Unterwegs mit mobiler Bäckerei - "Die Leute wollen kein Brot vom Supermarkt"
In Nuthe-Urstromtal gibt es ihn noch, den "richtigen" Bäcker, mit täglich frisch gebackenem Brot. Von hier aus starten jeden Tag Bäckerautos, die auch an abgelegene Orte liefern. Für viele Dörfler die einzige Möglichkeit, Nahrungsmittel zu kaufen.
Wenn sich Christina Kern mit dem weiß-grünen Kleintransporter der Landbäckerei Schwarz einem Dorfkern nähert, dann stehen die Menschen meistens schon bereit. Mit Körben und Beuteln in der Hand warten sie am Straßenrand geduldig darauf, dass die 43-Jährige eingeparkt hat, nach hinten aus dem Führerhäuschen raus in den Verkaufsraum getreten ist und dann schließlich das Vordach des Verkaufswagens hochklappt.
Brot, Brezeln, Brötchen, immer wieder Eclairs und vieles mehr gehen über die Theke. Bis zu drei Mal in der Woche hält in den Dörfern der Region Nuthetal eines der drei Bäckerautos der Landbäckerei Schwarz. Und es kommen immer mehr Leute, so Christina Kern. Vor einiger Zeit hat der Bäcker in Niemegk (Potsdam-Mittelmark) geschlossen – das merkt sie hier am Stand. "Die Leute wollen kein Supermarktbrot, die wollen frisches Brot", sagt Kern.
Immer weniger Bäckereibetriebe
So wie in Niemegk passiert es inzwischen immer häufiger in ganz Deutschland: So sank die Anzahl der Betriebe laut Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks im Jahr 2023 um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Brandenburg waren im vergangenen Jahr noch 273 Betriebe in die Handwerksrolle eingetragen, das waren 1,8 Prozent weniger als im Vorjahr 2022. Der Grund für die bundesweit sinkende Zahl sei neben der fehlenden Nachfolge im ländlich geprägten Brandenburg auch der Fachkräftemangel, sagt Johannes Kamm, Geschäftsführer des Bäcker- und Konditoren-Landesverband Berlin-Brandenburg.
Entgegen dem Bundestrend stieg die Zahl in Berlin hingegen auf 148 Betriebe. Das liege laut Kamm auch an den vielen junge Menschen und Quereinsteigern, die ins Bäckerhandwerk gehen. Sie machten sich meistens mit sehr eingeschränkten Produktpaletten und Nieschenprodukten selbstständig. Das klappt, weil sie in Berlin auf eine relativ neugierige Foodszene treffen.
Die Tour, die Christina Kern an diesem Tag fährt, ist die kurze Tour: Elf Dörfer fährt sie an, in einigen hält sie zweimal, damit die Menschen nicht zu weit laufen müssen. 7.15 Uhr fährt sie los, gegen 15 Uhr ist sie dann durch. Schon vorher ab sechs Uhr in der Früh hat sie ihren Wagen mit frischgebackenem Brot beladen. Doch nicht nur Brot bringt sie in die Dörfer: Geladen hat sie auch Milch, Kaffee, Butter. Und: Einige der Stopps teilt sie sich gemeinsam mit dem Kleintransporter einer nahegelegenen Fleischerei. Früher habe es in Nettgendorf (Teltow Fläming) mal einen Konsum gegeben, erzählen die Bewohner. Aber seit der geschossen hat, ist der mobile Verkaufstransporter von Bäcker hier der einzige Ort, an dem sie ein paar Mal in der Woche frische Lebensmittel einkaufen können.
Mehr als nur kulinarische Grundversorgung
Die Bäckerautos sichern jedoch mehr als die kulinarische Grundversorgung insbesondere der weniger mobilen Menschen in den Dörfern: "Donnerstags trifft man sich hier, das ist das einzige", erzählt Stammkundin Ilse Grünberg. Soeben hat sie sich für die nächsten Tage mit Brot und Brötchen versorgt, jetzt unterhält sie sich mit Marianne Kranz. Vor zwei Jahren sei sie noch mit dem Fahrrad gefahren. Jetzt stützt sich die Frau mit den weißen Haaren und rosa Anorak auf einen Rollator. Seit einem Sturz ist sie nicht mehr so mobil. Dass sie sich ihr Brot selbst kaufen kann, freut sie: "Man kann ja nicht immer zu den Jungen sagen, die sollen fahren."
Wenn sie mal nicht kommen wegen Ferien oder Feiertagen, dann fragen die Leute: Kommt ihr danach wieder, erzählt Christina Kern. Sie weiß, wie wichtig ihre Arbeit für die Dorfbewohner ist.