Unterwegs mit mobiler Bäckerei - "Die Leute wollen kein Brot vom Supermarkt"

So 19.05.24 | 12:38 Uhr | Von Marie-Therese Harasim
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Bäckereiauto der Landbäckerei Schwarz in Nuthe-Urstromtal, wenn Verkäuferin Christina Kern anreist, wartet bereits die Kundschaft. (Quelle: rbb/Marie-Therese Harasim)
Bild: rbb/Marie-Therese Harasim

In Nuthe-Urstromtal gibt es ihn noch, den "richtigen" Bäcker, mit täglich frisch gebackenem Brot. Von hier aus starten jeden Tag Bäckerautos, die auch an abgelegene Orte liefern. Für viele Dörfler die einzige Möglichkeit, Nahrungsmittel zu kaufen.

Wenn sich Christina Kern mit dem weiß-grünen Kleintransporter der Landbäckerei Schwarz einem Dorfkern nähert, dann stehen die Menschen meistens schon bereit. Mit Körben und Beuteln in der Hand warten sie am Straßenrand geduldig darauf, dass die 43-Jährige eingeparkt hat, nach hinten aus dem Führerhäuschen raus in den Verkaufsraum getreten ist und dann schließlich das Vordach des Verkaufswagens hochklappt.

Bäckereiauto der Landbäckerei Schwarz in Nuthe-Urstromtal; Verkäuferin Christina Kern. (Quelle: rbb/Marie-Therese Harasim)
Wenn Verkäuferin Christina Kern kommt, wartet schon die Kundschaft. | Bild: rbb/Marie-Therese Harasim

Brot, Brezeln, Brötchen, immer wieder Eclairs und vieles mehr gehen über die Theke. Bis zu drei Mal in der Woche hält in den Dörfern der Region Nuthetal eines der drei Bäckerautos der Landbäckerei Schwarz. Und es kommen immer mehr Leute, so Christina Kern. Vor einiger Zeit hat der Bäcker in Niemegk (Potsdam-Mittelmark) geschlossen – das merkt sie hier am Stand. "Die Leute wollen kein Supermarktbrot, die wollen frisches Brot", sagt Kern.

Immer weniger Bäckereibetriebe

So wie in Niemegk passiert es inzwischen immer häufiger in ganz Deutschland: So sank die Anzahl der Betriebe laut Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks im Jahr 2023 um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Brandenburg waren im vergangenen Jahr noch 273 Betriebe in die Handwerksrolle eingetragen, das waren 1,8 Prozent weniger als im Vorjahr 2022. Der Grund für die bundesweit sinkende Zahl sei neben der fehlenden Nachfolge im ländlich geprägten Brandenburg auch der Fachkräftemangel, sagt Johannes Kamm, Geschäftsführer des Bäcker- und Konditoren-Landesverband Berlin-Brandenburg.

Entgegen dem Bundestrend stieg die Zahl in Berlin hingegen auf 148 Betriebe. Das liege laut Kamm auch an den vielen junge Menschen und Quereinsteigern, die ins Bäckerhandwerk gehen. Sie machten sich meistens mit sehr eingeschränkten Produktpaletten und Nieschenprodukten selbstständig. Das klappt, weil sie in Berlin auf eine relativ neugierige Foodszene treffen.

Die Tour, die Christina Kern an diesem Tag fährt, ist die kurze Tour: Elf Dörfer fährt sie an, in einigen hält sie zweimal, damit die Menschen nicht zu weit laufen müssen. 7.15 Uhr fährt sie los, gegen 15 Uhr ist sie dann durch. Schon vorher ab sechs Uhr in der Früh hat sie ihren Wagen mit frischgebackenem Brot beladen. Doch nicht nur Brot bringt sie in die Dörfer: Geladen hat sie auch Milch, Kaffee, Butter. Und: Einige der Stopps teilt sie sich gemeinsam mit dem Kleintransporter einer nahegelegenen Fleischerei. Früher habe es in Nettgendorf (Teltow Fläming) mal einen Konsum gegeben, erzählen die Bewohner. Aber seit der geschossen hat, ist der mobile Verkaufstransporter von Bäcker hier der einzige Ort, an dem sie ein paar Mal in der Woche frische Lebensmittel einkaufen können.

