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Quelle: dpa/Henrik Montgomery

Innovatives Projekt in Berlin

Kommt 'ne Fähre geflogen

Eine Berliner Reederei und ein schwedischer Bootshersteller haben eine Vision: Ein schnelles Wassertaxi, das nicht nur sprichwörtlich über die Spree fliegt und dabei auch noch umweltschonend ist. In einem Jahr soll es losgehen, theoretisch. Von Simon Wenzel

Ein futuristisches Shuttle von der East-Side-Gallery zum Funkhaus Berlin. Rund fünf Kilometer Strecke in zehn Minuten. Auf dieser Fährfahrt soll nicht nur die Zeit wie im Flug vergehen. Das Boot, ein elektrischer Katamaran schwebt, kaum hat es seine Reisegeschwindigkeit erreicht, über der Spree. Das ist die Vision des Eigentümers von Funkhaus Berlin und der Reederei Riedel, der lieber anonym bleiben will, und der schwedischen Firma "Candela".

Letztere hat die futuristische Fähre "P-12" gebaut, ersterer hat ein Exemplar für etwa 2,3 Millionen Euro bestellt. Im kommenden Frühjahr soll die Fähre ausgeliefert werden und dann möglichst schnell auf der Route vom Südzipfel Rummelsburgs zur Oberbaumbrücke, dem Tor zur Berliner Innenstadt fliegen.

Pläne von schwedischer Firma

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Über drei Mal so schnell wie der "Fähr-Bär"

Auf dem Youtube-Kanal des schwedischen Unternehmens ist eine Probefahrt der Fähre in Stockholm zu sehen. Der Katamaran beschleunigt und hebt sich dabei langsam aus dem Wasser. Ab etwa 30 Kilometern pro Stunde schwebt die Fähre über dem Wasser, nur dünne Flügel, wie bei einem Kite-Surfboard, haben noch Kontakt mit dem Wasser – und die nicht sichtbaren Propeller unter dem Rumpf.

Bei 40 Kilometern pro Stunde ist die Reisegeschwindigkeit erreicht. Das ist mehr als drei Mal so schnell wie die "Fähr-Bären" der Berliner Verkehrsbetriebe. Noch dazu verursacht das E-Boot durch seine Fliegetechnik keine Wellen.

Laut Herstellerangaben finden 30 Personen auf der Candela P-12 Platz, dazu Fahrräder oder Rollstühle und Kinderwägen. Die Fähre ist nicht für Touristen ausgelegt, sondern als öffentliches Verkehrsmittel konzipiert. Das Boot ist kleiner als bisherige Flussfähren in Städten, aber auch deutlich schneller. "Man könnte damit auch größere Fähren ersetzen, wir zielen auf ein Transportsystem ab, bei dem kleinere Schiffe eingesetzt werden, aber dafür mehr davon", sagt Mikael Mahlberg von der Firma Candela.

So könnte es im Innenraum der Fähre aussehen: Eine Grafik zeigt die Pläne. | Quelle: IMAGO/Cover-Images

In Stockholm kann man sich schon im Herbst ein Bild davon machen, wie gut die Schwebe-Fähre funktioniert. Dort wird das Werbevideo bald zum Regelbetrieb. Ab Ende Oktober oder Anfang November, so Mahlberg, soll das Candela P-12 zwischen dem Vorort Ekerö und der Stockholmer Innenstadt verkehren. Die Reisezeit verkürze sich hier von einer Stunde auf eine halbe, sagt er.

Laden wie beim E-Auto

Danach blicken die Entwickler nach Berlin. "Fantastisch" fänden sie das Projekt in der deutschen Hauptstadt, die Zusammenarbeit mit dem Funkhaus und der Reederei sei deshalb "sehr eng". Candela sei auch über den Verkauf des Bootes hinaus involviert, so Mahlberg zu rbb|24.

Die bislang eher altmodische und diesellastige Spree-Schifffahrt revolutionieren, daran haben sich schon einige versucht. Meist ging es um Ausflugsdampfer oder kleine Mietboote. Etwas, das früheren E-Boot-Projekten den Stecker zog, dürfte dieses Mal kein Problem darstellen: die Infrastruktur. Die Reederei Riedel besitzt eine Vielzahl von Anlegestellen in Berlin – unter anderem die am Funkhaus und an der East-Side-Gallery. Das neuartige Boot soll zudem, wie E-Autos, mit einem Steckerkabel geladen werden können, also deutlich leichter als andere elektrische Schiffe.

