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Audio: Büro Perleberg | 12.06.2024 | Björn Haase-Wendt | Quelle: rbb/B.Haase-Wendt

Ausbau des Prignitz-Express

Im 30-Minutentakt nach Neuruppin, mit der S-Bahn bis nach Velten

Der Nordwesten Brandenburgs war einst gut per Bahn nach Berlin angebunden. Nach der Wende wurde gespart und teils ganze Streckenabschnitte stillgelegt. Nun soll die Region besser angebunden werden – mit dem Ausbauprojekt des Prignitz-Express. Von Björn Haase-Wendt

Wer im Nordwesten Brandenburgs unterwegs ist, sieht ihn manchmal durch die Landschaft fahren: den roten Prignitz-Express der Deutschen Bahn. Er verbindet die Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel mit Berlin. Doch ein Express ist er längst nicht, verkehrt nur einmal stündlich pro Richtung und ist vor allem aufgrund der Pendler aus Neuruppin und Umgebung oftmals voll.

Seit Jahren fordert die Region Verbesserungen, doch Kapazitäten gab es dafür bislang nicht. Denn in den 1990er-Jahren wurden während der Streckensanierung aus Kostengründen Gleise und Weichen abgebaut, Streckenabschnitte stillgelegt und es fehlt auch komplett eine Oberleitung. Das soll sich nun ändern – mit dem Ausbau des Streckenabschnitts des Prignitz-Express.

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Schiene muss attraktiver werden

Für Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner (SPD) ein wichtiges Projekt. "Von Velten aus pendeln täglich 4.600 Menschen nach Berlin und Umgebung, zugleich kommen 4.000 Menschen zum Arbeiten in unsere Stadt", sagt sie bei der Vorstellung der aktuellen Ausbauplanungen durch den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, der Deutschen Bahn und Vertretern der Länder Brandenburg und Berlin in der Veltener Stadthalle. "Es wäre schön, wenn die Schiene so attraktiv wird, dass man sagt, nee das Auto lasse ich stehen", fügt Hübner hinzu.

Halbstundentakt von und nach Neuruppin

Die Projektpartner wollen das bis Mitte der 2030er-Jahre im Rahmen des gemeinsamen i2030-Investitionsprogramms umsetzen – in vier Teilabschnitten. Zu erst soll die Ostprignitz-Ruppiner Kreisstadt Neuruppin mit ihren gut 33.000 Einwohnern profitieren. Ab Ende 2027 wird die Stadt im Halbstundentakt von Regionalzügen angefahren – wie bisher mit dem RE6 und künftig auch mit der RB55, die bisher in Kremmen (Oberhavel) endet und verlängert werden soll.

"Wir bauen dort auf etwa acht Kilometer Länge ein neues zweites Gleis, dass die Züge aneinander vorbeifahren können, außerdem werden in den Bahnhöfen zusätzliche Kreuzungsmöglichkeiten geschaffen", erklärt Ole Grassow von der DB InfraGo AG, dem Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn. Auch werden an neun Bahnstationen im Abschnitt zwischen Velten und Neuruppin die Bahnsteige verlängert oder neugebaut und drei Elektronische Stellwerke errichtet.

Wichtige Entwicklung für den Wirtschaftsstandort

Für Neuruppins Stadtentwicklungsdezernenten Jan Juratschek sind das wichtige Entscheidungen: "Die Pendler kommen damit besser nach Berlin rein und die Berliner auch zu uns. Das ist ein wichtiger Beitrag für Neuruppin als Wirtschaftsstandort und die gesamte Region."

Denn Neuruppin ist eines der Wirtschaftszentren im Nordwesten Brandenburgs und lebt auch vom Tourismus. Der Ausbau des Streckenabschnitts soll zwischen Januar und August 2027 stattfinden. Zuvor sind bereits zwischen August 2025 und Februar 2026 Instandhaltungsmaßnahmen zwischen Velten und Neuruppin auf der bestehenden Strecke notwendig.

"Wir wollten das eigentlich zeitgleich mit dem Streckenausbau machen, weil sicher der Ausbau aber verzögert hat, kann die Instandhaltung nicht warten", sagt Ole Grassow von der DBInfra Go. Bedeutet für die Pendler: Streckensperrungen und Ersatzverkehre über Monate.

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Während Neuruppin vom Streckenausbau ab Ende 2027 schließlich profitiert, muss Beetz-Sommerfeld bei Kremmen mit der großen orthopädischen Klinik und ihren 600 Mitarbeitern hingegen über Jahre Einschnitte hinnehmen. Um den 30-Minuten-Takt in die Fontanestadt zu ermöglichen, soll der RE6 in Beetz-Sommerfeld über mehrere Jahre dort nicht mehr halten, sondern nur noch die RB55.

