Bauernpräsident zu Flächen-Verkaufsstopp
Brandenburgs Bauernpräsident Henrik Wendorff erklärt im rbb24-Interview, warum Flächenbesitz für die Bauern so wichtig sei - seit 2022 gilt ein Verkaufsstopp von Flächen des Bundes. Er kritisiert Verpachtung auf kurze Zeit zu hohen Preisen.
Ostdeutsche Bauernverbände fordern die Bundesregierung auf, den Verkauf von bundeseigenen Agrarflächen wieder zu erlauben. Seit 2022 gilt ein Verkaufsstopp der landwirtschaftlichen Flächen in Besitz des Bundes. Flächen werden stattdessen verpachtet oder dem Naturschutz zur Verfügung gestellt. Die ostdeutschen Bauernverbände fordern eine Kehrtrtwende. rbb|24 sprach zu den Beweggründen der Erklärung mit Brandenburgs Bauernpräsidenten Henrik Wendorff.
rbb24: Warum fordern Sie die Rückkehr zum Flächenverkauf?
Henrik Wendorff: Zum einen ist landwirtschaftliche Fläche für die Entwicklung eines Agrarbetriebes enorm wichtig. Dazu gehört auch, zuverlässig eine Fläche bewirtschaften zu können. Untrennbar damit verbunden ist, dass die Fläche Eigentum ist. Nur so können wir Betriebe entwickeln.
Und die jetzige Herangehensweise ist nun, Flächen vorrangig an Betriebe zu verpachten, die besonders nachhaltig arbeiten. Das weicht aus unserer Sicht von den Privatisierungsgrundsätzen aus den Anfängen der 1990er Jahre stark ab, denn seit der Wiedervereinigung wurden Agrarflächen aus dem früheren DDR-Staatsbesitz nach und nach privatisiert. 2022 stoppte die Bundesregierung diese Praxis.
Ostdeutsche Agrarbetriebe sind oft schon sehr groß. Warum reicht ihnen Verpachtung nicht aus? Warum wollen Sie den Flächenverkauf?
Zum einen haben wir immer unterschiedliche Betrachtungen zu Grund und Boden. Für einen Landwirt ist es wichtig, Eigentum zu besitzen. Das ist unbestritten. Was die BVVG (Bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungs-GmbH, Anm. d Redaktion) jetzt macht, ist, sie verbindet es mit sehr hohen Kriterien, beschränkt auch den Teilnehmerkreis, wer überhaupt pachten kann und gibt dann den Pächtern nur einen sechsjährigen Pachtvertrag. Das ist eine sehr kurze Zeit für Betriebe.
Zum anderen will die BVVG jetzt auch noch fast 18.000 Hektar aus den noch verbliebenen 89.000 Hektar dem Naturschutz übergeben. Diese Fläche wird dauerhaft der Landwirtschaft entzogen.
Des Weiteren entwickelt die BVVG ihr eigenes Preissystem, das heißt, sie verpachtet die Flächen meistbietend an einen Kreis von Außerwählten. Und das kann glaube ich nicht im Interesse der ostdeutschen Landwirtschaftsbetriebe, egal welcher Größe, sein.
Kommentierungen auf rbb24.de zu der Forderung der Ostdeutschen Bauernverbände nach Boden-Privatisierung reichten von "Die Großbauern wollen expandieren und bekommen den Hals nicht voll genug" bis "Was bilden sich die Landwirte ein". Wie reagieren Sie auf so etwas?
Wenn man sich ein bisschen tiefer mit der Materie beschäftigt, weiß man, dass wenn man oberflächlich immer von Privatisierung redet, ein negatives Bild entsteht. Aber Privateigentum bringt Landwirtschaftsbetrieben Sicherheit, egal welcher Größe - ob es nun der 20-Hektar-Einsteiger ist oder der 1.000-Hektar-Betrieb, auf dem viele Menschen beschäftigt sind.
Und ja, der Begriff Privatisierung ist immer noch mit einem negativen Touch behaftet. Aber wenn man genauer hinschaut, was macht denn die BVVG mit den Flächen? Sie verpachtet und verkauft sie zu Höchstpreisen, bringt damit das Preisfindungsmodell für alle Regionen in Brandenburg und den neuen Bundesländern durcheinander und das mit radikalen Methoden.
Was werfen Sie der BVVG genau vor?
Die BVVG tut, was sie am liebsten macht, Geld in die Kasse des Bundes zu spülen und das zu Lasten der ostdeutschen Landwirtschaft und das mit einer Methode, die nicht ortsüblich, die in der Fläche nicht üblich und nicht den Landwirtschaftsbetrieben förderlich ist.
Höchstpreis bedeutet, dass nicht derjenige, der ein gutes Konzept hat, bei der BVVG zum Zug kommt, sondern derjenige, der den höchsten Preis bietet. Das führt zwangsläufig dazu, dass auch Bodenpreise permanent steigen, ähnlich wie bei den Mieten. Die Preisspirale dreht sich ins Endlose. Und das sehen wir bei der BVVG, die Flächen nur noch unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit verpachtet.
So ist der Bund über die BVVG der Preistreiber in den Regionen und sorgt sogar dafür, dass Bodenpreise durch die Landwirte nicht mehr erwirtschaftbar sind.
Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass bei Rückkehr zum Flächenverkauf größere Betriebe noch größer werden könnten?
Wir sprechen uns klar für Verkaufslose aus, an denen sich jeder diskriminierungsfrei beteiligen kann, ob groß ob klein. Zudem sollen die Lose nicht so groß sein.
Aber nochmals: Die nachhaltige Bewirtschaftung sollte diskriminierungsfrei sein, frei vom Einfluss eines Staates erfolgen und in die Hände der Landwirte gelegt werden. Wer vermutet, dass danach der Staat Fläche nachhaltiger bewirtschaften kann als ein Landwirt, der irrt.
Und deshalb: Dieser Boden gehört in die Hände derjenigen, aus denen es mal gekommen ist: Von den Landwirten über die DDR in das Treuhandvermögen der Bundesrepublik. Jetzt will man als Landwirt ganz einfach, dass die Fläche an die Landwirte zurückgeht. Das sollte nicht sofort erfolgen, sondern auch mit einer gewissen Gleitzeit - volles Verständnis. Aber zu sagen, wir geben es gar nicht mehr in die Hände der Landwirte, ist der falsche Weg.
Und uns geht es gar nicht um die Vergrößerung. Es geht hier um die Stabilisierung, weil auch jetzige Pächter die Fläche irgendwann mal in ihr Eigentum überführen wollen, damit sie Stabilität haben, damit sie Flächen an die Hofnachfolger übergehen können. Eigentum kann man beleihen, um dann in die Betriebe investieren zu können, damit sie Fläche haben, mit denen man rechnen kann. Es geht generell nicht um Flächenzuwachs, sondern es geht darum, die Flächen in der Hand der von regionalen Unternehmen zu halten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Georg-Stefan Russew.
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