Mehr als nur kulinarische Grundversorgung

Die Bäckerautos sichern jedoch mehr als die kulinarische Grundversorgung insbesondere der weniger mobilen Menschen in den Dörfern: "Donnerstags trifft man sich hier, das ist das einzige", erzählt Stammkundin Ilse Grünberg. Soeben hat sie sich für die nächsten Tage mit Brot und Brötchen versorgt, jetzt unterhält sie sich mit Marianne Kranz. Vor zwei Jahren sei sie noch mit dem Fahrrad gefahren. Jetzt stützt sich die Frau mit den weißen Haaren und rosa Anorak auf einen Rollator. Seit einem Sturz ist sie nicht mehr so mobil. Dass sie sich ihr Brot selbst kaufen kann, freut sie: "Man kann ja nicht immer zu den Jungen sagen, die sollen fahren."

Wenn sie mal nicht kommen wegen Ferien oder Feiertagen, dann fragen die Leute: Kommt ihr danach wieder, erzählt Christina Kern. Sie weiß, wie wichtig ihre Arbeit für die Dorfbewohner ist.

Beitrag von Marie-Therese Harasim

46 Kommentare

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  1. 46.

    Das Foto zeigt eher die Eltern der Babyboomer. Letztere wollen und werden sich überlegen, wo und wie sie leben wollen, nachdem sie sich jahrzehntelang nach der Decke gestreckt, arrangiert haben und fleißig waren. Es gab so viele, dass sie vielfach keine Auswahl hatten, was Berufe oder Studienorte anging. Und sie werden ob ihrer Zahl und damit Marktmacht dafür sorgen, nicht unter die Räder zu kommen- weder als Rentner:innen, Wähler:innen noch als Nachfrager:innen. Die Generation danach wird vieles ausbaden, die ganz Jungen haben noch Zeit zu reagieren und sich etwas aufzubauen- allerdings nicht mit 4 - Tage- Woche und Work-life-Schnickschnack.
    Und auch im Westen gab's früher in jedem Dorf Läden und Bäcker. Auch die Nahversorgung wird sich ändern. Dorfladen, Online- Services usf. Boomer wollen selbstverständlich selbstbestimmt sein und nicht Kinder, Enkel um Erlaubnis fragen oder informieren, ob sie sich eine Tafel Schokolade kaufen dürfen und wann sie wohin fahren.

  2. 45.

    „Hetzen“ ist übrigens meistens feiner DDR-Systemsprech gewesen. - Wer den Unterschied zwischen der wirtschaftlich völlig abgebrannten DDR und der heute „normal“ verschuldeten BRD nicht versteht, kann vielleicht nochmal in einen (aktuellen) Wirtschaftskurs gehen. Lebensmittel waren vom Staat bezuschusst. Dass man keine Tafeln hatte/brauchte, lag aber eher daran, dass man nicht so viele andere Möglichkeiten zum Geldausgeben hatte. Hier in den Kommentaren versuchen nur ein paar realistisch denkende Leute - offenbar „Ossis“ wie „Wessis“, das Märchen des ach so fürsorglichen Oststaates geradezurücken. Umweltschweinereien und Agrarfabriken sind übrigens auch in beiden Systemen anzutreffen. Im Westen hat man zumindest die Chance, diese zu kritisieren.

  3. 42.

    Ihr Super-Brot ist billiger? Und das ist ein Argument für Sie? Billig? Mein Gott - es muß schmecken und ohne Chemie sein!

  4. 41.

    Brot, etwa Sauerteig oder auch andere Sorten kann man selber herstellen mit vertretbare Aufwand.

    Somit weiß man was man hat!

  5. 40.

    Stimmt absolut! Und das Brot war auch gut und SauerteigMischbrot! Und dann kamen die Wessis und haben z.B. in Heiligendamm historisch wertvolle Strandhäuser zerstört!

  6. 39.

