Reform von Sicherheitsarchitektur - Berliner Justizsenatorin kritisiert zu viel Bürokratie bei Sicherheitsbehörden

Fr 10.05.24 | 06:56 Uhr
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Archivbild: Felor Badenberg (parteilos), Justizsenatorin von Berlin, spricht bei einer Pressekonferenz zum Abschluss der Justizministerkonferenz. (Quelle: dpa/Skolimowska)
Bild: dpa/Skolimowska

Zu viel Bürokratie und Verwaltung - die Berliner Justizsenatorin fordert, die Arbeit der Sicherheitsbehörden effizienter zu machen. Zum Beispiel geht es darum, wie das Bundesverfassungsgericht vor extremen Kräften geschützt werden kann.

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) hält eine Reform der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Land für erforderlich. "Wir müssen uns fragen, ob unsere Sicherheitsarchitektur noch zeitgemäß ist und ob wir uns so eine Struktur - auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels - erlauben können", sagte Badenberg der Deutschen Presse-Agentur.

Aus Sicht der Justizsenatorin bergen Bürokratie und komplizierte Informationswege die Gefahr, dass der Staat seine Handlungsfähigkeit verliere. "Das Sicherheitsempfinden der Menschen spielt eine große Rolle, wenn es um deren Zufriedenheit und ihr Vertrauen in die Demokratie geht", meinte Badenberg auch mit Blick auf schlechte Umfragewerte für die demokratischen Parteien und den Zulauf für AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). "Sicherheit und Ordnung - das bewegt die Menschen. Und wenn der Staat seinen Schutzpflichten besser nachkommen könnte, dann müssten wir uns diese Gedanken nicht machen", so die Senatorin.

Informationsfluss zwischen Behörden müsse wieder besser werden

Rechtsextremistische Gewalttaten wie die Mordserie der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke oder die Anschläge in Hanau 2020 sowie der islamistische Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz hätten immer offengelegt, dass der Informationsfluss zwischen den Behörden immer wieder besser werden müsse.

"Und was war jeweils die Konsequenz daraus? Die Sicherheitsbehörden haben eine Koordinierungsstelle nach der anderen aufgebaut und das Ganze viel bürokratischer gemacht, als es sein müsste", meinte Badenberg. Als ein Beispiel nannte sie das Cyber-Abwehrzentrum, dem die frühere Vizepräsidentin des Bundesamtes für Verfassungsschutz seinerzeit selbst angehörte. Statt sich auf die operative Arbeit zu konzentrieren, seien die jeweiligen Behörden mit vielen Verwaltungsaufgaben beschäftigt. "Das führt dazu, dass bestimmte Aufgaben nicht mehr gemacht werden können", so die Senatorin. Es gebe ein "Vollzugsdefizit" und dieses trage zur Unzufriedenheit der Menschen bei, weil diese sich die Frage stellten: Warum passiert dort eigentlich nichts?

Insofern sei es höchste Zeit, ernsthaft über die bestehenden Strukturen nachzudenken. "Vielleicht kommt man am Ende zu dem Ergebnis - auch das ist möglich, dass es gut ist, wie es ist. Aber dann hat man sich zumindest mit der Frage beschäftigt", so Badenberg.

Wie kann Bundesverfassungsgericht vor Extremisten geschützt werden?

Beispiel für solche Reformüberlegungen ist für sie die Diskussion, wie das Bundesverfassungsgericht besser vor Extremisten geschützt werden kann. Grund dafür ist die Sorge vor dem wachsenden Einfluss extremer Parteien in Deutschland. Diskutiert wird zum Beispiel, Details zur Wahl und Amtszeit von Verfassungsrichtern nicht nur in einem Gesetz, sondern im Grundgesetz festzuschreiben. So könnte verhindert werden, dass Richter nach einem Regierungswechsel relativ einfach aus dem Amt entfernt werden könnten.

"Ich begrüße es, dass die Politik auf verschiedenen Ebenen im Vorfeld tätig wird und sich Gedanken macht, ob Änderungsbedarf besteht", so Badenberg. Dies sei der richtige Ansatz im Jahr des 75-jährigen Bestehens des Grundgesetzes. "Das Grundgesetz hat uns gut durch die vergangenen 75 Jahre getragen. Aber vieles hat sich verändert", so Badenberg. Die Diskussion darüber, ob das höchste Gericht geschützt werden müsse, zeige dies. "Und da landen wir wieder bei der Sicherheitsarchitektur. Das verwebt sich miteinander - der Schutz des Rechtsstaats durch Gerichte und Sicherheitsbehörden."

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37 Kommentare

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  1. 37.

    Was verstehen Sie denn unter "Medienpräsenz"? Ich jedenfalls meine "Medienpräsenz" als wichtigen Bestandteil rechtspolitischer Arbeit. Für die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit steht daher der Senatorin eine Pressestelle zur Verfügung, die u.a. auch ihre Interviews organisiert. Ihnen ist sicher nicht entgangen, dass wir an dieser Stelle über Ausführungen der Senatorin gegenüber der Deutschen Presseagentur diskutieren. Das unterscheidet sich tatsächlich vom Bühnenspektakel einer "Rampensau".

  2. 36.

    "Hierzu vermisse ich nach einjähriger Amtszeit ihre Medienpräsenz."
    Das ist ja auch eine Senatorin, keine Rampensau.

  3. 35.

