Öffentlicher Nahverkehr
Kein Bus, keine U-Bahn, keine Straßenbahn: Fahrgäste mussten sich am Freitag fast überall in Deutschland einen anderen Arbeitsweg suchen. In Berlin war der Streik bereits am Vormittag vorbei, in Brandenburg hielt er bis in die Nacht an.
Der Warnstreik von Mitarbeitern des Öffentlichen Nahverkehrs ist am frühen Samstagmorgen auch in Brandenburg beendet worden. Nachdem in Berlin schon am Freitag gegen 10 Uhr die Busse und Bahnen wieder rollten, dauerte der Ausstand in Brandenburg noch bis in die Nacht zu Samstag an.
Hintergrund war ein Aufruf der Gewerkschaft Verdi. Die Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr sollten bundesweit - mit Ausnahme von Bayern - ganztägig streiken. Derzeit laufen Tarifverhandlungen für die rund 90.000 Beschäftigten im kommunalen ÖPNV in über 130 kommunalen Unternehmen.
Seit dem frühen Samstagmorgen fahren in Potsdam und Cottbus sowie anderen Landesteilen die Busse und Bahnen wieder. Die Fahrzeugführer seien am Morgen ganz normal zum Dienst erschienen, sagte Jens Gröger, Verdi-Bezirksgeschäftsführer für Nordost-Brandenburg, am Samstag. Ihm seien keine größeren Unregelmäßigkeiten bekannt.
In Potsdam verkehrten am Freitag während des Streiks einige Buslinien planmäßig, auf anderen Linien entfielen einzelne Fahrten, andere Verbindungen wurden komplett gestrichen. In Cottbus versuchte man ebenso, einige Fahrten durchzuführen. So sollte beispielsweise über Busfahrten der Schülerverkehr gesichert werden, betonte eine Sprecherin der Cottbusverkehr GmbH.
Auch bei der Regiobus Potsdam Mittelmark GmbH waren rund 90 Prozent der regulären Fahrten ausgefallen, wie Geschäftsführer Martin Grießner, dem rbb sagte. Lediglich die Subunternehmer würden fahren.
Nicht bestreikt wurden die Verkehrsbetriebe in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Uckermark und Oberspreewald-Lausitz.
Trotz des Streiks blieb es auch auf Brandenburgs Straßen laut der Polizei verhältnismäßig ruhig.
In Berlin dauerte der Warnstreik nur bis Freitag, 10 Uhr. "Inzwischen fahren unsere Busse und Bahnen wieder wie gewohnt nach Plan", sagte ein Sprecher der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am frühen Freitagnachmittag. Es habe "ein wenig gedauert, bis alles wieder regelmäßig ist".
Der Autoverkehr auf den Berliner Straßen sei trotz des eingeschränkten Nahverkehrs relativ ruhig geblieben, sagte eine Sprecherin der Polizei. Es habe keine besonderen Vorkommnisse oder größeren Staus gegeben.
In Frankurt (Oder) fuhren am Freitagmorgen noch Schulbusse. Anschließend hätten die Fahrer ihre Arbeit niedergelegt, bestätigte Christian Kuke, Geschäftsführer der Frankfurter Stadtverkehrsgesellschaft. Auch Straßenbahnen fallen den gesamten Tag aus. Kuke zeigte wenig Verständnis für den Streik: "Wir sind als Arbeitgeberseite hochgradig verärgert, weil wir zu diesem Zeitpunkt mit einer solchen Arbeitskampfmaßnahme nicht wirklich rechnen konnten, da die Gespräche bisher sehr zielorientiert waren", sagte Kuke dem rbb.
Auch der Chef der Barnimer Busgesellschaft, Frank Wruck, ist verwundert über die Streiks. Schulbuslinien seien am Freitag nicht bedient worden, um "keine Kinder auf der Strecke zu lassen, weil der Anschlussbus nicht kommt", so Wruck. Stattdessen wurde versucht, den Ferienfahrplan umzusetzen, mit dem Personal, was am Freitag nicht streikt: "Um insbesondere im städtischen Verkehr in Bernau und Eberswalde noch ein Grundangebot aufrecht zu erhalten."
In Berlin geht es bei den Verhandlungen um einen neuen Manteltarifvertrag. Unter anderem möchte Verdi erreichen, dass alle Beschäftigten ohne Staffelung 33 Tage Urlaub erhalten. Zudem fordert die Gewerkschaft 500 Euro Urlaubsgeld pro Jahr, eine verlängerte Wendezeit von zehn Minuten auf allen Linien, eine Erhöhung der Ruhezeiten zwischen zwei Fahrdiensten auf zwölf Stunden, die Gewährung eines Urlaubstags pro 100 Nachtarbeitsstunden bis zu maximal sechs Tagen und die Absenkung unbezahlter Pausenanteile im Fahrdienst.
"Die Belastung der Beschäftigten und die Personalnot im ÖPNV haben immer mehr zugenommen, der Arbeitsdruck wird immer größer", hieß es von Verdi. "Es müssen also schnell Lösungen gefunden werden, um eine Entlastung herbeizuführen."
Verdi-Verhandlungsfüher für Berlin und Brandenburg Jeremy Arndt sagte dem rbb am Freitag, dass Entlastung das gemeinsame Verhandlungsziel wäre. "In den ÖPNV-Unternehmen bundesweit stellt sich der Beruf als sehr anstrengend dar." In der Tarifrunde gehe es darum, "dafür zu sorgen, dass die Arbeitsbedingungen besser werden, weil wir auch zunehmend erleben, dass viele Kolleginnen und Kollegen sich in anderen Berufen umschauen, weil sie diese Belastung nicht mehr aushalten", so Arndt.
Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 15. Februar geplant.
In Brandenburg geht es zudem um die Entgelte, also höhere Löhne und Gehälter. Verdi will 20 Prozent, mindestens aber 650 Euro mehr für die Beschäftigten im Nahverkehr rausholen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.
Seit dem 1. Januar 2024 besteht in dem Tarifkonflikt keine Friedenspflicht mehr. Anfang Dezember hatte Verdi die Tarifrunde eingeleitet und Forderungen in allen 16 Bundesländern überreicht. In Bayern wurde noch nicht gestreikt, dort beginnen die Tarifverhandlungen am 9. Februar.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.02.2024, 08:00 Uhr
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