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Hoch ansteckendes Virus
Krisenstäbe tagen, Labore sind im Einsatz, das Transportverbot wird verlängert - im Fokus steht die Frage: Hat sich das Maul- und Klauenseuche-Virus ausgebreitet? Derweil wurden weitere möglicherweise betroffene Nutztiere getötet.
Nach dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) bei Büffeln im Landkreis Märkisch-Oderland wird der Stopp von Tiertransporten aus und nach Berlin und Brandenburg um zwei Tage bis einschließlich Mittwoch verlängert. Das sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) am Montagnachmittag.
Diese Zeit sei erforderlich, damit alle erforderlichen Untersuchungsergebnisse vorlägen, um die Seuchenlage bewerten zu können. "Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind keine neuen Fälle zu verzeichnen", hieß es weiter.
Zur Eindämmung der Tierseuche hatte die Brandenburger Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD) von Samstag bis Montagnacht - genau für 72 Stunden - bereits ein solches Verbot angeordnet, Klauentiere zu transportieren.
Özdemir bezeichnete diesen Schritt als richtige Maßnahme. "Je entschlossener wir jetzt am Anfang dieser Seuche vorgehen, umso schneller können wir hoffentlich wieder zur Normalität zurückkehren", sagte der Minister nach einem Treffen mit Landwirten in Stuttgart.
Die epidemiologische Lage sei weiter höchst unklar, betonte Özdemir. "Wir haben noch keine Gewissheit, ob es sich bei dem Betrieb in Brandenburg, der Wasserbüffel hatte, um einen einzelnen Betrieb handelt, oder ob es auch andere Betriebe gibt, die davon betroffen sind."
Derzeit werde noch geprüft, ob sich das Virus verbreitet hat. Dazu werden im Landeslabor Berlin-Brandenburg Proben untersucht, die von Klauentieren aus der Zehn-Kilometer-Überwachungszone rund um den betroffenen Betrieb stammen, sagte die Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts, Elke Reinking. Sollten die Proben positiv sein, würden sie zur Abklärung an das Friedrich-Loeffler-Institut als Referenzlabor geschickt. Die Untersuchungen würden sicherlich noch ein paar Tage dauern, so Reinking.
Derweil wurden am Montag weitere Nutztiere getötet. Betroffen war nach Angaben der Landesregierung der Bestand eines Hofes in Schöneiche (Oder-Spree) außerhalb der Radien. Es handele sich um 55 Ziegen und Schafe sowie drei Rinder. Keines der Tiere habe Anzeichen einer Infektion gezeigt, hieß es. Der Betrieb habe aber Heu von dem Hof in Hönow bezogen, in dem die Seuche ausgebrochen ist. Deshalb mussten die Tiere getötet werden.
"Wir wissen nicht, ob das Heu tatsächlich auch das MKS-Virus in sich hatte", sagte Agrarministerin Mittelstädt. Es seien normale seuchenschutzrechtliche Maßnahmen.
Zuvor waren bereits rund 170 Schweine im Landkreis Barnim getötet worden, weil dieser Tierbestand in der Nähe des Ausbruchsorts liegt.
Das MKS-Virus war in Proben von Wasserbüffeln in Hönow nahe Berlin nachgewiesen worden. Der genaue Ursprung des Virus ist weiterhin nicht bekannt, ebenso nicht, wie es in den Tierbestand kam.
Um den Tierhalterbetrieb ist per Allgemeinverfügung ein etwa drei Kilometer großer Schutzkreis sowie eine zehn Kilometer große Überwachungszone eingerichtet worden. Damit überschreiten die Schutz- und die Überwachungszone auch die Kreisgrenzen - somit sind auch der Landkreis Barnim und die Stadt Berlin betroffen [maerkisch-oderland.de]. In der Schutzzone werden alle potentiell betroffenen Tiere kontrolliert, in der größeren Überwachungszone wird nur stichprobenartig kontrolliert. In beiden Bereichen sind Transporte dieser Tiere verboten.
Auch über den möglichen Einsatz einer Impfung gab es noch keine Entscheidung. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) teilte mit, dass ein Impfstoff gegen den spezifischen Stereotyp O des Virus vorhanden sei. Für Impfungen müsse die extra für MKS-Ausbrüche eingerichtete Impfbank aktiviert werden. Aus Sicht des FLI sollte dies sehr frühzeitig erfolgen, beim derzeitigen Geschehen bereits bei einer zweiten betroffenen Tierhaltung, sagte eine Sprecherin des Forschungsinstituts der Deutschen Presse-Agentur. Impfstoffe könnten innerhalb weniger Tage hergestellt werden, hieß es weiter.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geht Brandenburgs Landwirtschaftsministerin Mittelstädt nicht davon aus, dass Impfungen notwendig werden. Wichtigstes Ziel sei, eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Denn es müssten dann auch alle Tiere getötet werden, die mit dem Notimpfstoff behandelt worden sind. "Dementsprechend ist das für uns momentan, zum gegenwärtigen Zeitpunkt, keine Option."
Die Maul- und Klauenseuche ist eine hochansteckende, meldepflichtige Viruserkrankung bei Klauentieren wie Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Auch viele Zoo- und Wildtiere können erkranken. So haben in Berlin der Zoo, der Tierpark und Kinderbauernhöfe vorübergehend geschlossen. Die sehr leicht übertragbare Krankheit verläuft bei den meisten erwachsenen Tieren nicht tödlich, führt aber zu einem lange anhaltenden Leistungsabfall. Behandlungsmöglichkeiten gibt es nicht.
