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Video: rbb24 Abendschau | 25.09.2024 | Antje Tiemeyer & Volker Wiepricht | Quelle: IMAGO / Bernd Friedel

Kommunale Eigenbetriebe

In Berliner Kitas droht ab der kommenden Woche unbefristeter Streik

In Berlin wird ein unbefristeter Streik in den städtischen Kitas immer wahrscheinlicher. Vertreter der Gewerkschaft Verdi sowie der Bildungsverwaltung konnten sich abermals nicht einigen. Gerungen wird um bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.

An den Berliner Kita-Eigenbetrieben könnte es ab der kommenden Woche einen unbefristeten Streik geben. Nach rbb-Informationen konnten sich die Gewerkschaft Verdi und die Berliner Bildungsverwaltung in einem Gespräch am Mittwoch nicht über eine Lösung ihres Konflikts einigen.

Nach mehr als einem Dutzend ein- oder mehrtägigen Streiks haben die Gewerkschaften zu einem unbefristeten sogenannten Erzwingungsstreik aufgerufen. Bei den Urabstimmungen bei Verdi und GEW hatten sich genügend Mitglieder dafür ausgesprochen.

Verdi-Sprecher Kalle Kunkel sagte dem rbb am Mittwoch: "Ab wann gestreikt wird - dazu werden wir heute keine konkrete Aussage treffen." Am Donnerstag werde beraten und dann auch die Öffentlichkeit informiert. "Aber im Moment sieht es so aus, als ob die Eskalation wieder einen Schritt näher gekommen ist", so Kunkel.

Streit um Tarifvertrag

2.000 Kita-Beschäftigte demonstrieren in Berlin - unbefristeter Streik möglich

Verdi fordert Entlastungen - Berlin verweist auf TdL

In dem Konflikt fordert die Gewerkschaft Verdi, die Erzieher in den kommunalen Kita-Eigenbetrieben zu entlasten. Festgelegt werden soll aus Gewerkschaftssicht insbesondere, für wie viele Kinder eine Erzieherin höchstens zuständig ist. Für die Berliner Erzieher der kommunalen Kita-Eigenbetriebe pocht Verdi auf "verbindliche Entlastungsregelungen, die für die Kolleginnen einklagbar" sind.

Der Berliner Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hat jedoch mehrfach betont, das Land könne zu den Forderungen keine Tarifverhandlungen aufnehmen - wegen der Mitgliedschaft Berlins in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, kurz TdL. Diese lehne Verhandlungen eines einzelnen Bundeslandes zur Personalbemessung ab. Die TdL hatte das bestätigt.

Neue Vorschläge seitens des Senats seien keine Verbesserung, sagte Verdi-Sprecher Kunkel am Mittwochnachmittag nach dem Termin. Der Senat komme Verdi nicht entgegen. Von Seiten der Bildungsverwaltung erhielt der rbb nach dem Gespräch am Mittwoch bislang keine Stellungnahme.

Vorbild "Kieler Modell"

Die Gewerkschaft Verdi sieht jedoch Lösungsmöglichkeiten: eine Entlastungsvereinbarung zwischen der Gewerkschaft und den landeseigenen Kita-Betrieben. Vorbild sind ähnliche Vereinbarungen in anderen Bundesländern - vor allem an der Uni-Klinik Schleswig-Holstein, bekannt als "Kieler Modell". Demnach schließt der Arbeitgeber mit der Gewerkschaft einen Vertrag ab, in dem unter anderem eine Mindestbesetzung in den jeweiligen Schichten zugesagt wird. Wird die Mindestbesetzung unterschritten, erhalten alle Mitarbeitenden, die im Dienst sind, das Anrecht auf bezahlte freie Tage.

Für Verdi wäre der Vorteil an dieser Lösung, dass sie die Positionen der Gewerkschaft stärkt, weil sie Vertragspartnerin ist. Dem Arbeitgeber könnte es nützen, weil das Streikreicht nicht greift - denn die Vereinbarung hat nicht den Rang eines Tarifvertrages. Für den Senat könnte der Vorteil einer solchen Vereinbarung sein, dass sie nicht die Vorgaben der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) verletzen würde und Berlin weiterhin Mitglied bleiben könnte.

Nach Urabstimmung

Berliner Senat und Verdi vereinbaren Gespräche wegen möglicher Kita-Streiks

Nach zwei Warnstreiks stimmten die Kita-Beschäftigten dafür, in einen unbefristeten Streik zu gehen. Ob es wirklich zum Streik kommt, hängt von Gesprächen zwischen den Gewerkschaften und dem Senat ab.

Landeselternausschuss hält Forderungen für unangemessen

Kritisch gegenüber den Forderungen von Verdi äußerte sich Guido Lange, Vorsitzender des Landeselternausschusses Kita, am Mittwochabend in der rbb24 Abendschau. Vieles, was Verdi fordere, sei nicht umsetzbar. So müssten bestimmte Regelungen gesetzlich getroffen sein und könnten nicht über einen Tarifvertrag geregelt werden.

Lange betonte, bei den 4-bis-6-Jährigen kämen auf einen Erzieher in Berlin 7,6 Kinder - ideal sei Experten zufolge eine Gruppengröße von 7,5 Kindern. Da sei der Wert nahezu erreicht. In den Krippen sei die Differenz größer. Da käme in Berlin durchschnittlich ein Erzieher auf fünf Kinder - Experten sehen hier Lange zufolge das beste Verhältnis bei 1:3.

Um den von Verdi geforderten Betreuungsschlüssel zu erreichen, müsste man 40 Prozent mehr Erzieher haben, erklärte Lange. Es herrsche aber auch hier Personalmangel. "Den Personalschlüssel nächste Woche oder nächstes Jahr auf diesen Wert zu bringen, wird nicht funktionieren."

Keine Einigung bei Notbetreuung

Knapp zehn Prozent der rund 2.900 Kitas in Berlin gehören zu sogenannten kommunalen Eigenbetrieben. Dort betreuen rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte etwa 35.000 Kinder - etwa ein Fünftel aller Kita-Kinder. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben.

Auch eine Vereinbarung über eine sogenannte Notbetreuung von Kindern während des Streiks kam bisher zwischen Bildungsverwaltung und Gewerkschaften nicht zustande. Grund: Die Vorstellungen, für wie viele Kinder Betreuungsmöglichkeiten vorgehalten werden sollen, liegen zwischen beiden Seiten weit auseinander. Bei den vergangenen Streiks hatten sich laut Verdi in der Spitze etwa 3.000 Beschäftigte beteiligt. Das hieße im Falle eines unbefristeten Ausstandes: Bis zu 4.000 Erzieherinnen und Erzieher würden arbeiten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.09.2024, 19:30 Uhr

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