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Quelle: dpa/Pius Koller

Konjunkturumfrage

Regionale Baubranche im Stimmungs- und Auftragstief

Hohe Materialkosten, aufwendige Bürokratie und überzogene Standards: Die Baubranche beklagt eine weitere Verschlechterung der Lage. Das zeigen auch die Baugenehmigungen, die sich über die letzten zwei Jahre halbiert haben. Von Efthymis Angeloudis und Götz Gringmuth-Dallmer

Die Auftragslage vieler Bauunternehmen in Berlin und Brandenburg ist laut einer Konjunkturumfrage der Fachgemeinschaft Bau schlechter als vor einem Jahr. Hohe Materialpreise, Kostensteigerungen durch bürokratische Hemmnisse und überzogene Standards sind, so die Umfrage, die Gründe für die kriselnde regionale Bauwirtschaft.

"Im Herbst 2024 hat sich die Lage für das Bauhandwerk sowohl in Berlin als auch in Brandenburg weiterhin verschlechtert", sagt die Geschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V., Katarzyna Urbanczyk-Siwek dem rbb. "Selbst in den Zeiten der Coronapandemie war die Geschäftslage deutlich besser als aktuell."

Interview | Fachgemeinschaft Bau

"Der Spagat zwischen Brandenburgischer und Berliner Bauordnung wird immer größer"

Nicht nur die hohen Materialpreise machen dem Baugewerbe zu schaffen. Bürokratische Hürden und strenge Nachweispflichten erschweren die Arbeit der Bauwirtschaft und führen zu Zurückhaltung, sagt die Geschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau.

Baugenehmigungen auf Tiefststand

Das belegt auch die Zahl der Baugenehmigungen im Wohnungsneubau des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg von November. Diese sind 2024 in Berlin um 24 und in Brandenburg um 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Gemessen an den letzten zwei Jahren sind das Rückgänge von rund 50 Prozent in Berlin und über 65 Prozent in Brandenburg.

"Spagat" zwischen Berlin und Brandenburg wachse

Neben den steigenden Materialkosten erschweren laut der Fachgemeinschaft Bau aber auch regional bedingte Stellschrauben die Situation. "Wir haben zu wenig Bewegung in der Förderung für das effiziente Bauen und nach wie vor mangelnde Leistungfähigkeit der Behörden und der öffentlichen Kassen, die natürlich zu dazu führen, dass wenig ausgeschrieben wird, was öffentlichen Investitionen angeht", sagt Urbanczyk-Siwek im Interview mit dem rbb.

Man habe keine einheitliche Bearbeitung von Anträgen, die Nachweisforderungen seien unersichtlich, "und statt einer Synchronisierung in der Wirtschaftsregierung Berlins und Brandenburgs wird der Spagat zwischen den Berliner und Brandenburgischen Bauordnungen immer größer." So gebe es in Berlin eine Solar- und Dachbegrünungspflicht, in Brandenburg wiederum einen Erschütterungsnachweis, der einem Bauauntrag beigelegt werden muss. Beide Maßnahmen müssen im jeweils anderen Bundesland nicht befolgt werden.

"Schneller-Bauen-Gesetz" ab Dezember

Zudem würde Genehmigunsgverfahren besonders in Berlin nach wie vor zu lange dauern. Erstellungsfristen für Baupläne dauern laut FG Bau in der Hauptstadt aktuell zwischen fünf und acht Jahren. In Hamburg benötige im Vergleich nur rund 1,5 Jahre. "In Hamburg wurden Bearbeitungsfristen eingeführt und man hat die Prozesse durchdigitalisiert", erklärt dazu die Geschäftsführerin der Fachgemeinschaft. Dies wäre auch eine der Forderungen an das "Schneller-Bauen-Gesetz".

Um Planungs- und Genehmigungsprozesse beim Neubau von Wohnungen schneller durchzuführen, beschloss der Berliner Senat im August den Entwurf für ein "Schneller-Bauen-Gesetz". Das Gesetzespaket umfasst mehrere Dutzend Maßnahmen, um bei der Vorbereitung und Umsetzung vor allem von Projekten im Wohnungsbau schneller voranzukommen und soll im Dezember in Kraft treten.

"Aber wenn man die Pressemitteilungen verfolgt, dann sieht man, dass 50 Millionen aus diesem Bereich gestrichen werden sollen", sagt Unranczyk-Siwek, die Folgen für die Umsetzung des Gesetzes befürchtet.

Trendwende frühestens 2025

Experten zufolge dürfte die Bundesregierung ihr Wohnungsbauziel angesichts der Flaute deutlich verfehlen. Sie strebt eigentlich 400.000 Einheiten im Jahr an. "Das aktuelle Niveau der Baugenehmigungen entspricht nur rund 200.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien.

"Eine Trendwende beim deutschen Wohnungsbau ist frühestens im späteren Jahresverlauf 2025 zu erwarten", so Dullien. Dann dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen spürbar gesenkt haben und die gelockerte Geldpolitik auch auf die Baunachfrage durchschlagen.

Die Geschäftsaussichten der Berliner und Brandenburger Unternehmen für das kommende Jahr sind laut Urbanczyk-Siwek bei langem nicht so optimistisch. "Die Situation dauert seit zwei Jahren an und wir gehen davon aus, dass es auch im kommenden Jahr keine Verbesserung geben wird."

Korrektur: In einer früheren Version des Artikels waren die Grafiken falsch beschriftet - es handelt sich um Wohngebäude, nicht um Wohnungen. Wir haben das korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Beitrag von Efthymis Angeloudis, Götz Gringmuth-Dallmer

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