Menschen sind dem Friedrich-Loeffler-Institut zufolge für das MKS-Virus praktisch nicht empfänglich. Auch von pasteurisierter Milch, daraus hergestellten Milchprodukten oder von Fleisch gehe unter den in Deutschland üblichen hygienischen Bedingungen zufolge keine Gefahr aus. Hunde, Katzen und andere Haustiere können in der Regel ebenfalls nicht erkranken.
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) könnte die deutschen Agrarexporte bremsen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht davon aus, dass Ausfuhren von Milch, Milchprodukten, Fleisch und Fleischprodukten in Länder außerhalb der EU kaum mehr möglich sind, wie es am Sonntag mitteilte. Erste Länder zogen bereits Konsequenzen aus dem deutschen Seuchenfall. Südkorea etwa stoppte Schweinefleischimporte aus Deutschland. Die Niederlande verhängten ein landesweites Transportverbot für Kälber.
Der Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, Henrik Wendorff, hat die Politik zur Eile bei der Seuchenbekämpfung gemahnt. Es müssten auf europäischer und Bundesebene schnelle Entscheidungen getroffen werden, sagte Wendorff am Montag dem rbb. Das betreffe beispielsweise die Frage, wie man künftig mit Impfungen umgehe. Die Bauern bräuchten Handel auch über Grenzen hinweg. Die Auswirkungen der Seuche seien bereits jetzt auf jedem Hof in Brandenburg zu spüren.
Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Jetzt zählten Schnelligkeit und Entschlossenheit. Der wirtschaftliche Schaden für die Tierhalter sei erheblich, weil Exportmärkte wegfallen, sagte Rukwied. Man brauche daher auch Lösungen, die die Betroffenen entlasten.
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche hat auch Auswirkungen auf die Molkerei ODW Frischprodukte in Elsterwerda (Elbe-Elster). Von dort dürfen ab sofort keine Produkte mehr in Nicht-EU-Länder exportiert werden. Das sagte der Werkleiter am Montag auf rbb-Nachfrage.
Montagvormittag sei das Unternehmen vom Veterinäramt informiert worden, dass ab sofort und bis auf weiteres keine Veterinärzertifikate ausgestellt werden. Die braucht es für den Export in Drittländer, also nicht EU-Länder. Es ist laut Werkleiter eine Vorsichtsmaßnahme, weil Brandenburg als Region aktuell nicht MKS-frei ist. Die Produktion für Drittländer im Werk müsse daher gestoppt werden. Auswirkungen auf das Personal hätten die Maßnahmen nicht, heißt es.
Auswirkungen des MKS-Ausbruchs machen sich auch beim "Schlachtcenter Perleberg" (Prignitz) bemerkbar. Dort werden in dieser Woche voraussichtlich rund 2.000 Schweine weniger als sonst geschlachtet, teilte ein Unternehmenssprecher am Montagmittag auf rbb-Nachfrage mit.
Denn aufgrund der aktuellen Schutzmaßnahmen darf der Perleberger Schlachthof nicht mit Schweinen aus Brandenburg beliefert werden. Auch würden laut dem Unternehmenssprecher einige Kunden keine zerlegten Schweine aus Brandenburg mehr annehmen.
Im Schlachthof in Perleberg werden durchschnittlich 25.000 Tiere pro Woche geschlachtet.
Die Auswirkungen waren am Montag auch in Berlin zu spüren. Wegen der Maul- und Klauenseuche werden einige Kinderbauernhöfe vorsichtshalber geschlossen. Am Gehege des Tierhofs Alt-Marzahn etwa wurden Schilder angebracht, auf denen wegen der Gefahr für die Tiere darum gebeten wurde, sie weder anzufassen noch zu füttern.
Auch der Tierhof Helle Tierarche in Marzahn-Hellersdorf schloss wegen der Tierseuche. Der Betrieb befindet sich innerhalb der Schutzzone um die betroffene Weide mit den Wasserbüffeln in Hönow. "Wir hoffen, dass wir verschont bleiben", sagte Projektleiter Monty Geiseler. Bislang gehe es allen Tieren gut. Am Freitag war ein Schaf der Tierarche gestorben, wurde anschließend aber negativ auf MKS getestet.
Die Veranstalter der am Freitag in Berlin beginnenden Agrarmesse Grüne Woche kündigten bereits vor einigen Tagen an, auf die Ausstellung von Rindern, Ziegen und Schafen in diesem Jahr zu verzichten.
Westlich von Berlin im Naturschutzgebiet Döberitzer Heide wurden zudem sämtliche Eingänge bis auf Weiteres gesperrt. "Wir appellieren in aller Dringlichkeit an die Bevölkerung, die Döberitzer Heide vorerst nicht mehr zu betreten oder zu befahren und auch die angrenzenden Parkplätze zu meiden", teilte der Leiter der Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide, Peter Nitschke, mit. "Die Maul-und-Klauenseuche ist eine sehr ernste Gefahr für unsere Wisente, Rothirsche und genauso für die vielen Weidetiere unserer Pächter wie etwa Galloway-Rinder, Wasserbüffel, Schafe und Ziegen."
Sendung: rbb24 Inforadio, 13.01.2025, 09:00 Uhr
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