Akademieorchester mit Premiere im Boulezsaal
Seit acht Jahren können junge Musiker - meist aus dem Nahen Osten - in Berlin an der Barenboim-Said-Akademie Musik studieren. Jetzt tritt das Akademie-Orchester erstmals auf. Am Pult steht dabei der Gründer der Akademie: Daniel Barenboim. Von Maria Ossowski
Überall in der Barenboim-Said-Akademie hören die Studentinnen und Studenten Aufnahmen von Mozarts Sinfonia Concertante oder der Schubert-Sinfonie Nr. 3. Samstagabend werden sie zum allerersten Mal gemeinsam vor Publikum spielen, als Hochschulorchester. Die iranische Schlagzeugerin Roshanak Rafani ist mit dabei, und gibt zu, begeistert und aufgeregt zu sein - wie alle, die teilnehmen: "Aber das ist eine positive Sache, weil im Boulez Saal sitzt das Publikum ja rundherum, jeder kann dich von einer anderen Seite sehen, da ist man ein bisschen nackt und das ist etwas sehr Spezielles für alle hier. Das mit dem Maestro zu teilen, das ist etwas sehr Besonderes für uns alle."
Daniel Barenboim hat sich als Generalmusikdirektor, aber auch als Dirigent in der Staatsoper weitgehend zurückgezogen. Umso mehr lehrt er an der von ihm gegründeten Akademie, mindestens zwei Mal die Woche.
Somit kennt Barenboim die meisten Studierenden und hat bereits mit ihnen gearbeitet. Dekan der Hochschule ist Michael Barenboim, sein Sohn. Er spielt in der Sinfonia Concertante als Solist die Bratsche: "Die Geige spielt einer unserer Alumni, Yamen Saadi, der jetzt Konzertmeister an der Wiener Staatsoper ist. Das ist eine tolle Geschichte für uns und deswegen haben wir auch gleich an ihn gedacht für unser erstes Konzert. Er hat hier studiert und geht nun das erste Mal mit uns auf die Bühne, mit unserem Orchester, meinem Vater und mit mir."
Yamen Saadi stammt aus Nazareth. Die meisten der 75 Studierenden sind im Nahen Osten großgeworden. Hier, an der Barenboim-Said-Akademie lernen sie nicht nur ihr Instrument, sondern auch Geschichte, Philosophie, Literatur und sie lernen, einander bei ganz unterschiedlichen politischen Positionen zuzuhören. Auch deshalb ist das Musizieren im Orchester besonders wichtig, so Michael Barenboim: "Wenn Sie alleine in ihrem Übungszimmer sind, passiert ja nichts, kein Dialog, keine Verständigung. In der Kammermusik und auch im Orchester passiert genau das, was wir sehen wollen in praktischer Hinsicht. Das ist ganz wichtig."
Aus allen vier Jahrgängen ist das Orchester der vergleichsweise jungen Hochschule besetzt. Farah Sulaiman aus Damaskus studiert im zweiten Jahr Querflöte und ist - natürlich - aufgeregt: "Das ist das erste Mal überhaupt, dass ich mit dem Maestro spiele. Wenn ich mir überlege, dass über 40 Jahre, die größten Musiker:innen der Welt unter seinem Taktstock gespielt haben, dann ist es fast surreal, dass ich diese Erfahrung machen darf." Dankbar sei sie und glücklich und sie betont, dass für sie und ihre Mitstudierenden "das alles nicht selbstverständlich sei: "Jedes Mal, wenn wir im Boulez-Saal üben dürfen, sind wir überwältigt."
Das Konzert ist nahezu ausverkauft. Es wird der erste Auftritt dieses Orchesters sein, aber, so Michael Barenboim, hoffentlich nicht das letzte. Und der Sohn hofft, dass sein Vater weiterhin das Orchester leiten wird: "Er hat gerade die Berliner Philharmoniker, die Staatskapelle und in der Scala dirigiert, und jetzt kommt er hierher. Wir müssen es so gut machen, dass er es gerne wieder macht. Das ist das Allerwichtigste. Es ist für uns ein Geschenk, und wir sollten das Beste daraus machen."
Sendung: rbb24 Inforadio, 08.04.2023, 09:50 Uhr
Beitrag von Maria Ossowski
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