Kartoffelanbau in Brandenburg
Vor drei Jahrhunderten ordnete Friedrich der Große den Anbau von Kartoffeln im Oderbruch an. In den Neunzigerjahren verschwanden sie aus den dortigen Feldern. Nun hat ein Landwirt die alte Tradition wieder aufgenommen. Von Philipp Gerstner
Auf einem trockenen Feld im Oderbruch zieht ein Traktor eine meterlange, gelbe Maschine, an die man sich hier noch gewöhnen muss. Auf dem Kartoffelroder – genauer gesagt, einem Kartoffelvollernter – stehen vier Männer, die frisch geerntete Kartoffeln aussortieren. Der Rest wird auf einer Siebkette von Erde und Steinen befreit und gelangt schließlich in den Vorratsbunker.
Zwölf Stunden am Tag sind der Landwirt Lutz Wercham und seine Erntehelfer nun damit beschäftigt, die Kartoffelsorte Mia aus dem Boden zu ziehen, wie er sagt. "Sie hat eine ganz glatte Schale und ist innen fleischig gelb. Eine ganz übliche Speisekartoffel, die sonntags bei Mutter auf dem Tisch steht."
Ursprünglich hatte der Landwirt Kräuter, Blumen und Gräser auf seinen Feldern bei Neutrebbin und Letschin (Märkisch-Oderland) vermehrt. Doch das Geschäft mit Saatgut habe sich für den 38-Jährigen nicht mehr gelohnt. Dann kam ihm die Idee mit der Kartoffel als Alternative.
Damit knüpfte er an eine jahrhundertealte Tradition an: Mitte des 18. Jahrhunderts erließ der preußische König Friedrich II. seine "Kartoffelbefehle" und verordnete den Anbau der Kartoffel in seinen Provinzen, um die Hungersnot zu bekämpfen. Die Kartoffel war bis in die Neunzigerjahre im Oderbruch verbreitet, dann verschwand sie. Der Grund: Die Böden dort sind zu schlammig und somit nicht optimal für die Pflanze und ihre Weiterverarbeitung.
Für Landwirt Wercham sind die Erdklumpen eine tägliche Herausforderung. "Es ist sehr schwierig, sie maschinell zu trennen", sagt er. "Das ist auch der Grund, warum hier im Oderbruch lange keine Kartoffeln angebaut wurden." Wegen der schlammigen Erde müssen er und seine Mitarbeiter die Klumpen per Hand von den Kartoffeln trennen.
Wercham hat Kartoffeln auf zwei Feldern in Neutrebbin und Letschin (Märkisch-Oderland) mit einer Größe von insgesamt 50 Hektar angebaut. Henrik Wenndorff, Präsident des Landesbauernverbandes, zeigt sich von Werchams Experimentierfreude sehr beeindruckt: "Man muss für Qualität und Ertragsstabilität sorgen. Das ist nicht mit wenig Aufwand verbunden", sagt Wendorff. "Hut ab vor denjenigen, die in so ein neues – eigentlich altes – Geschäft wiedereinsteigen."
Jeden Tag erntet Wercham nach eigenen Angaben 50 bis 75 Tonnen Kartoffeln. Auf seinem Hof werden sie noch einmal sortiert und verladen. Die Kartoffeln werden zuerst zu einem Zwischenhändler in Treuenbrietzen transportiert, bevor sie im Supermarkt weiterverkauft werden. Der Landwirt betreibt aber auch einen kleinen Hofladen.
Für Landwirt Werchman ist die Kartoffel mehr als nur ein Experiment, er möchte sie mindestens weitere zwei Jahre im Oderbruch anbauen: "Ich habe viel darin investiert und die Maschinen sind noch nicht alle bezahlt. Von daher, müssen wir weitermachen. Ich setzte viel Hoffnung drin."
Sendung: Antenne Brandenburg, 29.08.2024, 15:40 Uhr
Beitrag von Philipp Gerstner
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