Konzert | Eagles of Death Metal im Berliner Huxleys
Die Eagles of Death Metal starteten als Rockband-Persiflage, überlebten die Terroranschläge in Paris und machten sich mit politisch konservativer Haltung nicht nur Freunde. Ihr Konzert in Berlin am Dienstag strahlte allerdings vor allem Leichtigkeit und Freude aus. Von Hendrik Schröder
Frontmann, Mastermind, Mittelpunkt und einziges verbliebenes Gründungsmitglied der Eagles of Death Metal ist Jesse Hughes. 50 Jahre ist er mittlerweile alt, groß ist er - und drahtig. Der Sänger und Gitarrist. Und im Nebenberuf auf jeden Fall Komiker.
Er steht in einem blauen Overall auf der Bühne, den Reißverschluss hat er fast bis zum Bauchnabel offen, Goldkettchen, weiße Doc Martens und einen riesigen, buschigen Schnauzbart im Gesicht. Den hat er schon getragen, als das noch ein Erkennungszeichen von Truckern und Fußballtrainern war. Er macht diese absichtlich völlig beknackten, sich selbst verrenkenden Tanzschritte, beugt sich immer wieder zum Publikum runter, spricht diesen und jenen mal an und grinst dabei quasi ohne Unterlass wie beim Kindergeburtstag. Man denkt: Der würde auch als eine Art US-Version von Helge Schneider in Rock'n'Roll statt Jazz durchgehen.
Die Eagles of Death Metal waren seit ihrer Gründung Ende der 1990er Jahre immer schon beides: Eine Art Persiflage auf sämtliche Rock-Klischees und gleichzeitig eine wahnsinnig gute Rockband. Es dauert auch an diesem Abend nur ein paar Minuten und die geschätzt 600 Fans im Huxleys sind gut angezündet. Mit "I only want you" spielen sie gleich an zweiter Stelle einen der Hits und die Menge tanzt sich warm. Kurze Zeit später ist dann auch der anfangs doch sehr schreiende Sound ok. Die Eagles of Death Metal haben keine neue Platte draußen, keine neuen Songs und rocken sich einfach durch ein Best of ihrer vier Alben und eine Bowie-Coverversion. Und wie.
So leichtfüßig und trotzdem so rasant tänzeln sie quasi durch den Abend. Es gibt Rockbands, da hat man das Gefühl, denen schaut man bei der Arbeit zu, so sehr ringen sie sich jeden Akkord und jeden Song Abend für Abend ab. Das kann auch etwas sehr Erfüllendes haben, aber bei den Eagles of Death Metal sieht es aus, als würden sie das alles mal eben nebenbei machen. Was einem natürlich umso mehr auffällt, als dass man weiß, dass die Band bei den Terroranschlägen 2015 in Paris auch hätte draufgehen können. Sie standen auf der Bühne, als die Attentäter den Musikclub Bataclan stürmten und 90 Menschen töteten. Die Band flüchtete durch den Hinterausgang. Dass sie, wenn auch in neuen Besetzungen, überhaupt wieder auf die Bühne gefunden haben, dass sie sich, zumindest in der Musik und der Performance, diese Leichtigkeit bewahrt haben, fast immer gepaart mit Geschwindigkeit, das ist schon ein Verdienst an sich.
Schlagzeugerin Leah Bluestein donnert ein derbes, völlig schnörkelloses Brett in den Saal, die Gitarren schieben sich darauf, Bassistin Jennie Vee (die ganz in schwarz mit Sonnenbrille, Hut und endlos langen blonden Haaren aussieht wie ein ätherisches Wasserwessen aus einer anderen Welt) knarzt einen derbe angezerrten Bass dazu, dass die Ohren klingeln.
Immer mal wieder quatscht sie zwischendurch Sänger Jesse an, zeigt ihm offenbar diesen und jenen Fehler beim Spielen oder an seinem Outfit auf. Ein Running Gag offenbar, der den Frontmann noch breiter grinsen lässt. Ernsthafte Ansagen macht Jesse kaum, meistens ruft er Sachen wie: "Is everybody having a good time"? Oder er lässt Frauen gegen Männer kreischen oder er erzählt Fantasy-Storys oder wie gut ihm die Partys in Kreuzberg gefallen. Es ist auch egal, was genau er sagt, der Typ hat so viel Power und Adrenalin und Witz, der könnte Legosteine aufbauen und es wäre noch irgendwie cool und sehenswert.
Wenn man diesen wilden Haufen von Band und diesen gut gelaunten und so herzlichen, lustigen Sänger so sieht, kann man eigentlich kaum glauben, dass selbiger politisch den ganz rechten US-Republikanern nahesteht, Abtreibungsgegner ist, Waffenfreak, Verteidiger des Irakkriegs, durch muslimfeindliche Sprüche auffiel. Nicht wenige haben die Band deswegen für sich gestrichen und gehen nicht mehr hin. Das ist nachvollziehbar und legitim. Verpasst haben sie trotzdem eine richtig gute Rock'n'Roll-Show mit viel Herzblut und Leidenschaft.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.07.2023, 8 Uhr
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