    Kibi, Sie sprechen von mangelnder staatlicher Handlungsfähigkeit. Lag es etwa bei den rechtsextremen Verbrechen des NSU wirklich nur daran? Morde geschahen, obwohl 40 V-Leute auf das Trio angesetzt waren, ein Ref.-Leiter des Bundesamtes f. Verfassungsschutz schredderte maßgebliche Akten, dem Untersuchungsausschuss des Bundestags wurden Akten verweigert, das Verfahren vor dem LG München wollte auf die unrühmliche Rolle des Verfassungsschutzes nicht eingehen etc. Alles schon vergessen!

  4. 33.

    Ich finde es sehr gut, dass die Senatorin sich traut, dieses innerbetriebliche Problem deutlich darzustellen, das seinen eigenen Zweck konterkariert.
    Ich kann das bzgl. einer Koordinierungsstelle bestätigen. Vermutlich im Grunde eine gute Idee und einen Versuch durchaus wert.

  5. 31.

    Sind Polizei , Feuerwehr und Sanitäter weniger wert als Politiker??

  6. 30.

    Prozessoptimierung und Vernetzung der Sicherheitsbehörden sind eine gute Idee, denn sie sind jetzt schon oft Handlungsunfähig. Ich habe schon erlebt, wie ein Staat handlungsunfähig wurde und wie alles drunter und drüber ging und nur noch die mit dem spitzesten Ellenbogen und dem größten Mund oder der besten Waffe das Sagen hatten und Gesetze und Recht nur noch auf dem Papier standen. Dann nützt Niemanden mehr sein Freiheitsdenken. Ohne Struktur und Verantwortung ist es nur Willkür und Anarchie.

  7. 29.

    Was Sie wiedergeben ist nur das ewig neoliberale Mantra der Verfechter des schlanken Staates. Belege dafür, eine kritische Auseinandersetzung mit den Gründen, sollte es so sein ... wie immer ... fehlend. Unbelegte Behauptungen halt.

  8. 28.

    Na gut, da haben Sie einen Punkt, würde Lanz sagen! Ich kann mich Herrn lanz in dieser Hinsicht zustimmen, aber Ihnen leider nicht, Steffen.

  9. 27.

    Was soll daran undurchdacht sein? Der Staat soll lenken, indem er Schranken setzt und nicht, indem er selbst vorschreibt. Die Gesetze und Verordnungen sind derweil mit Detailvorschriften derart überbordet, dass sie mehr verhindern, als zu schützen. Wir haben unzählige Vorschriften, die sich gegenseitig widersprechen oder Regeln, die völlig überzogen sind. All das müssen die Verwaltungen in zunehmendem Maße stemmen und müssen doch ständig mit Klagen gegen die Entscheidung rechnen, weil Vorschriften nicht eindeutig sind.

  10. 26.

    Fleißig alles zusammengekratzt...was Sie finden konnten, aber mein Vorschlag: machen Sie es doch selbst!

  11. 25.

    Ich hielte es für angebracht, wenn sich die Justizsenatorin mehr und vor allem konkret zu ihrer unmittelbaren Verantwortung, dem Berliner Justizressort, öffentlich äußern würde. Da wären etwa die 36.840 unbearbeiteten Fälle bei den Berliner Staatsanwaltschaften, die zu prüfenden Akten im Zusammenhang mit der Cannabislegalisierung, die Zustände im Maßregelvollzug, mangelnde Digitalisierung und fehlendes Personal u.a. Hierzu vermisse ich nach einjähriger Amtszeit ihre Medienpräsenz.

  12. 24.

    Bürokratie ist überall zu viel. Der ganze Datenschutz kommt noch hinzu. Dabei wird man am besten vor seinen eigenen Daten geschützt, wo man sich teilweise fragt woher Behörden und Unternehmen die eigenen Daten eigentlich haben

  13. 23.

    Woher haben Sie das? Linientreue ist in der Verwaltung das einzige was wirklich zählt. Ansonsten würde das Leitungsptinzip nicht funktionieren. Warum denken Sie braucht es so lange um einer neue GGO zu verabschieden. Veränderung und Fortschritt bedrohen, insbesondere in Berlin die Behördenkultur. Ambitionierte Politiker werden mit dem Zuständikeitsspiel in einer Saison gefügig gemacht.

  14. 22.

    Leider ist das kein Klischee sondern das was ich jeden Tag im Bereich der politischen und Amtsführung erlebe.

  15. 21.

    So ist es! Es werden für Jedermann offenkundige Probleme angesprochen. Daher wäre es höchste Zeit, statt markiger Worte, einfach mal Taten folgen zu lassen.
    Ich hoffe, dass Frau Justizsenatorin da am Ball bleibt, wenn Sie nicht auch ins Tal der Unglaubwürdigen fallen möchte.

  16. 20.

    Natürlich ist der Extremismus die größte Gefahr und damit niemand Verfassung und GG angreifen kann, müssen wir wahrscheinlich mehr Schutzmechanismen installieren, damit die freiheitlich demokratische GO nicht angreifbar ist, wehrhaft ist. Logisch für unser aller Sicherheit. Die Gefahr von innen und außen ist größer geworden.



  17. 19.

    Linientreue war DDR, das ist lange her und das das hier mit der Gegenwart in einen Zusammenhang gebracht wird, wo verharren Sie und warum bekommen Sie nichts von der Realität um Sie herum mit?

  18. 18.

    Hier ist nur einer unaufgeklärt, der Kommentar. Man kann doch Fakten nicht für eigene Umdeutungen neu definieren. Was bezwecken Sie mit diesem Unsinn? Das ist, gelinde gesagt, faktenfreier Unsinn. Sie wissen das auch, so naiv kann kein Mensch freiwillig sein.

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