Kritik | Stomp in Berlin
Koffer, Zeitungen, Besen und Co: Die Klang-Performer von Stomp haben genau das im Gepäck und touren damit weltweit seit 25 Jahren. Am Dienstag war im Admiralspalast Premiere der Jubiläumsshow, Stampfen war dabei längst nicht alles. Von Magdalena Bienert
Die Bühne ist zweistöckig und im roughen Industrie-Look: an Wellblechwänden und Traversen sind verbeulte Verkehrsschilder befestigt, jede Menge Deckel und Plastik- sowie Metalltonnen verschiedener Größen. Man ahnt, was da noch kommt. Doch der Anfang ist erstmal leise, jedes der acht Ensemblemitglieder kommt nacheinander mit einem Besen auf die Bühne und fügt sich dem Rhythmus der anderen ein.
Genug Zeit sich alle anzuschauen: Wer gibt den Ton an? Wer ist der Witzige? Wer der Extrovertierte oder der Schönling? Na endlich, zwei Frauen kommen auch dazu. Wie die Männer tragen auch sie Steppschuhe und aus dem Fegen wird schnell eine tänzerische Performance.
Eigentlich hätten die Stomper bereits im letzten Jahr ihr 25-jähriges Tour-Jubiläum feiern müssen, doch wie vielen machte auch ihnen die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Die Jubiläumsshow startet daher mit einem Jahr Verspätung und aus 25 Jahren wird "Stomp 25 + 1".
Seit der Stomp-Gründung Anfang der 1990er in Großbritannien hat sich einiges getan: Es gibt mehrere Stomp-Gruppen in den USA und Europa und da die wechselnden Truppen eben schon so lange unterwegs sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, sie bereits gesehen zu haben.
"Kennste eine, kennste alle" – der Gedanke liegt bei dieser Art der Performance nahe: Alltagsgegenstände wie Besen oder Streichholzschachteln, riesige Gummireifen und Feuerzeuge werden zu Rhythmusinstrumenten und im Zusammenspiel mit den anderen zu einem Orchester der besonderen Art. Obwohl die Wahl der Klangkörper seit Jahrzehnten nicht geändert wird, ist die Show extrem kurzweilig. Schließlich ist der Cast immer anders und zwei brandneue Nummern gibt es auch, die mit den Rollkoffern zum Beispiel. Und immer wenn man denkt, es hätte sich ausgereizt, entlockt die Gruppe diesem simplen Gegenstand neue Töne und fügt sie geschmeidig zu einem mitreißendem Sound zusammen.
Sound-Genies treffen auf Comedian
Die 100 Minuten vergehen wie im Flug. Das liegt natürlich an den herausragenden Percussionist:innen und aber auch am Australier Angus Little, der weder Tänzer noch Schlagzeuger ist, sondern Stand-Up-Comedian. Er gehört zu den alten Hasen, seit 20 Jahren ist er ein Stomper. Immer wieder sorgt er mit subtilem Humor und schiefen Blicken und Mimiken in seinem grünen, etwas zu kleinen Overall, für Lacher.
Kein Alltagsgegenstand ist sicher
Metall- Spülbecken, Gummirohre oder Zeitungen, selbst Abfall macht Musik. Spannend, was alles welche Geräusche macht. Oder: machen kann. Herausragend sind die Performances auf der zweiten Ebene, wenn die Hälfte an der Wand hängt und präzise wie ein Uhrwerk auf alles trommeln, was dort befestigt ist.
Oder auch das Finale: Das hat eine Wucht, die alle im Admiralspalast in den roten Samt drückt. Was Skischuhe mit Metalltonnen auf sich haben: Schauen Sie es sich an!
Körperliche Höchstleistung einer sehr coolen Truppe, die, man kann es nicht anders sagen: den Rhythmus im Blut hat.
Stomp live ist vom 15. bis 19. März im Admiralpalast in Berlin-Mitte zu sehen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 15.03.2023, 6:55 Uhr
Beitrag von Magdalena Bienert
Artikel im mobilen Angebot lesen