    Ick möchte mal einen Tag erleben, wo hier nicht über den Osten gehetzt wird.
    Die DDR war genau so pleite, wie die BRD jeztzt. Hier gabe es keine Tafeln, weil sich jeder seine Nahrungsmittel leisdten konnte. Und es gab auch keine hungernden Kinder, die wg. Kinderarmut ohne Frühstück und Stullenpaket in die Schule mussten!
    Außerdem waren BAckwaren ohne chemische Konservierungsstoffe und deswegen weniger Allergien in Umlauf.
    Heutzutage kann man nur noch Selbstgebackenes ohne Bedenken essen!

  7. 38.

    Auch wenn hier heftig gegen Sogenanntes und fast alles gebellt wird: Detlef, Sie schreiben die Wahrheit.

  8. 37.

    Das Dilemma für einen wirtschaftlichen Betrieb sind der Preis und die kleinen Verkaufszahlen. Da dreht man sich im Kreis.

  9. 36.

    Die "Bäckerautos" gibt es nach meiner Beobachtung kaum. Es sind Kleintransporter mit dem normalen Bedarf des täglichen Lebens, wenn man Glück hat, dass überhaupt geliefert wird. Auch Ottonormalo in der Stadt, der sich über Aldi oder Lidl versorgt, hat nicht täglich frisch gebackenes Brot. Die Zahl der Bäckereibetriebe geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Die Energiekrise verschärft die angespannte Lage im Bäckerhandwerk weiter. Im Jahr 2014 gab es noch mehr als 12 600 Handwerks-Bäckereien in Deutschland. 9.600 waren es Ende 2022.

  10. 35.

    Das Foto oben zeigt die Folgen der Zeiten--und Verkehrswende--und wie die Babyboomer damit umgehen werden.

    Vielleicht sind autonom fahrende E-SUVs dann halt doch die bessere Alternative.
    Ein 9-Euro Deutschlandticket scheint ja nicht für alle die Lösung zu sein.

  11. 34.

    @Ulli
    Zitat:“ So ein Quatsch, klar war die sogenannte DDR pleite.“ Zitat Ende.

    Wie lange muss man eigentlich geschlafen haben, um nach über 30 Jahren Wiedervereinigung immer noch der Meinung zu sein, die DDR war mur ein „sogenannter Staat“. Allein dieser Ausspruch disqualifiziert Sie von von jeder weiteren sachlichen Diskussion zum Thema. Geschichtsunterricht, setzen, 6 !

    Zum Thema: Na klar ist der traditionelle Bäcker deutlich besser als der Discounter! Leider ist Qualität aber auch teurer und somit gerade auf dem Land nicht immer finanzierbar. Weder vom Bäcker noch von den Kunden…

  12. 33.

    Also, mir bringt eine Einkaufszeit zwischen 7 und 15 Uhr nichts. Ich arbeite um diese Uhrzeit.

  13. 32.

    Supermarkt? Eines sind sie nicht, super, sondern teilweise sehr unangenehm (Klima, Licht, Muzak)

    Außerdem sagen wir im Nordosten "Kaufhalle"!

  14. 31.

    Ja, genau: Die DDR war 1989 nicht pleite. Und schon gar nicht hatte die große Mehrheit der Insassen die Nase von dem System voll. Und die deutsche Armee war 1918 nicht besiegt, sondern wurde dann von der Heimat ...

    Verschwörungstheorien sind doch was Feines, wenn es darum geht, sich die Realität nach der eigenen Ideologie zurechtzubiegen.

  15. 30.

    " Und Geschmack ist net anders als beim herkömmlichen Bäckerbrot. "
    Vermutlich halten sie diese aufgepumpten Brötchen vom großen "T" auch für Schrippen. Ok, kann man nichts machen.

  16. 28.

    Das kann ich nicht bestätigen, das Brot beim im Beitrag genannten Bäcker und zwei weiteren in der Region absolut nicht vergleichbar mit dem vom Supermarkt. Die Qualität ist konstant perfekt.
    Außerdem gibt es kein hartes Brot, aber es ist hart, kein Brot zu haben.

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