Konzertkritik | Fettes-Brot-Abschied in Berlin
Es ist zum Heulen. Eigentlich. Aber: "Brot weint nicht", sagt das Hamburger Hip-Hop-Trio Fettes Brot in seinem letzten veröffentlichten Song. Zum Abschied geben die drei Rap-Routiniers noch mal alles in der Berliner Max-Schmeling-Halle. Von Magdalena Bienert
Da mussten die Fans wahrscheinlich so manche Träne verdrücken, als Fettes Brot vor sieben Monaten mit dem Song "Brot weint nicht" ihre Auflösung bekannt gaben. Nach 30 Jahren Bandgeschichte macht eines der sympathischsten Trios im Hip-Hop-Zirkus Schluss. "Papa und Papa und Papa trennen sich", haben sie gesagt.
Aber vorher: Abriss, Eskalation, Brot weint doch nicht. Und so beginnt das Konzert in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle mit einem Klassiker von 1996: "Jein".
König Boris, Doktor Renz und Björn Beton stehen auf einem (halben) Schiff, hinter ihnen der Hamburger Hafen, über ihnen eine riesige Möwe. Rechts und links die Band, inklusive DJ und Bläsern. Vor ihnen: 9.000 Fans, die die Arme in die Luft reißen. So viele Erinnerungen an die späten 1990er Jahre und frühen 2000er: Klassenfahrten, Abipartys, Festivals – jetzt haben einige Besucher:innen ihre Kinder dabei.
"Einerseits wollen wir selbst bestimmen, wie wir das Ende gestalten, andererseits haben wir das Gefühl, alles erzählt zu haben", sagte König Boris in einem Interview mit dem NDR zu den Beweggründen fürs Aufhören. Aber der Abschied solle bitteschön an die traditionellen Begräbnisse in New Orleans erinnern: "Ein Trauerzug, der mit Musik durch die Straßen zieht. Traurig und euphorisiert zugleich." Aber sicherlich werde man die drei als Einzelpersonen schon noch mal an der Oberfläche auftauchen sehen, hieß es vieldeutig.
Aber erstmal stehen die "Hamburger Jungs" livehaftig nochmal auf der Bühne und liefern ein zweistündiges Best-Of ab.
Laola-Welle, schunkeln, rhythmisch klatschen, tanzen, springen, wippen, ausrasten – die Brote fragen routiniert das Konzert-ABC ab. In großer Plauderlaune sind sie dabei nicht, auch die Leichtigkeit ist ihnen etwas abhanden gekommen. Bei insgesamt 18 Stadion-Konzerten im Farewell-Modus wahrscheinlich kein Wunder. Auch klingt Björns Stimme deutlich angeschlagen – dennoch geben die Brote alles und werden frenetisch gefeiert.
Und dann, bei heftigem Strobo und purer Eskalation im Innenraum zu "Schwule Mädchen" und "Bettina, zieh dir bitte etwas an", da weiß man: Es ist ok, Fettes Brot nun in Liebe ziehen zu lassen. Danke für alles.
Als Rausschmeißer ertönt nicht zufällig Vicky Leandros mit "Ich liebe das Leben". Darin heißt es: "Das Karussell wird sich weiterdrehen, auch wenn wir auseinander gehen".
Am 1. + 2. September spielen Fettes Brot dann wirklich ein allerletztes Mal auf der Trabrennbahn Hamburg zwei Konzerte.
Sendung: rbb24 Inforadio, 28.04.2023, 07:00 Uhr
Beitrag von Magdalena Bienert
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