727 Tonnen Wasserpfeifentabak ausgegeben. Steuerzeichen - oder umgangssprachlich "Banderolen" - finden sich auf allen Verkaufspackungen von Tabakwaren als kleine Aufkleber mit Bundesadler und genauem Verkaufspreis. 2021 - also vor der Einführung der Verpackungsvorschriften - waren es noch 6.897 Tonnen. Folglich macht der legale Markt aktuell nur etwa ein Zehntel des Volumens von 2021 aus.
Laut Rega und seinem Verband meldeten zur gleichen Zeit die deutschen Händler und Importeure von Shisha-Kohle keine Rückgänge bei den Verkäufen. Daher liege es nahe, dass die Einbußen bei den versteuerten Waren in den Schwarzmarkt gewandert seien.
Heißt: Es wird weiter Shisha geraucht, aber vor allem mit illegalem Tabak.
Sie fordern von der Politik eine schnelle Rücknahme der strengen Verpackungsvorschriften. Diese würden legale Hersteller und Händler sowie "ehrliche" Shisha-Bar-Betreiber bestrafen und den Schwarzmarkt stärken. Denn: Wasserpfeifentabak könne illegal schon für 10 bis 15 Euro pro Kilo hergestellt werden. Der Schwarzmarktpreis liege inzwischen bei 55 bis 95 Euro pro Kilo. Nicht selten enthält der Tabak verunreinigte Inhaltsstoffe oder wird unter unhygienischen Bedingungen produziert.
Nach illegalen, günstigen Alternativen braucht man im Internet nicht lange zu suchen. In sozialen Medien, bei Facebook und in teils öffentlichen Telegram-Gruppen lassen sich Großpackungen mit Wasserpfeifentabak ganz bequem nach Hause schicken. Ein User bedankt sich mit Klarnamen in einer kurzen Rezension für das günstige Angebot kurzerhand auch für die neue Regelung: "In dem Sinne bedanke ich mich an die Politik für die 25g Regel".
"Aus unserer Sicht hat die Regierung mit der Mengenbegrenzung und der Zusatzsteuer auf Wasserpfeifentabak ein Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt aufgelegt, das leider sehr erfolgreich ist", sagt Rega. Sein Verband schätzt den Schwarzmarktanteil auf inzwischen 80 Prozent des Gesamtmarktes.
Wie hoch dieser Anteil tatsächlich ist, lässt sich naturgemäß nicht seriös ermitteln. Beim Zoll in Berlin hält man sich mit solchen Schätzungen zurück. Die Frage des rbb, ob es seit der Einführung der Neuregelungen vermehrt zu Verstößen in Zusammenhang mit dem Verkauf und Handel von Wasserpfeifentabak gegeben hat, kann die Behörde nicht beantworten, da diese Zahlen nicht gesondert erhoben werden.
Laut dem Pressesprecher des Hauptzollamtes Berlins sei jedenfalls kein höheres Fallaufkommen in diesem Bereich zu beobachten. In Berlin seien rund 50 Kontrollbeamtinnen und -beamte des Zolls im Außendienst eingesetzt, um Verstöße aller Art zu kontrollieren.
Die Kontrollen liefen demnach vor allem stichprobenartig, nicht selten in Verbundeinsätzen mit der Polizei oder der Steuerfahndung. Auch dem illegalen Online-Handel würde der Zoll nachgehen, allerdings nicht lokal in Berlin. Um diese Ermittlungen kümmere sich eine zentrale Stelle auf Bundesebene.
Ob sich an der strengen Verpackungsregelung in nächster Zeit etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. Zuständig dafür wäre Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Man befände sich dazu derzeit in "konstruktiven Gesprächen" mit den Verantwortlichen, sagt Folke Rega vom Bundesverband Wasserpfeifentabak. Langfristig hoffen er und sein Verband auf eine bundesweite Lizenzpflicht für Shisha-Bars, um künftig Verstöße besser ahnden und Verbraucher besser schützen zu können.
Sendung: Fritz, 10.02.2024, 09:30
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