Bürgschaft
Die KaDeWe-Group hat für vergangenes Jahr einen Rekordumsatz gemeldet. Gleichzeitig warten Händler immer noch auf die Auszahlung ihrer Weihnachtsumsätze. Auch den Staat könnte die Pleite Millionen kosten. Von J. Sagmeister, U. Barthel, W. Siebert, A. Breitfeld
Das Geschäft läuft zwar weiter, nachdem die KaDeWe-Gruppe Ende Januar überraschend Insolvenz angemeldet hat. Bisher wurden auch keine Mitarbeiter entlassen. Doch wie es um die Luxus-Kaufhäuser in Berlin, Hamburg und München tatsächlich steht, ist weiter unklar und bei einigen Händlern steigt der Frust.
So warten etwa im Berliner "Kaufhaus des Westens" manche Händler noch immer auf ihr Geld aus dem Weihnachtsgeschäft. "Wir warten auf knapp 100.000 Euro, die das KaDeWe uns schuldet", erhält Hamid Djadda, der Mitgesellschafter von OHDE Berlin Marzipan ist. Das Unternehmen hat im KaDeWe einen Stand, die Ware kann man allerdings an allen Kassen des Kaufhauses zahlen. "Einen Monat später hat das KaDeWe das Geld dann immer überwiesen"”, erzählt Djadda.
Doch seit Mitte Dezember sei keins mehr gekommen. Die wichtigsten Gewinne des Weihnachtsgeschäfts würden ihm und vielen anderen Betroffenen also fehlen, sagt er. "Das ist für eine Firma wie OHDE sowie andere familiengeführte, kleinere Firmen existenzbedrohend." Das KaDeWe möchte sich zu einzelnen Fällen nicht äußern.
Das Kaufhaus des Westens in Berlin gehört gemeinsam mit dem Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München zur KaDeWe-Gruppe, die knapp zur Hälfte der ebenfalls insolventen Signa Holding des österreichischen Investors René Benko gehört.
Seit der Insolvenzmeldung ist die KaDeWe-Gruppe bemüht, positive Botschaften zu senden: So veröffentlichte sie in dieser Woche die Meldung, dass 2022/23 das umsatzstärkste Jahr der Unternehmensgeschichte gewesen sei. Der Umsatz lag demnach mit knapp 728 Millionen Euro um fast 24 Prozent über dem Vor-Coronajahr 2018/19.
Diese Meldung dürfe man allerdings nicht zu hoch bewerten, sagt Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbands der Insolvenzverwalter, VID. "Umsatz ist nicht gleich Gewinn und sagt deshalb nichts über die Profitabilität aus." Es sei nicht unüblich, dass Unternehmen in dieser Situation mit so einer Meldung "die Flucht nach vorne" antreten.
Wie es tatsächlich um das Unternehmen steht, bleibt weiter unklar. Den letzten Jahresabschluss hat die KaDeWe-Gruppe im Jahr 2016 veröffentlicht. Nach Informationen von rbb|24 verstößt das Unternehmen seitdem offenbar gegen die Offenlegungspflichten. Die KaDeWe-Gruppe teilt nun auf Anfrage mit, die seitdem fehlenden Geschäftsabschlüsse beim Bundesanzeiger eingereicht zu haben, wo sie "zeitnah öffentlich einsehbar" sein werden.
Dennoch hat der Staat dem Unternehmen im Jahr 2020 eine Bürgschaft gewährt, die die Steuerzahler jetzt Millionen kosten könnte. Dabei geht es um einen Kredit von 90 Millionen Euro, den die KaDeWe-Gruppe von der BNP-Bank "im Zusammenhang mit den monatelangen erzwungenen Schließungen unserer Stores während der Corona-Pandemie" bekommen hat, schreibt das Unternehmen.
Eine Bedingung für diesen Kredit war, dass der Bund und die Länder Berlin, Hamburg und Bayern beim Zahlungsausfall für 90 Prozent der Summe einspringen. Mit der Insolvenz der KaDeWe-Group könnte diese Bürgschaft nun fällig werden: "Ich gehe davon aus, dass das Unternehmen für den Kredit keine Sicherheiten in der entsprechenden Größenordnung hat. Sonst hätte es ja keine Bürgschaft gebraucht", sagt Insolvenzverwalter Niering.
Die KaDeWe-Gruppe teilt mit, dass die Bürgschaft bisher nicht in Anspruch genommen worden sei. Die Rückzahlung des Kredits erfolge planmäßig und das Unternehmen habe "Rückzahlungen in relevanter Höhe an den Kreditgeber geleistet". Um welche Summen es genau geht, beantwortete das Unternehmen nicht.
Falls der Bund einspringen muss, übernimmt er die Hälfte der ausstehenden Zahlungen, und die drei beteiligten Bundesländer teilen sich die andere Hälfte. Laut Berliner Senatsverwaltung für Finanzen werden die Anteile nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel (z.B. Mitarbeiteranzahl) aufgeteilt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Staat dieses Geld im Insolvenzverfahren wieder bekommt, schätzt Christoph Niering als eher gering ein. "In der Regel sind staatliche Bürgschaften nicht abgesichert. Ungesicherte Gläubiger erhalten gerade bei Insolvenzen von Handelsunternehmen nur Quoten im einstelligen Bereich", so der Insolvenzverwalter.
Auch Hamid Djadda von OHDE Berlin Marzipan, muss sich darauf einstellen, nur einen Bruchteil der 100.000 Euro wieder zu bekommen, die ihm die KaDeWe-Group noch schuldet. Den Verkauf seiner Ware hat er allerdings nicht gestoppt. Stattdessen setzt er wie mittlerweile viele andere Händler auch auf eigene Kassen – und schützt sich so vor der Gefahr, irgendwann selbst Insolvenz anmelden zu müssen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 06.02.2024, 19:30 Uhr
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