Postgesetz
Verdi möchte mit einem Verbot von Subunternehmen faire Arbeitsbedingungen für Paketboten sicherstellen. Branchenvertreter sehen die flächenendeckende Versorgung der Paketdienste dadurch gefährdet. Einen Vorreiter für ein solches Verbot gibt es bereits. Von Anna Bordel
In den Tagen vor Ostern sieht manch einer sie noch öfter durch die Treppenhäuer hasten: die Paketboten. Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass alle Paketzusteller direkt bei den großen Unternehmen wie DHL angestellt werden und nicht mehr bei Subunternehmen. Dadurch sollen ihre Arbeitsbedingungen verbessert werden. Die Forderung ist umstritten, nicht alle befürworten ein solches Verbot.
Das Postgesetz wird derzeit erneuert, dazu gab es am Mittwoch eine Anhörung im Bundeswirtschaftsausschuss. Während sich der Bundesrat für ein Verbot von nicht tarifgebundenen Subunternehmen ausgesprochen hat, lehnt das Bundeswirtschaftsministerium ein solches ab.
Laut Bundesnetzagentur gibt es in Deutschland sechs große Paketdienste: Amazon, DPD, Deutsche Post DHL (DHL), GLS, Hermes und UPS. Die DHL hat demnach einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent, während die anderen zwischen fünf und 15 Prozent haben. Für diese großen Unternehmen arbeiten Tausende nicht tarifgebundene Subunternehmen - manche mit nur sehr wenigen Mitarbeitern.
Bei der DHL sind eigenen Angaben zufolge nur zwei Prozent der Mitarbeiter bei Subunternehmern angestellt, bei den anderen Unternehmen sind es laut dem Bundesverbands für Paket- und Expresslogistik e. V. mehr. Verdi zufolge sind insgesamt mehr als die Hälfte nicht direkt bei den großen Diensten angestellt.
Die Beauftragung von Subunternehmen birgt nach Experteneinschätzung Vorteile sowohl in Innenstädten als auch in ländlichen Regionen. In Innenstädten sorgen Subunternehmen laut Monopolkommission dafür, dass sich die Fahrtwegen verringern und die Straßen somit entlastet werden.
Auf dem Land würden demnach nicht überall so viele Pakete zusammenkommen, dass es sich für große Paketdienste lohnt, einen eigenen Standort zu eröffnen. Daher ist in solchen Gegenden der Monopolkommission zufolge nur mithilfe von Subunternehmen eine flächendeckende Zustellung der verschiedenen Paketdienste möglich.
Das Verbot soll laut Verdi verhindern, dass weiterhin "strukturelle Probleme in der Branche gibt", wie Stefan Thyroke von Verdi dem rbb sagte. "Die Kosten fallen auf der letzten Meile an, die versucht man zu drücken und das geht zulasten der Beschäftigten", so Thyroke.
Beschäftigte - häufig mit Migrationsgeschichte - haben laut Verdi oft Verträge mit zwei Firmen, etwa für die Verladung und die Zustellung. Häufig gebe es Missstände wie 14-Stunden-Tage, Dumpinglöhne, Schlafen in Transportfahrzeugen oder unbezahlte Überstunden. Thyroke zufolge betreffen diese Missstände jedes fünfte, eventuell sogar jedes vierte Unternehmen.
Das Zollamt Berlin führt bei den in der Stadt ansässigen Subunternehmen zwar regelmäßig Kontrollen durch, erhebt eigenen Aussagen zufolge aber nicht statistisch, wie viele Verstöße gegen das Arbeitsrecht dabei aufgefallen sind.
Welche Art von Verstößen vor allem vorkommen, ist hingegen schon bekannt: Diese Unternehmen melden laut Zollamt mitunter ihre Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung an oder mit geringeren Stunden als diese tatsächlich gearbeitet haben. Um Schwarzlohnzahlungen in der Buchhaltung des Subunternehmers zu verschleiern, werden demnach entweder Umsätze verschwiegen oder Scheinrechnungen in die Buchhaltung eingebracht, die vortäuschen sollen, dass die Leistung tatsächlich von einem weiteren Subunternehmer erbracht wurden.
Nicht alle sehen es so, dass es sich bei diesen Verstößen um strukturelle Missstände handelt. Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbands für Paket- und Expresslogistik e. V. ist gegen ein solches Verbot. “Subunternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft”, sagt er. Ohne sie wäre eine flächendeckende Versorgung durch Paketzusteller gerade in ländlichen Regionen gefährdet.
Außerdem würden die Arbeitnehmer mit 2.300 bis 2.500 Euro Einstiegsgehalt beispielweise in Berlin-Mitte nicht schlecht bezahlt, findet er. Eine vom Verband durchgeführte Umfrage in den Unternehmen hat ihm zufolge ergeben, dass immerhin 84 Prozent der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit zufrieden seien.
Auch wenn der aktuelle Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums ein Verbot für die Paketbranche nicht vorsieht, einen Vorreiter gibt es bereits. Erst 2020 wurden Subunternehmen in der Fleischindustrie verboten.
Sendung: rbb24 Abendschau, 21.03.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Anna Bordel
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