rbb24
  1. rbb|24
  2. Wirtschaft: Aktuelles aus Berlin und Brandenburg
Collage: Patient in einem Intensivbett-Zimmer in einer Klinik / Bauarbeiter bearbeiten Gleise (Quelle: dpa/Matthias Balk/Manuel Kamuf)
Quelle: dpa/Matthias Balk/Manuel Kamuf

Sondervermögen

Brandenburg hofft auf Geld für Kliniken und Bahnausbau

Die Brandenburger Regierung aus SPD und BSW tüftelt gerade am neuen Doppelhaushalt. Den plant sie noch ohne zusätzliche Milliarden vom Bund. In Brandenburg aber haben sie schon Ideen, wo man das Geld am besten investieren könnte. Von Hanno Christ

100 Milliarden für die Bundesländer - das macht für Brandenburg etwa drei Milliarden für die nächsten zehn Jahre, pro Jahr 330 Millionen Euro. So in etwa lautet die derzeit gängige Rechnung von Brandenburger Politikern, wenn man sie nach den Summen fragt, die aus dem auf Bundesebene geplanten 500-Milliarden-Euro-Finanzpaket nach Brandenburg fließen könnten. Vorausgesetzt natürlich, das schuldenfinanzierte Sondervermögen überspringt alle Hürden in Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht. Doch so konkret sind die Beträge noch nicht, genauso wenig wie die Auskünfte von Landespolitikern, wenn man sie fragt, wo genau sie das zusätzliche Geld investieren würden.

Archivbild: Kai Wegner (CDU, l), Regierender Bürgermeister von Berlin, blickt am 21.11.2024 während der 56. Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses zu Stefan Evers (CDU), Berliner Senator für Finanzen, der nach seiner Rede an seinen Platz geht. (Quelle: Picture Alliance/Sebastian Gollnow)

Sondervermögen

Berlin hat Angst vor einem Nullsummen-Spiel

Im Bundestag steht am Donnerstag der von CDU und SPD geplante Dreifach-Milliarden-Wumms auf der Tagesordnung. Das gigantische Finanzpaket verspricht viel Geld für die Bundesländer. Doch in Berlin kommt trotz leerer Kassen keine Feierstimmung auf. Von Jan Menzel

Haushalt unter Sparzwängen

Hinter dem Vorhaben des Bundes stehen noch viele Fragezeichen, aber auch hinter dem Brandenburger Doppel-Landeshaushalt. Die Koalition von SPD und BSW schmiedet gerade ihren ersten gemeinsamen Etat, der vor allem von Sparzwängen infolge von Milliardenlöchern geprägt ist. Kein Wunder, dass die Augen der märkischen Haushälter leuchten, wenn ihnen nun zusätzliche Millionen in Aussicht gestellt werden. Für 2025 stehen dem Land Einnahmen in Höhe von 15,4 Milliarden Euro zur Verfügung, für das kommende Jahr rund 16 Milliarden. 330 Millionen extra sind also nicht die Welt, aber doch genug, um Sparzwänge erheblich zu lindern.

Kai Wegner (l, CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, und Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg (Quelle: dpa-Bildfunk/Monika Skolimowska) Aufgenommen am 12.01.2024

Sondervermögen

Wegner begrüßt Einigung auf neue Schulden - Woidke fordert Reformen

Union und SPD haben sich bei ihren Sondierungen auf Milliardenkredite für Verteidigung und Infrastruktur geeinigt. Berlins Regierender Bürgermeister Wegner begrüßt den Schritt. Brandenburgs Ministerpräsident Woikde will eine Lockerung der Schuldenbremse.

Brücken, Schulen, Krankenhäuser zuerst

Fast alle Parteien sprechen sich für Investitionen in Straßen, ÖPNV, Schulen und Krankenhäuser aus. Die Finanzierung von Krankenhäusern ist eine der größten Baustellen der neuen Koalition. Immer mehr Kliniken arbeiten in der Verlustzone, von derzeit 80 Prozent spricht die Krankenhausgesellschaft. SPD und BSW haben im Koalitionsvertrag zugesagt, alle Krankenhausstandorte zu erhalten.

Die Glaubwürdigkeit dieser Koalition wird vor allem an diesem Versprechen gemessen werden. Jede Klinik, die schließen muss, ist politischer Sprengstoff für das Land. Sollte es also Geld vom Bund geben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in den Tropf für die Krankenhäuser im Land fließen wird. Das frische Geld vom Bund könnte also ziemlich schnell dort versickern, es sei denn die Krankenhausfinanzierung wird nochmal grundlegend reformiert.