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Amt bremst mit Verweis aufs Tempolimit

Ganz so einfach ist die Verkehrswende auf dem Wasser aber auch dieses Mal nicht. Für den Einsatz auf der Spree bräuchte es nämlich noch eine Ausnahmegenehmigung. Auf der Bundeswasserstraße gilt Tempo 10 (Kilometer pro Stunde). Bei dieser Geschwindigkeit fängt die Fähre der Zukunft noch nicht mal an zu schweben, sondern dümpelt noch wie ein ganz gewöhnlicher Katamaran durch die braune Spree-Suppe.

Auf Nachfrage zeigt sich das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Spree-Havel eher skeptisch bezüglich des futuristischen Bootes. Wie ein Sprecher auf Nachfrage mitteilt, seien bereits Projektbeteiligte mit dem Vorhaben an die Behörde heran getreten. Seine Antwort: "Eine Genehmigung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Spree-Havel zum Betrieb einer E-Fähre auf der Spree-Oder-Wasserstraße mit einer Fahrtgeschwindigkeit von 40 km/h wurde nicht erteilt."

Stockholmer Zwischenlösung: Saisonerlaubnis

In Stockholm fand man eine Zwischenlösung. Dort gilt die Sondergenehmigung nicht für alle Monate. Im Frühling und Herbst könne die Candela P-12 abheben. Im Sommer, wenn viel Verkehr auf dem Wasser ist, müsse die Fähre auch in Schweden langsam fahren, so Mahlberg.

Aber selbst dieses Modell scheint für das Wasserstraßenamt hierzulande (noch) undenkbar. Dies könne "aus verkehrsrechtlichen Gründen nicht in Aussicht gestellt werden", heißt es auch Nachfrage. Ausnahmeregelungen für erhöhtes Tempo auf der Spree gebe es zwar in Einzelfällen für Fahrgastschiffe, allerdings bislang nur für solche mit Geschwindigkeiten bis zu 12 Kilometern pro Stunde - ein großer Fortschritt wäre das nun wirklich nicht.

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Gedacht als Verkehrsmittel - nicht für Touristen

Die Reederei sieht sich mit dem effizienten Elektroboot, was noch dazu keine Wellen und kaum Lärm verursacht, als Innovator, nicht als Störfaktor. Da könnte sich die Politik doch noch bewegen, so die Hoffnung der Projektbetreiber - besonders in einer Stadt wie Berlin. Eine Testfahrt mit einem kleineren Boot von Candela gab es bereits in Berlin. Auch ein Wasserflugzeug hatte in der Vergangenheit bereits eine Ausnahmegenehmigung.

Ihren Visionen tut die bisherige Ablehnung des Amts deshalb keinen Abbruch. Die Fähre - soweit der Plan - soll im Frühjahr nächsten Jahres starten und zunächst im Stundentakt fahren. Von der East Side Gallery zum Funkhaus - eventuell mit einem Stopp am kürzlich wiedereröffneten Eierhäuschen auf der anderen Spreeseite - und zurück. Die Ticketpreis könnten sich an denen der BVG orientieren, denn die Zielgruppe seien Menschen, die in der Nähe des Funkhauses wohnen und arbeiten oder sich noch dort ansiedeln werden. Es ist eine Gegend im Wachstum.

Berlin ist aber nicht Stockholm und das ist auch Mikael Mahlberg klar. Fähren als Verkehrsmittel auf der Spree sind nichts, was Berliner bislang großartig vermissen. "Wir hoffen, dass wir das ändern können", sagt Mahlberg dennoch. Erstmal geht es 2025 (wenn überhaupt) nur auf einer Strecke los und die ist nicht ganz uneigennützig gewählt: Der Eigentümer erhofft sich durch die Verbindung von der East-Side-Gallery - und damit dem Ostbahnhof - zum Funkhaus, eine bessere Erreichbarkeit seiner Location.

Beitrag von Simon Wenzel

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