Fabrik in Grünheide
Der Wasserverband Strausberg-Erkner will Tesla entgegenkommen und den Grenzwert für Stickstoff verdoppeln, dafür soll er weniger Wasser an die Fabrik liefern. In dem Streit droht Tesla auch ein Produktionsstopp - dazu kommt es aber vorerst nicht.
Im Streit über erhöhte Grenzwerte beim Schmutzwasser des Tesla-Werks in Grünheide hat der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) am Dienstagabend eine Entscheidung über eine mögliche Einstellung der Entsorgung vertagt. Die Verbandsversammlung der 16 Mitgliedskommunen hat am späten Abend in Strausberg (Märkisch-Oderland) die Aufnahme neuer Vertragsverhandlungen beschlossen - und dafür Eckpunkte benannt.
So soll laut dem Beschluss WSE-Chef André Bähler nun gemeinsam mit dem Vorstand in Verhandlungen mit Tesla treten. Der Vorstand sei "persönlich und aktiv" einzubinden, heißt es. Zudem sind Eckpunkte für die Handlungen benannt und beschlossen worden: Unter anderem sollen die festgelegten Grenzwerte für das Einleiten von Schmutzwasser - wie beispielsweise Sanitärabwasser - definiert werden. Als Beispiel wird der Grenzwert für Gesamtstickstoff von 50 auf maximal 110 mg/l erhöht.
Zudem soll ein "einheitliches und für beide Seiten verbindliches Verfahren festgelegt" werden zur Bestimmung des Wertes "Phosphor refraktär". Dahinter können sich unter anderem Industriereinigunsmittel verbergen.
Bei beiden Stoffen hatte Tesla in der Vergangenheit mehrfach vertraglich vereinbarte Grenzwerte überschritten und wurde deswegen vom WSE verwarnt. Jedoch ist das Problem bislang vom Unternehmen nicht gelöst worden. Ende Februar hatte sich daher die WSE-Spitze um Verbandsvorsteher André Bähler für eine Einstellung der Entsorgung ausgesprochen. In einer Sondersitzung im März hatten die Mitgliedskommunen jedoch weitere Informationen darüber gefordert und eine Entscheidung auf vergangenen Dienstag vertagt. Nun sollen neue Vertragsverhandlungen eine Lösung ermöglichen.
In dem Beschluss von Dienstag werden aber auch Forderungen an den US-Elektroautobauer gestellt. Während der WSE bei den Grenzwerten offensichtlich Kompromissbereitschaft signalisieren möchte, sollen Bähler und die fünf Bürgermeister des WSE-Vorstands in den Verhandlungen darauf drängen, dass die bislang vertraglich zugesicherte Trinkwasserliefermenge pro Jahr "signifikant zu reduzieren" sei. Als Grundlage soll eine von Tesla genannte Mengenreduzierung um 432.000 Kubikmeter als Rahmen dienen. Bisher war eine Trinkwasserliefermenge von rund 1,8 Millionen Kubikmetern vereinbart.
Außerdem soll eine Regelung vereinbart werden, welche Tesla verpflichtet, "den WSE von sämtlichen Verpflichtungen (z. B. Vertragsstrafen, Mehrkosten, Schadensersatzverpflichtungen) freizustellen, die aufgrund einer auf Tesla zurückzuführenden Überschreitung von Grenzwerten im Klärwerk Münchehofe gegen den WSE geltend gemacht werden". Das Klärwerk Münchehofe wird von den Berliner Wasserbetrieben betrieben und reinigt sämtliche Abwasser des WSE.
Eine weitere Forderung der Verbandsversammlung an die Vertragsverhandlungen mit Tesla sieht die Rücknahme von Normenkontrollanträgen vor, die Tesla gegen die WSE-Satzungen vor Gericht gestellt hatte. Konkret heißt es, dass dazu ggf. "durch klarstellende Spezifizierungen von Kündigungs- und Vertragsanpassungsrechten zugunsten des WSE dem Ansinnen der Normenkontrollanträge Abhilfe geschaffen werden" soll.
Tesla selbst begrüßt die Entscheidung der WSE-Verbandsversammlung. "Diese ist die Grundlage dafür, dass wir die Verhandlungen mit dem WSE fortführen können", teilte das Unternehmen am Mittwoch dem rbb mit. In dem Schreiben heißt es weiter, dass nur durch notwendige, vertragliche Anpassungen Tesla ermöglicht bekommen könnte, die Abwasserbehandlungen der Prozessabwässer weiter betreiben zu können.
Tesla hatte in der Vergangenheit erklärt, das diese Schaffung eines geschlossenen Wasserkreislaufes zu den erhöhten Werten beim Schmutzwasser, um die es im Streit mit dem WSE geht, geführt hat. Allerdings hat die Wiederaufbereitung von Prozessabwasser zu Verwendung in der Produktion für den Elektroautobauer auch einen positiven Effekt: "Durch diese innerbetriebliche Rezirkulation haben wir einen erheblich geringeren Frischwasserbedarf", heißt es in der Stellungnahme von Tesla.
Diese Reduzierung sei Grundlage, dass Tesla "wie geplant und angeboten auf einen größeren Teil der mit dem WSE vereinbarten maximalen Frischwasserlieferungen verzichten kann - zugunsten verschiedenster, zukünftiger Projekte in der Region." Das liege auch im Interesse von Tesla, heißt es weiter. Das Unternehmen werde demnach weiterhin daran arbeiten, den Wasserverbrauch des Werks in Grünheide "so gering wie möglich zu halten."
Die WSE-Verbandsversammlung soll laut Beschluss monatlich über die Vertragsverhandlungen mit Tesla informiert werden. Sollte bis zum 30. Juni 2024 kein Änderungsvertrag mit den im Beschluss genannten Regelungen abgestimmt sein, wird Verbandsvorsteher Bähler damit beauftragt, zur Verbandsversammlung am 17. Juli 2024 die Beschlussvorlage zur Einstellung der Entsorgung an Tesla erneut zur Beschlussfassung vorzulegen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 16.04.2024, 08:30 Uhr
Mit Material von Martin Krauß
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