Brandenburgs einziger Melonenbauer
Wassermelonen im märkischen Sandboden anzubauen, ist kein leichtes Unterfangen. Attila Puszti hat es dennoch geschafft. Der Ungar ist nun der einzige Melonenbauer in Brandenburg. Die Nachfrage kann er kaum befriedigen. Von Jennifer Lichnau und Philipp Rother
"Meine Babys", sagt Attila Puszti und klopft auf eine dunkelgrüne 15 Kilogramm schwere Melone vor sich. Er steht auf einem Tankstellenparkplatz in Velten (Oberhavel) und übergibt eine seiner Melonen an einen Stammkunden. Es ist ein kräftiger Mann in Arbeitskleidung, der beide Arme benötigt, um den grünen Ball zum Auto zu transportieren.
Währenddessen bedient Puszti schon die nächsten Kundinnen und Kunden. Er baut sechs Sorten Melonen in Brandenburg an und gilt als einziger gewerblicher Melonenbauer in der Region. Die "Südfrüchte", die als Kürbisgewächs zum Gemüse zählen, sind in Deutschland ein Nischenprodukt.
Neben Pusztis Stand in Velten - ein Biertisch, auf dem eine Waage und eine Kasse stehen - türmen sich auf zwei Autoanhängern die roten und gelben Melonen. Die Kunden begutachten sie genau. Sie halten sich jede einzelne Melone ans Ohr und klopfen dabei. Das hat Puszti, der vielerorts nur "Melonenmann" genannt wird, ihnen beigebracht. Eine gute Wassermelone müsse beim Klopfen wie ein Gummistiefel klingen.
Viele von Pusztis Kunden kommen seit Jahren. Andere wollen nur schnell tanken und entdecken die Brandenburger Melonen dann eher zufällig. Zwei Euro pro Kilo kostet eine Wassermelone - wie im Vorjahr auch. Das sei schon die "Schmerzgrenze" für den Verbraucher, so der gebürtige Ungar, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt.
Der Obstbauer trägt eine kurze Hose und ein T-Shirt, das nasse Flecken hat, vom Saft der Wassermelonen, die er zum Probieren aufschneidet. Schon als kleiner Junge hat er mit seinem Opa in Ungarn Melonen im Garten angebaut, geerntet und an die Nachbarn verkauft. Damit die Pflanze auf dem märkischen Sandboden genauso gut wächst, brauche der Boden viel Unterstützung, sagt Puszti. Daher nutze er viel Pferdemist. "Ich habe lange und viel tüfteln müssen", berichtet der Obstbauer.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die behutsame Aufzucht der Jungpflanzen, die im Mai auf das Feld kommen. Denn eine starke Pflanze könne sowohl Läuse als auch Regen gut verkraften. "Und wenn es genug Sonnentage gibt, wachsen die Melonen in Brandenburg bis Mitte September", so der Ungar.
Bis dahin steht Puszti unter der Woche jeden Tag an der Tankstelle, und verkauft acht Stunden seine Melonen. Abends erntet er. Bis vor kurzem hat sein inzwischen verstorbener Schwiegervater dabei geholfen. Auch er ist in Ungarn aufgewachsen. "Er hat mir viel beigebracht, er war auch mein bester Mitarbeiter", sagt der Landwirt.
Im Gegensatz zur Melone aus dem Supermarkt erntet Puszti seine Melonen, wenn sie reif sind. Importierte Melonen werden dem Obstbauer zufolge unreif geerntet und reifen erst im Laden nach. Das kostet die Frucht bzw. dem Gemüse den süßen Geschmack.
Die Ernte ist selbst hart, weil man sich nach jeder Melone bücken und nachsehen muss, ob sie reif ist. Dann gilt es, die 10 bis 20 Kilogramm schweren Bälle auf einen der Anhänger zu hieven. Obwohl er immer mehr Kunden hat, will Puszti seine Anbaufläche vorerst aber nicht vergrößern - weil er schwer Helfer findet. Deshalb hat er auch nur einen weiteren Verkaufsstand in Oranienburg (Oberhavel).
In Velten sucht derweil ein Paar nach der perfekten Melone. Sie sind erstmals dort, sind extra eine Stunde gefahren. Sie haben von Puszti und seinen Melonen gelesen. Ein Freund, der selbst auch Melonen im Garten anbaut, habe sie beauftragt, nach Tipps zu fragen. Sie wollen auch wissen, ob sie eine Tour über die Melonenfelder machen können.
Das Feld, auf dem Puszti vor zehn Jahren seine ersten Melonen gepflanzt hat, liegt an der Straße gegenüber der Tankstelle. Mit einer Melonenparty hat er damals seine erste Ernte mit den Veltenern geteilt und gefeiert.
Mittlerweile bewirtschaftet der Landwirt zwei Hektar und erntet nach eigenen Angaben bis zu 30 Tonnen Melonen pro Saison. Doch, wo Puszti seine Felder hat, verrät er nicht. Denn je bekannter seine Melonen werden, desto öfter wurden sie vom Feld gestohlen. Eine Tour über die Felder gibt es daher nicht.
Beitrag von J. Lichnau und P. Rother
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