Eine direkte Verbindung von und nach Berlin gibt es für die Mitarbeiter und Patienten nicht mehr. In Sommerfeld sorgt das für massive Kritik, ändern wird sich das aber erst mit Abschluss der Ausbaumaßnahmen Mitte der 2030er-Jahre. "Wenn alle Baustufen umgesetzt sind, dann wird es wieder die direkte Anbindung mit einem Regionalexpress geben", erklärt Ole Grassow. Gleiches gilt für Bahnnutzer aus Wustrau-Radensleben.

Anbindung nach Spandau und Gesundbrunnen

Im Zuge des Ausbaus bis Mitte der 2030er-Jahre soll die gesamte Strecke des Prignitz-Express zwischen Wittenberge, Wittstock, Neuruppin und Hennigsdorf eine Oberleitung bekommen. Allerdings gibt es auch hier Herausforderungen: die Fußgängerüberführung am Bahnhof Velten ist zu niedrig für eine Oberleitung und auch in der Unterführung des nördlichen Berliner Rings der A10 könnte es eng werden.

Außerdem soll bei Hohenschöpping eine neue Verbindungskurve gebaut werden, um die Strecke mit dem nordöstlichen Berliner Außenring anbinden zu können. "Damit können wir Neuruppin einmal pro Stunde nach Berlin-Gesundbrunnen und einmal nach Berlin-Spandau anbinden", erläutert Grassow. Heißt konkret: der heutige RE6 soll künftig von Neuruppin über Velten nach Berlin-Gesundbrunnen geführt werden.

Zusätzlich soll nach Abschluss aller Ausbauprojekte der RE2 über die Berliner Stadtbahn, Berlin-Spandau, Hennigsdorf bis nach Neuruppin-West verkehren. Auch kleinere Haltepunkte werden dann besser angebunden sein, wie Walsleben, Netzeband, Fretzdorf und Dossow, aber auch Schwante, Vehlefanz und Bärenklau.

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S-Bahn bis nach Velten

Neben dem Halbstundentakt für Neuruppin soll auch Velten profitieren. Dafür soll – ebenfalls bis Mitte der 2030er-Jahre – der S-Bahnabschnitt von Hennigsdorf nach Velten reaktiviert werden. Die S25 soll laut den Planungen künftig alle 20 Minuten zwischen beiden Städten verkehren, außerdem wird in Hennigsdorf der zusätzliche S-Bahnhof Hennigsdorf Nord gebaut, um neue Wohngebiete erschließen zu können. Zwischen Hennigsdorf und Berlin-Schönholz soll in einem weiteren Schritt die S25 Nord alle 10 Minuten verkehren. Es ist mit das aufwendigste Teilprojekt im Vorhaben.

Zum einen muss die Strecke zwischen Schönholz und Hennigsdorf ausgebaut werden, inklusive einem Neubau eines S-Bahnhalts Borsigwalde. Zum anderen soll die S-Bahnstation Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik weiter in Richtung Ollenhauer Straße verlegt werden, um einen verbesserten Umstieg zur U8 zu ermöglichen. Als Engstelle könnte sich bei dem Teilvorhaben aber der Bahnübergang Gorkistraße in Berlin-Tegel erweisen.

Durch den engeren 10-Minutentakt würden die Schranken noch häufiger geschlossen sein als jetzt schon, ein Problem vor allem für den Busverkehr der BVG. "Wir prüfen mehrere Alternativen: entweder Schiene tiefer, Straße höher oder eine Mischung aus beidem", erläutert Ole Grassow von der DB InfraGo.

Knackpunkt Finanzierung

Für Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner sind die vorgestellten Gesamtplanungen aber Grund zur Freude. Immerhin gibt es in der Stadt seit 30 Jahren den Wunsch nach der Reaktivierung der S-Bahnstrecke: "Es ist gut, dass das Endzielkonzept steht. Jetzt geht es aber darum, es auch umzusetzen – das erwarten auch die Menschen von uns."

Allerdings: über allem steht noch die Frage der Finanzierung durch den Bund. Für die Taktverdichtung zwischen Neuruppin und Velten gebe es aktuell Abstimmungen zwischen dem Land Brandenburg und dem Bund, um den Ausbau finanziell absichern zu können. Aber auch für die anderen Teilprojekte fordert Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner eine Zusage: "Wenn man eine Mobilitätswende möchte, muss natürlich auch Geld für den öffentlichen Personen- und Schienennahverkehr zur Verfügung stehen."

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 12.06.2024, 09:30 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

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