Rekordjahr im Tourismus
Im letzten Jahr haben so viele Touristen in Brandenburg übernachtet wie noch nie. Besonders beliebt sind der Spreewald und das Tropical Islands. Es wird erwartet, dass der Boom anhält. Eine besondere Prognose gibt es für Brandenburg an der Havel.
Brandenburg hat nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums 2023 ein Rekordjahr seines Tourismus erlebt. "Erstmals wurde eine weitere Schallmauer der gewerblichen Übernachtungen übertroffen: 14,2 Millionen Übernachtungen", hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums vom Montag. Das seien 5,2 Prozent mehr als noch im Vorjahr. "Wir haben den Einbruch im Tourismus vollständig überwunden und sogar das Vor-Corona-Niveau weit übertroffen", ergänzte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). Sein Urteil: "Ein Wahnsinnsergebnis."
Im Vergleich zum nicht von der Corona-Pandemie beeinflussten Jahr 2019 sei die Zahl der Übernachtungen um 1,9 Prozent gestiegen. Damit sei ein neuer Rekord seit dem Beginn der Erhebung in Brandenburg 1992 erzielt worden, hieß es.
Insgesamt verbrachten den Angaben zufolge 4,7 Millionen Gäste aus dem Inland mit 13,1 Millionen Übernachtungen durchschnittlich 2,8 Tage in Brandenburg. Die 463.000 Gäste aus dem Ausland mit 1,1 Millionen Übernachtungen blieben mit 2,4 Tagen etwas weniger lang. Die meisten ausländischen Besucher kamen aus Polen. Die Anzahl der Übernachtungen von Gästen aus diesem Land sei im Vergleich zu 2019 um rund 40 Prozent gestiegen.
Auch der Chef der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, Dieter Hütte, sprach von einem regelrechten Boom. "Wir blicken auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurück", sagte er. Er gehe von einem guten Geschäft für den Großteil der Betriebe im Gastgewerbe aus.
Die positive Entwicklung betreffe unter anderem die Regionen rund um Berlin wie das Seenland Oder-Spree, führte Hütte aus. "Das geht bis an die Grenze von Berlin ran." Auch das Indoor-Schwimmresort Tropical Islands (Landkreis Dahme-Spreewald) profitiere von diesem Trend. Seit der Corona-Pandemie habe der Tourismus einen enormen Schub erfahren.
Nach Ministeriumsangaben war der Spreewald mit 2,2 Millionen Übernachtungen die beliebteste Reiseregion, gefolgt vom Seenland Oder-Spree mit 2,1 Millionen Übernachtungen. Den größten prozentualen Zuwachs im Vergleich zum Jahr 2022 verbuchte mit einem Plus von 15,8 Prozent das Dahme-Seenland.
Optimistisch äußerte sich Hütte mit Blick auf Potsdam-Mittelmark - speziell auf Brandenburg an der Havel: "Wenn das wirklich was mit dem Intel-Investment in Magdeburg wird, wird sich diese Stadt auch verändern." Intel plant dort den Bau einer gigantischen Chipfabrik, der Betrieb soll 2027 starten. Hütte könne sich vorstellen, dass "Brandenburg (Havel) für Magdeburg etwa das wird, was der Starnberger See für München ist". Brandenburg steche mit seinen Möglichkeiten zum Urlaub am Wasser heraus.
Ebenso wie in Chips wird auch im Tourismus selbst investiert: Für immer bessere Zahlen stecken die Anbieter Millionenbeträge in neue Erholungsangebote. Tropical Islands etwa baut einen neuen modularen Hotelanbau mit 150 Zimmern und 500 weiteren Betten. Auf rund 20 Hektar Fläche erweitert das 360-Grad-Teamgeist-Resort am Wolziger See, ebenfalls im Landkreis Dahme Spreewald, sein Angebot mit einem "Fusion House" mit 23 teils barrierefreien Appartements. Bis zum Frühjahr 2026 soll in Elstal im Havelland-Kreis ein Themenhotel entstehen.
Immer wichtiger ist den deutschen Urlaubsgästen in Brandenburg der Aufenthalt in der Natur – 61 Prozent gaben das im GfK Destination Monitor 2023 an. Im vorigen Jahr sind rund eineinhalb Millionen Campingplatzübernachtungen in Brandenburg gebucht worden – 180.000 mehr als 2019. Diesen Trend merkt auch Fanny Kinkel vom Blütencamping Riegelspitze in Werder/Havel. Die Nachfrage nach Stellplätzen für Zelte und Wohnmobile aber auch nach Ferienhäusern, Kotas und Übernachtungsfässern in einer einmaligen Lage am See sei gut, berichtet Kinkel. Jeder Campingplatzanbieter versuche eine besondere Nische zu finden und den Erwartungen der Camper gerecht zu werden, so Kinkel. Das bedeute für sie auch immer wieder zu investieren – in eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und Sanitäranlagen. Zwischen Prenzlau in der Uckermark und Lausitzer Seenland erwarten 188 Campingplätze mit rund 47.000 Schlafgelegenheiten erholungssuchende Gäste – das sind 16 Plätze mehr als vor fünf Jahren mit zusätzlich etwa 5.000 Schlafgelegenheiten.
Schwierig bleibt die Situation nach Einschätzung von Steinbach nach wie vor in der auch für den Tourismus wichtigen brandenburgischen Gastronomie. Laut Steinbach habe es im vorigen Jahr 1.117 Gewerbeanmeldungen in der Gastrobranche gegeben – ein Plus von 28 gegenüber den Abmeldungen. In vielen Gaststätten und Restaurants vor allem in ländlichen Regionen gebe es aber zu wenige Arbeitskräfte. Eine Folge der Corona-Zeit, in der sich viele beruflich neu orientiert haben. Um den Mangel abzustellen, sollten junge Leute angesprochen werden, die nach der Schule keine Ausbildung aufgenommen haben, sagte der Minister. Eine weitere Möglichkeit, den Fachkräftemangel anzugehen, sei das Anwerben ausländischer Beschäftigter. Aktuell hätten zahlreiche Lokale in Brandenburg mehr als ein oder zwei Ruhetage in der Woche.
Sendung: rbb24 Inforadio, 04.03.2024, 11 Uhr
Beitrag von Torsten Sydow
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