Der drittgrößte Reiseanbieter in Europa ist pleite. FTI Touristik hat einen Insolvenzantrag gestellt. Reisende sind bereits ab Dienstag betroffen: Urlaubsreisen können nicht mehr angetreten werden oder müssen möglicherweise früher enden.
Drittgrößter Reisekonzern in Europa, FTI, ist pleite
Pauschalreisende können Urlaub sehr wahrscheinlich planmäßig beenden
Noch nicht angetretende Reisen werden storniert
Einzelleistungen werden nach Einzelfallentscheidung entschädigt
Krise hatte sich bereits während Corona-Pandemie abgezeichnet
Europas drittgrößter Reisekonzern FTI ist in die Pleite gerutscht. Die FTI Touristik GmbH, Obergesellschaft der FTI Group, stelle am Montag beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, teilte das Unternehmen mit. "Derzeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet, dass die bereits angetretenen Reisen auch planmäßig beendet werden können". Noch nicht begonnene Reisen würden voraussichtlich ab dem morgigen Dienstag (4. Juni) nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können.
Vom Insolvenzantrag unmittelbar betroffen ist dem Konzern zufolge die Veranstaltermarke FTI Touristik in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, die Marke 5vorFlug in Deutschland, die Bigxtra GmbH, sowie die Mietfahrzeugs-Marken DriveFTI und Cars and Camper, schreibt FTI am Montagmittag auf seiner Webseite [fti-group.com]. Leistungen von Drittanbietern wie Tui oder Alltours sind demnach nicht betroffen.
Eigentlich schien die Zukunft des Unternehmens gesichert, das in der Corona-Krise insgesamt 595 Millionen Euro staatliche Hilfe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bekommen hatte. Ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestor Certares wollte die FTI Group für einen Euro übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen stecken. Die Wettbewerbshüter mussten dem Deal noch zustimmen.
Den Angaben zufolge sind jedoch die Buchungszahlen zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. "Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte", teilte FTI mit. Dem "Handelsblatt" zufolge soll sich bei FTI kurzfristig eine Deckungslücke in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages aufgetan haben. Der Bund habe nach Verhandlungen am Wochenende weitere Hilfen für das Unternehmen abgelehnt.
Die Gläubiger haben dem Sanierungsplan der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zugestimmt. Damit können die neuen Eigentümer das Unternehmen zeitnah übernehmen und mit der Sanierung beginnen.
Reisesicherungsfonds greift nun
Jetzt ist der 2021 gestartete Deutsche Reisesicherungsfonds am Zug. Er soll sich bei einer Pleite eines Reiseanbieters um die Erstattung der Vorauszahlungen der Kunden, gegebenenfalls den Rücktransport gestrandeter Urlauber sowie deren Unterbringung bis zum Rücktransport kümmern.
Wer die Reise bereits angetreten hat, könne diese sehr wahrscheinlich aufgrund des gesetzlich verankerte Absicherungsschutz wie geplant zu Ende führen, informiert FTI online. "Wo dies nicht möglich ist, wird für Sie eine Rückreise zum ursprünglichen Abflugort organisiert werden." Betroffene werden kontaktiert. Noch nicht angetretene Pauschalreisen (Flug plus Hotel) werden storniert und erstattet.
Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigte Fonds war nach der Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 gegründet worden. Die Versicherung hatte damals wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein.
Nicht entschädigt werden dagegen Einzelleistungen wie etwa eine einzelne Hotel-, Mietwagen- oder Wohnmobilbuchungen. Wer bereits eingecheckt hat, könne eventuell dennoch sein Geld zurückbekommen, schreibt FTI weiter. Einzelfälle würden geprüft.
Drittgrößter Reisekonzern Europas
Die FTI Group mit etwa 11.000 Beschäftigten war in der Pandemie, die die Branche in eine schwere Krise stürzte, in Bedrängnis geraten. Zuletzt sah sich der nach Tui und DER Touristik drittgrößte europäische Reisekonzern dank gestiegener Nachfrage wieder auf Kurs. Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023 verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzplus von 10 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Ertrag in zweistelliger Millionenhöhe. Nähere Details zum Ergebnis machte das Unternehmen nicht. Hauptgesellschafter war zuletzt die ägyptische Investorenfamilie Sawiris.