Rund 131 Millionen weniger
Mehr als elf Prozent muss die Berliner Wirtschaftssenatorin in ihrem Ressort einsparen - nicht so viel, wie zunächst befürchtet, aber immerhin rund 131 Millionen Euro. In welchen Bereichen konkret gespart wird und in welchen nicht. Von Sebastian Schöbel
Dass die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey zu den Verliererinnen der Haushaltskürzungen gezählt wird, hat mit ihrem Geschäftsbereich eigentlich gar nichts zu tun. Denn mit der Sozialdemokratin wird vor allem das Aus des von ihr vorangetriebenen 29-Euro-Tickets verbunden. Giffey galt selbst in ihrer eigenen Partei als letzte Verteidigerin des subventionierten Tickets, das nun nicht fortgeführt wird.
Der Haushalt ihrer eigenen Verwaltung stand bei den Sparvorgaben hingegen nicht im Mittelpunkt – dabei hätte es für sie deutlich schlimmer kommen können. Interne Unterlagen aus den Verhandlungen zeigen, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sogar Einsparungen um rund 27 Prozent fürchten musste – so jedenfalls sah nach rbb-Informationen die Forderung der CDU aus. Am Ende sind es 11,4 Prozent geworden, rund 131 Millionen Euro.
Ein großer Teil kommt aus der Abwicklung der Corona-Förderungen, rund 24 Millionen Euro. Dazu gehört das Neustartprogramm, mit dem Unternehmen aus Handel, Tourismus, Gastronomie und Veranstaltungswirtschaft bei der Erholung nach der Pandemie geholfen werden sollte. Eigentlich sollte das Programm weitereinwickelt werden, nun aber wird es deutlich zusammengekürzt. Der Investitionsbonus, der ohnehin nur spärlich abgerufen wurde, und die Liquiditätshilfen, die zur Energiekrise aufgelegt wurden, werden drastisch reduziert.
Schmerzlicher dürfte für Giffey die Einsparungen beim Stadtmarketing sein. Hier werden 5,6 Millionen Euro gekürzt. Die Vermarktung Berlins spielt eine große Rolle für die Bewerbung des Wirtschaftsstandorts. Auch die Tourismus-Agentur des Landes, Visit Berlin, bekommt rund eine Million weniger zur Verfügung gestellt, genauso wie die Förderagentur Berlin Partner.
Dass im Gegenzug die City Tax, die Berlin-Touristen auf jede Übernachtung zahlen müssen, angehoben wird, dürfte zusätzlich für Missstimmung sorgen. "In einer Zeit, in der die Branche immer noch die Auswirkungen der Pandemie und anderer Krisen spürt, setzt diese Maßnahme das falsche Signal", kritisierte Gerrit Buchhorn, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Berlin. Die Hotels der Stadt seien längst noch nicht so ausgelastet wie vor der Krise, die höheren Steuern würden Berlin-Besuche verteuern und zu einem Rückgang der Besucherzahlen führen. Die schwarz-rote Koalition wiederum erhofft sich davon 27 Millionen Euro Mehreinnahmen.
Die Anhebung der Anwohnerparkgebühren hätte allerdings fast genauso viel gebracht, so die Schätzung von Haushaltsverhandlern, die Anhebung der Grundsteuer sogar fast viermal so viel.
Erheblich ist auch die Reduzierung der Mittel für die diversen Innovationsprogramme, hier werden von 46 Millionen Euro 8,5 Millionen gestrichen. Die Digitalprämie für Unternehmen fällt weg, das Kreativfestival findet gar nicht erst statt, und der Fonds für Ökologischen Tourismus wird eingestampft, bevor er starten konnte.
Kahlschlag im Wirtschaftsetat hinterlassen die Kürzungen allerdings nicht. Der 25-Millionen-Topf für den Ausbau von Solaranlagen und Elektromobilität bleibt genauso erhalten wie die Förderung für Gründer und Startups, die Senatorin Giffey so wichtig sind. Auch die Förderung für Frauen in der Wirtschaft geht weiter. Der Meister:innen-Bonus wird eingeführt, und die wachsenden Branchen Games, Virtuelle Effekte und Deep Tech können sich auch weiterhin über finanzielle Unterstützung freuen.
Euphorie kommt in der Berliner Wirtschaft natürlich dennoch nicht auf. "Endlich" habe die Koalition die Einsparungen beschlossen, so IHK-Präsident Sebastian Stietzel. "Die Verzögerung in der Debatte hat in den letzten Monaten für enorme Unsicherheit bei Unternehmen und im gesamten Innovationsökosystem gesorgt." Dass nun viele Investitionen in Wissenschaft, Wirtschaftsförderung und Verkehr ausbleiben müssten, werde "die Wirtschaft weiter belasten".
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.11.2024, 8:45 Uhr
Beitrag von Sebastian Schöbel
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