Ostdeutsches Wirtschaftsforum
Wirtschaftsminister Habeck will Fördergelder künftig breiter verteilen, um Kohleausstieg und Strukturwandel zu beschleunigen. So soll künftig auch die Ansiedlung von Unternehmen direkt gefördert werden. Woidke fordert derweil niedrigere Strompreise für die Wirtschaft.
Der Bund will Spielräume bei staatlichen Förderprogrammen in den bisherigen Kohleregionen erweitern und damit den Strukturwandel beschleunigen. Ermöglicht werden sollen nun auch direkte Investitionen in Unternehmensansiedlungen. Es sollten Gelder auch bereitstehen beispielsweise für die Ansiedlung von Solarindustrie, sagte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) am Montag beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum im brandenburgischen Bad Saarow (Oder-Spree).
Bisher gingen die Gelder vor allem in Bildungs- und Infrastrukturprojekte sowie den Bereich Forschung und Entwicklung. Allerdings habe es bisher an Möglichkeiten gefehlt, um gezielt Innovationen und Investitionen von Unternehmen etwa im Bereich der Transformationstechnologien zu fördern, heißt es in einem Papier des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums.
Habeck forderte einen "neuen Pragmatismus". Es gebe Investitionswünsche von Unternehmen, die sich in den Braunkohlerevieren in der Lausitz, in Mitteldeutschland und im Rheinland ansiedeln wollen. "Und wir haben Geld, das nicht verausgabt wird, weil nicht das zwölfte Bushaltehäuschen gebraucht wird", sagte der Minister.
Hintergrund ist eine Reform des europäischen Emissionshandels, der die klimaschädliche Kohleverstromung zunehmend unrentabler machen soll. Im Ministerium wird außerdem auf den fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien verwiesen sowie auf den geplanten Bau neuer Gaskraftwerke, die auf Wasserstoff umgestellt werden sollen - und die gesetzliche Möglichkeit, den Kohleausstieg auf 2035 vorzuziehen.
Im Papier heißt es: "Für den Fall, dass die Kohleverstromung sich schon deutlich vor 2038 nicht mehr rechnet und der Ausstieg auch in den ostdeutschen Kohleregionen früher kommt, ist es wichtig, jetzt den Übergang so gut es geht vorzubereiten."
In dem Papier des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums wird aber mit Blick auf die ostdeutschen Kohlereviere betont, der gesetzlich vereinbarte Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 habe Bestand. "Die Bundesregierung wird keine politischen Bemühungen unternehmen, um diese gesetzliche Frist zu verändern." Ein möglicher marktgetriebener Ausstieg vor 2038, ebenso wie Maßnahmen der Länder und Reviere, blieben davon unberührt.
Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält unterdessen niedrigere Strompreise für die Wirtschaft für notwendig. "Wir brauchen dringend stabile und bessere Rahmenbedingungen gerade im Energiebereich für unsere Unternehmen", sagte Woidke am Montag in Bad Saarow. "Energiepreise sind heute der Scharfrichter über die Investitionsentscheidungen von Unternehmen bei uns im Land." Nötig seien klare Antworten für die Wirtschaft und mehr Tempo beim Ausbau von Öko-Energien. Fast alle mittelständischen Betriebe wollten klimaneutral produzieren, sagte Woidke. "Deswegen muss ausgebaut werden - und zwar noch schneller."
Der Brandenburger Regierungschef verlangte eine Entlastung für Länder mit hoher Produktion von erneuerbaren Energien wie Brandenburg. Es gebe einen klassischen Fehlanreiz, sagte Woidke. Schleswig-Holstein und Brandenburg hätten "die höchsten Energiepreise in Deutschland", weil sie erneuerbare Energien ausbauen. "Das [...] darf so nicht bleiben", sagte er.
Woidke forderte auch weniger Vorgaben und schnellere Genehmigungen. "Wir müssen schneller werden", sagte Woidke. "Wir müssen alles, was an Bürokratie überflüssig ist, abwerfen." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Sonntag in Bad Saarow gesagt, er wolle die Beschleunigung von Bauvorhaben etwa zum Ausbau erneuerbarer Energien entschlossen voranbringen.
Bei der dreitägigen Konferenz diskutieren die Spitzen von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen bis Dienstag mit Politikern und Wissenschaftlern über die Folgen des Strukturwandels am Wirtschaftsstandort Ostdeutschland.
Sendung: Antenne Brandenburg, 03.06.2024, 12 Uhr
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