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Audio: Antenne Brandenburg vom rbb | 26.09.2024 | Quelle: dpa/Pleul

Personalpolitik

Tesla verteidigt Kontrollbesuche bei kranken Mitarbeitenden

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - das bedeutet eine Krankschreibung in Deutschland. Die Entscheidung darüber treffen Mediziner. Die Elektroautofirma Tesla in Grünheide allerdings scheint hier eine Schwachstelle zu wittern. Sie macht Kontrollbesuche bei den Kranken.

Der Tesla-Werksleiter in Grünheide (Oder-Spree) hat Kontrollbesuche bei kranken Mitarbeitern wegen häufiger Krankschreibungen als gängige Praxis verteidigt. Manager André Thierig nennt solche Hausbesuche "nichts Ungewöhnliches", berichtet die Deutsche Presseagentur.

Der Firmenchef sieht sich mit der Kontrollpraxis seiner Firma bestätigt, weil das nach seiner Einschätzung "viele Unternehmen machen". Laut dpa seien dies für Tesla auch keine Kontrollfahrten bei den Kranken sondern "Hausbesuche bei Krankgeschriebenen". Das große Ziel mit diesen Kontrollen sei ein Appell an die "Arbeitsmoral der Belegschaft".

Arbeitnehmervertreter aber widersprechen dieser Einordnung. Die IG Metall kritisiert die Hausbesuche als eine "abwegige Aktion" und wirft der Unternehmensführung vor, dass in dem Werk eine sehr hohe Arbeitsbelastung herrsche.

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Krankenstand von 15 Prozent als Begründung für Kontrollen

Auslöser für die unangekündigten Kontrollen war laut Tesla ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand in den Sommermonaten. "Phasenweise hat er 15 Prozent oder mehr erreicht", sagte Thierig. Zuvor berichtete das "Handelsblatt" [Bezahlinhalt] über die Kontrollen bei krank
geschriebenen Mitarbeitern. Die Zeitung bezog sich dabei auf eine ihr vorliegende Tonbandaufnahme von einer Betriebsversammlung in der vergangenen Woche.

In Grünheide in Brandenburg stellt Tesla seit mehr als zwei Jahren Elektroautos her. Dort arbeiten nach Unternehmensangaben knapp 12.000 Beschäftigte. Allerdings verzeichnet der Elektroautomarkt aktuell eine Flaute.

Manager sieht sich bestätigt und mach Zuspruch bei Belegschaft aus

Thierig sagte: "Wir haben die Belegschaft auf der Betriebsversammlung über die Hausbesuche informiert und unser Vorgehen dargelegt." Die Reaktion beschrieb er als "große Zustimmung der Belegschaft". Außerdem habe er bei Beschäftigten ausgemacht, dass sie wegen der Abwesenheiten ihrer Kolleginnen und Kollegen "frustriert" seien.

"Wir haben gut 200 Mitarbeiter festgestellt, die sich in der Lohnfortzahlung befinden, aber die in diesem Jahr noch gar nicht arbeiten waren. Sie bringen mindestens alle sechs Wochen neue Krankmeldungen", sagte Thierig. "Wir haben uns zwei Dutzend Fälle herausgesucht." Nicht er selber, aber der Fertigungs- und der Personalleiter hätten dann unangekündigt Hausbesuche bei den Beschäftigten gemacht. "Ein Großteil wurde nicht angetroffen, teils war sehr aggressives Verhalten zu spüren."

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Manager Thierig widerspricht: Krankenstand kein Beleg für Arbeitsbedingungen

Aus Sicht des Tesla-Managers liegt der Grund für den Krankenstand nicht bei den Arbeitsbedingungen. "In unseren Analysen zur Anwesenheit sind Phänomene offensichtlich geworden: freitags und in Spätschichten sind circa 5 Prozent mehr Mitarbeiter krankgemeldet als an anderen Wochentagen", sagte Thierig.

"Das ist kein Indikator für schlechte Arbeitsbedingungen, denn die Arbeitsbedingungen sind an allen Arbeitstagen und in allen Schichten gleich. Es suggeriert, dass das deutsche Sozialsystem ein Stück weit ausgenutzt wird." Tesla habe mehr als 1.500 Leiharbeitnehmer, die unter den gleichen Bedingungen arbeiteten. Hier liege der Krankenstand bei zwei Prozent.

Thierig betonte, einen Generalverdacht gegen Kranke gebe es bei Tesla nicht. "Wir wollten den Dialog mit Mitarbeitern suchen und wissen, was bei ihnen los ist. Ein persönlicher Besuch hat dabei eine andere Wirkung als ein Anruf." Der Krankenstand sei auch zurückgegangen.

"Wir haben einen Effekt der Verbesserung festgestellt." Thierig: "Weitere Hausbesuche möchte ich nicht ausschließen.

Vorwurf der Gewerkschaft: Auto-Firma setzt Kranke unter Druck

Der Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, Dirk Schulze, kritisierte, Kranke würden unter Druck gesetzt. "Beschäftigte aus fast allen Bereichen des Werks berichteten von extrem hoher Arbeitsbelastung", sagte er. "Wenn Personal fehlt, werden die Kranken unter Druck gesetzt und die noch Gesunden mit zusätzlicher Arbeit überlastet. Wenn die Werkleitung den Krankenstand wirklich senken will, sollte sie diesen Teufelskreis durchbrechen."

Thierig sagte, das Unternehmen mache wirklich viel für Gesundheitsschutz und bessere Arbeitsbedingungen. Er verwies etwa auf ein Fitnessstudio im Werk, Betriebsärzte, Physiotherapeuten und ergonomische Verbesserungen der Arbeitsplätze.

Sendung: Antenne Brandenburg, 26.09.2024, 05:40 Uhr

 

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