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Audio: rbb24 Inforadio | 10.02.2023 | Hendrik Schröder | Quelle: imago images/B.Alfanz

Konzertkritik | Voodoo Jürgens in Berlin

So einen schrägen Vogel wollen die Leute sehen

In Österreich ist Voodoo Jürgens alias David Öllerer mit seinen lustig-tragischen Mundart-Liedern eine große Nummer, aber auch in Deutschland kommt er gut an. Sein Konzert im Festsaal Kreuzberg brauchte aber etwas, um in Fahrt zu kommen. Von Hendrik Schröder

Voodoo Jürgens ist schon rein optisch eine echte Erscheinung. Man kann ihn sich vorstellen wie einen halbseidenen, liebenswerten Autoverkäufer aus den späten 1970ern: Lockenkopf mit angedeuteter Vokuhila, Hemd, Sakko, Goldkettchen. Dünn und schlaksig ist er - und hat den Schalk grinsend im Nacken. Sympathisch-schlitzohrig und mit allen Feuerwassern gewaschen, so kommt er rüber.

Mit einer Art innerer Coolness singt er seine kleinen Lieder, die so oft von etwas merkwürdigen Gestalten und Geschichten handeln. Von Spielern und Zockern, von Trinkern und durchdrehenden Zuckerbäckern und von Nächten, in denen man Tote ausgräbt und sich notfalls selbst applaudiert, wenn es denn kein anderer tun will.

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Rotwein aus der Flasche

Grandios ist auch auch Voodoo Jürgens' fünfköpfige Band. Kontrabass, Tuba, Geige, Trompete, Orgel - was die alles können. Dazu ein Drummer, den es vor Spielfreude kaum auf dem Hocker hält. Fast wie beim Cabaret kommen die Musiker daher, in ihren alten Anzügen - und wenn sie dann zwischendurch unisono "Hihihi" und andere schräge Laute in die Mikros singen.

Voodoo Jürgens trinkt unterdessen zwischen den Songs ordentlich Rotwein und wirkt später durchaus etwas angesoffen (kann aber auch Attitüde sein) und als sein Glas zerbricht, trinkt er aus der Flasche und später aus einem Pappbecher. "So viel Kultur muss sein", sagt er und prostet dem Publikum zu.

Vom Studienabbrecher zur großen Nummer

Voodoo Jürgens aka David Öllerer war zehn Jahre lang mit seiner erfolglosen Garage-Punkband "Die Eternias" unterwegs, machte Gelegenheitsjobs, brach Lehre und später ein Studium ab, sein Vater ist ein Ex-Knacki. Nach vielen Anläufen schaffte Jürgens solo den Durchbruch und landete Nummer-1-Alben in Österreich und bekam Preise und Auszeichnunen.

So könnte man stichwortartig seinen Werdegang beschreiben und das könnte man sich ja für eine Künstlerbiografie kaum besser ausdenken. So einen schrägen Vogel wollen die Leute sehen. Das Publikum jedenfalls hat richtig Bock auf ihn, der Laden ist voll mit Menschen, die größtenteils gar nicht mehr so furchtbar jung sind und trotzdem noch szenig aussehen, doch soll es lange dauern, bis der Abend Feuer fängt.

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Das liegt vielleicht daran, dass Voodoo Jürgens nicht groß mit den Leuten spricht und die Songs nur knapp ansagt und dann wartet, bis der der Drummer soweit ist und es losgeht. Ein echtes Band-zwischen-Bühne-und-Publikum will sich eigentlich erst am Ende des Konzerts knüpfen.

Denn im ersten Teil spielt Voodoo Jürgens das komplette, neue Album "Wie die Nacht noch jung wor" in leicht veränderter Songreihenfolge. Und diese Platte ist einfach nicht so gut. Die zweite Platte "`S klane Glücksspiel" war interessant, die erste "Ansa Woar" der Hammer, aber die aktuelle ist streckenweise ein bisschen langweilig. Und so wird viel getuschelt und gequatscht im Zuschauerraum (eine Unsitte, die gefühlt immer schlimmer wird) - und irgendwie wird gewartet, dass es endlich losgeht.

Trotzdem, das Finale entschädigt und Voodoo Jürgens ist und bleibt ein toller Performer, eine interessante Bühnenpersönlichkeit und vor allem ein echt guter Geschichtenerzähler.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.2.2023, 6 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

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