Eckpunktepapier vorgestellt
Gegenüber vom Reichstag soll es entstehen, das Deutsch-Polnische Haus, eine Erinnerungs- und Begegnungsstätte. Noch ist die Wiese grün. Am Dienstag wurden aber erste Projektdetails präsentiert. Von Maria Ossowski
Bislang gab es nur einen Bundestagsbeschluss von 2020 und ein Konzept für das Deutsch-Polnische Haus. Im neuen Eckpunktepapier äußern sich die Verantwortlichen nun ein kleines bisschen konkreter.
Zunächst beschreibt Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, die Ziele. Ihr Staatsministerium ist federführend und wird auch für die Finanzierung zuständig sein.
"Das deutsch-polnische Haus ist eines der wichtigsten Erinnerungs- und kulturpolitischen Projekte Deutschlands", erklärt sie. "Ein Ort der Begegnungen und Auseinandersetzungen mit der Geschichte soll er sein, der uns Deutsche mit Polen zusammenbringt."
Der Überfall auf Polen am 1. September 1939 und die Geschichte der Opfer sollen im Zentrum der Dauerausstellung stehen. Das Deutsche Polen-Institut und das Auswärtige Amt sind beteiligt, ebenso die Stiftung Denkmal für die Ermordeten Juden Europas und deren Direktor Uwe Neumärker. "Es geht um Gedenken, Erinnerungszeichen und historische Informationen, um Begegnung, Bildung und Verständnis", sagt Neumärker.
Der polnische Botschafter Dariusz Pawloś war bei der Präsentation des Eckpunktepapiers im Bundeskanzleramt zugegen. Ein gutes Zeichen angesichts der angespannten deutsch-polnischen Beziehungen. Auch wenn Deutschland das deutsch-polnische Haus finanzieren wird, ist es, so Uwe Neumärker, ein Gemeinschaftsprojekt. Es ginge nicht darum, dass Deutsche etwas über Polen erzählen, sondern die gemeinsame Erzählung sei wichtig, eine gemeinsame Diskussion und gemeinsame Fragen und hoffentlich Antworten. "Die Institution soll Versöhnung weiter pflegen, in dem sie Wissen vermittelt."
Ein Haus der Empathie, so nennt es der Direktor des Deutschen Polen-Instituts, Peter Löw. "Das Wissen um die polnische Geschichte ist bei uns weniger vorhanden als das Wissen der Polen um unsere Geschichte. Oft wird in Deutschland nach wie vor der Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 verwechselt mit dem Warschauer Aufstand 1944". Neumärker nennt das Haus ein "Labor der Freundschaft" im gemeinsamen Europa.
Das Haus soll westlich gegenüber vom Reichstag entstehen, heute ist dort nur eine grüne Wiese im Tiergarten. Dort stand einst die Krolloper als formaler Ersatz des abgebrannten Reichstages, um Hitlers Diktatur durch ein sogenanntes Parlament aus NSDAP-Abgeordneten zu legitimieren. In dieser Krolloper, in den letzten Kriegsjahren völlig zerstört, hat Hitler den Überfall auf Polen vor 84 Jahren bekannt gegeben.
Claudia Roth berichtet, wie wichtig solche Orte und Daten für ihre polnischen Gesprächspartner seien. Deswegen würden auch auf höchster Ebene Gespräche mit Berlin geführt "um die Krolloper weiter zu fixieren".
Viele Fragen sind aber auch nach diesem Termin noch offen: Wann es einen internationalen Wettbewerb für die Architektur und das künstlerische Gedenkzeichen geben wird zum Beispiel und wie sich die Ausstellung im deutsch-polnischen Haus vom zu gründenden Dokumentationszentrum besetztes Europa abgrenzen soll. Ebenso die Frage: Wie viel soll das Projekt kosten?
Bislang hat die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien 350.000 Euro für Jugendideenkonzepte und eine Million für den Realisierungsvorschlag bereit gestellt. Im Frühjahr 2024 wird sie hoffentlich einen konkreteren Realisierungsvorschlag präsentieren. Einen Zeitpunkt, wann das Haus besucht werden kann, wagte in diesem Frühstadium jedoch bislang niemand zu nennen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 29.08.2023, 18:31 Uhr
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