Woidke drängt auf mehr Geld für die Schiene

Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Jens Graf, rechnet derweil vor, dass "jeder zweite Euro fehlt". Es bestünde hoher Bedarf an Investitionen in Verkehr, Schulen aber auch in kommunale Schwimmbäder und Sportanlagen.

Der finanzpolitische Sprecher der CDU im Landtag, Steeven Bretz, hofft auf Impulse für die Wirtschaft durch das Sondervermögen. Er hält Investitionen in den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz für drängend.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht sich vor allem dafür aus, das Geld in die Schiene zu stecken. "Ich würde mich freuen, wenn wir beim Ausbau der Bahnverbindungen schneller vorankommen würden. Wir haben hier einen Nachteil im Vergleich zu einem Großteil der westdeutschen Länder. Das behindert uns in der Entwicklung." Und übrigens sei das auch gut für den Klimaschutz, ergänzt Woidke.

Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann fordert, das Geld in den Ausbau von Bahnstrecken fließen zu lassen. Brandenburg dürfe nicht zu einem "Zonenrandgebiet" werden. "Wenn ich mir anschaue, wie schnell man in München ist, wie lange man aber mit dem Zug nach Warschau braucht – ungefähr eine ähnliche Distanz – dann sehe ich Nachholbedarf", so Redmann. Das Land hatte sich in der vergangenen Legislaturperiode ehrgeizige Ziele gesetzt, um den ÖPNV auszubauen, enger zu takten und mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen – am besten mit Berlin zusammen.

Archivbild: Robert Crumbach (BSW), Brandenburger Minister der Finanzen und für Europa am 26.02.2025. (Quelle: dpa/Soeren Stache)

Scharfe Kritik durch Opposition

Brandenburg erwägt Zugriff auf Pensionsfonds wegen Haushaltsloch

Brandenburg muss ein Milliarden-Defizit ausgleichen und sucht dafür nach Mitteln. Die Landesregierung prüfe darum auch die Nutzung von Reserven für die Altersvorsorge von Landesbediensteten, heißt es. Kritik daran kommt von der Opposition.

BSW: Wenn es Geld für Militär geben soll, dann lehnen wir es ab

Beim BSW freuen sie sich über Investitionen, allerdings nicht für das Militär. Der Brandenburger Vize-Ministerpräsident und Finanzminister Robert Crumbach zeigt sich in seiner Haltung kompromisslos: "Wir brauchen nicht mehr Geld für die Bundeswehr. Wir brauchen Investitionen in einen funktionierenden Staat, für ordentliche Straßen, Brücken, Schulen, Krankenhäuser. Das ist das, was wir als Land tatsächlich benötigen."

Und die größte Oppositionsfraktion im Landtag? Die AfD lehnt das Sondervermögen als unnötig ab. Man solle lieber das vorhandene Geld sinnvoller einsetzen und beispielsweise bei Zuwanderern und Geflüchteten sparen, heißt es aus der Fraktionsführung im Landtag.

Bundesrecht soll Landesrecht schlagen

In Brandenburg ist die Schuldenbremse Teil der Verfassung. Für eine Änderung bedürfte es also einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Da die AfD-Fraktion mit ihren Stimmen eine Sperrminorität verfügt, kann sie sich bei Verfassungsänderungen querlegen. Die Urheber des Gesetzesentwurfes im Bund von Union und SPD aber haben bereits einen Schleichweg im Gesetz vorgesehen, denn im Zweifel schlägt Bundesrecht Landesrecht.

So heißt es im Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes zwar, die "nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen". Bereits im Folgesatz aber wird klargestellt: "Bestehende landesrechtliche Regelungen, die hinter der (…) festgelegten Kreditobergrenze zurückbleiben, treten außer Kraft." Im "besonderen Teil" des Gesetzentwurfes heißt es: "Hiermit soll die sofortige und unmittelbare Anwendbarkeit der durch dieses Gesetz veränderten Kreditobergrenzen in allen Ländern ermöglicht werden."

Sollte es Widerstand aus Brandenburg gegen die gelöste Schuldenbremse geben: Rein juristisch dürfte der einen schweren Stand haben.

Beitrag von Hanno Christ

Artikel im mobilen Angebot lesen