Fabrik in Grünheide
Die Gemeindevertreter in Grünheide haben beschlossen, dass Tesla sein Gelände erweitern darf. Das Thema spaltet aber nach wie vor. Tesla-Gegner planen, weiter gegen die Entscheidung zu protestieren.
Nach einem Votum der Gemeindevertreter von Grünheide (Oder-Spree) für die Gelände-Erweiterung der Tesla-Fabrik wollen die Gegner ihren Protest ausweiten und juristische Mittel prüfen. Es liefen bereits Gespräche mit mehreren Naturschutzverbänden, sagte Steffen Schorcht, Sprecher der Bürgerinitiative Grünheide, am Freitag. Mit diesen wolle man eine mögliche Klage ausloten.
Das Aktionsbündnis "Disrupt Tesla" deutete am Freitag ebenfalls weitere Aktionen gegen Tesla an. Für konkrete Pläne wolle man sich aber zunächst sortieren. "Disrupt Tesla" hatte in der vergangenen Woche mehrere Protest-Aktionen in Brandenburg umgesetzt. Einige Aktivisten versuchten, auf das Fabrikgelände zu gelangen.
Die Gruppe, die ein Baumhaus-Camp an der Tesla-Fabrik errichtet hat, hatte bereits im Vorfeld der Entscheidung angekündigt, bei einem Ja der Gemeindevertreter ihrer Protest fortzusetzen. "Wir bleiben so lange, bis Tesla weg ist, denn die Umwelt muss geschützt werden und irgendwer muss sich darum kümmern", sagte ein Sprecher der Initiative "Tesla stoppen" dem rbb am Freitag. Eine Verlängerung der Versammlung über den 20. Mai hinaus sei schon beantragt worden. Die Polizei bestätigte gegenüber dem rbb am Freitagnachmittag, dass der Antrag eingegangen sei.
Auch innerhalb der Gemeindevertretung, die mehrheitlich für den angepassten Bebauungsplan (B-Plan) gestimmt hatte, gibt es Kritik an der Entscheidung. "Wir sind keine Gegner von Tesla", sagte Thomas Wötzel (Bürgerbündnis-Fraktion) dem rbb. Wötzel stimmte gegen den B-Plan. Zwar finde er den Bau eines Güterbahnhofs wichtig, doch eine zweite Einwohnerbefragung sei notwendig, sagte er. "Dann hätten wir ein klares Votum dazu gehabt, weil der Ort hier offensichtlich in dem Thema recht zerstritten ist."
Im Februar hatten Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Grünheide sich in einer Bürgerbefragung gegen die Erweiterung ausgesprochen. Diese Befragung war allerdings für die Gemeinde nicht bindend. Die Baupläne wurden daraufhin von Tesla überarbeitet und erhielten dann - ohne erneute Bürgerbefragung - die Zustimmung in der Gemeindevertretung.
Zu einer zweiten Bürgerbefragung kam es laut Gemeinderatsvorsitzende Pamela Eichmann (SPD) nicht, weil sich dadurch der Zeitplan der Deutschen Bahn für den umgelegten Personal- und den neuen Güterbahnhof geändert hätte. Die Bahnhöfe müssten aber bis 2026 fertig sein. Eichmann habe sich zwar eine zweite Bürgerbefragung gewünscht, "aber es war nicht anders zu machen", sagte sie dem rbb.
"Experten haben uns beraten und gesagt, dass die Lkw-Fahrten massiv zunehmen würden, je mehr Autos Tesla produziert", so Eichmann weiter. Am Tag hätte es dann etwa 1.900 Lkw-Fahrten durch die Gemeinde gegeben, sagte die SPD-Politikerin. "Das wären im Jahr über 600.000. Deswegen habe ich mich schweren Herzens entschlossen, dem zuzustimmen."
Neben Eichmann stimmten am Donnerstagabend zehn weitere Gemeindevertreter für den B-Plan. Sechs andere waren dagegen, zwei enthielten sich. Noch im Februar lehnen 62 Prozent der Grünheider bei einer Bürgerbefragung den ursprünglichen B-Plan ab – und damit auch die Rodung von 100 Hektar Wald. Der B-Plan wurde angepasst, nun will Tesla nur noch etwa 50 Hektar roden lassen und auf dem erweiterten Gelände einen eigenen Güterbahnhof bauen.
Die Initiative "Tesla den Hahn abdrehen" kritisierte die Entscheidung, die das Ergebnis der Bürgerbefragung nicht respektiere. "Es ist eine große Niederlage für die Demokratie", sagte Sprecherin Esther Kamm dem rbb. Sie erwarte, dass es weiter Protest gegen die Pläne geben wird.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) begrüßte am Freitag die "verantwortungsvolle Entscheidung" der Gemeindevertretung. "Sie ist wichtig für Grünheide und bedeutsam für den Industriestandort Brandenburg und ganz Deutschland", sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur. "Mit dieser Entscheidung kann der dringend notwendige Tesla-Güterbahnhof gebaut werden." Der geänderte Bebauungsplan sei ein guter Kompromiss, so der Ministerpräsident.
Auch die Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg (IHK) bewertete den Beschluss positiv. Die Gemeinde habe sich für die Wirtschaft entschieden und lasse sich von Menschen, die nicht in der Region wohnen beeinflussen, sagte IHK-Hauptgeschäftsführerin Monique Zweig dem rbb. "Die Region hat sich hat bewusst für den Investitionsstandort Ostbrandenburg entschieden."
Tesla sieht in dem Gemeinderats-Beschluss die erforderliche Grundlage, um die Verkehrsprojekte im Detail zu planen und umzusetzen. In einer Stellungnahme des Unternehmens am Donnerstagabend hieß es: "Der nun beschlossene Bebauungsplan geht in zentralen Punkten auf die Bedenken aus der Gemeinde ein." Im Tesla-Werk in Grünheide arbeiten rund 12.000 Beschäftigte.
Sendung: rbb24 Inforadio, 17.05.2024, 8:30 Uhr
Mit Material von Felicitas Montag
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