#musikistkeinhobby | Produzentenduo Modha
Max und Dhanya vereinen zwei Dinge: Sie lieben dieselbe Musik und in ihren Familien sind Angststörungen und Depressionen ein Thema. Darüber haben sie ein Album gemacht und gemerkt: Es geht auch anderen wie uns. Von Hendrik Schröder und Christoph Schrag
In der rbb|24-Reihe #musikistkeinhobby treffen Hendrik Schröder und Christoph Schrag jede Woche Musiker:innen aus der Region, die gerade auf dem Sprung nach oben sind - und ihre ganz besondere Message und Geschichte erzählen.
Max: Ich bin Max, 33 Jahre, Musiker und Produzent. Ich komme aus einer Musikerfamilie. Meine Mutter ist Sängerin, mein Vater Gitarrist, meine Tante ist Jazzpianistin. Ich saß schon mit drei Jahren am Klavier, das bei uns im Kinderzimmer stand. Es war also eigentlich immer klar, dass ich mal etwas mit Musik machen werde. Nach der Schule bin ich dann von Limburg nach Berlin gezogen, weil man da einfach hinmusste, wenn man Musik machen will.
Mittlerweile bin ich da ziemlich breit aufgestellt. Ich komponiere Filmmusik, mache aber auch Musik für Werbung, arbeite als Mischer, habe ein eigenes Tonstudio und unser Duo Modha natürlich.
Dhanya: Ich bin Dhanya, komme gebürtig aus Freiburg und bin seit acht Jahren in Berlin. Aufgewachsen bin ich mit Rockmusik, die im alten VW Bus meiner Eltern lief. Mit sechs Jahren habe ich schon angefangen, Schlagzeug zu spielen. Nach der Schule habe ich in Freiburg Jazz studiert. Nach zweieinhalb Jahren habe ich das aber abgebrochen, weil ich mich da künstlerisch einfach nicht mehr weiterentwickeln konnte. Es gab in Freiburg auch keine richtige Szene, also musste ich auch nach Berlin. Hier habe ich dann erst mal als DJ unter anderem im Watergate und in der wilden Renate aufgelegt.
Max und ich haben uns dann bei einer Tour kennengelernt, bei der wir beide als Begleitmusiker gebucht waren. Wir beide mochten die Musik, die wir da gespielt haben eigentlich gar nicht und haben das nur als Job gemacht. Wir mochten aber uns und haben die Freizeit neben den Auftritten zusammen verbracht. Nach der Tour haben wir dann angefangen, zusammen die Musik zu spielen, die wir richtig mögen. Das war der Anfang von unserem Duo Modha.
Max: Dabei hat uns beide besonders das Thema "Mentale Gesundheit", also Mental Health verbunden - auch, weil wir beide immer wieder damit zu tun hatten. Depressionen und Angstzustände spielen in unseren beiden Familiengeschichten eine Rolle. Da wir ziemlich schnell sehr viel Vertrauen zueinander hatten, haben wir in unseren Sessions oder beim Komponieren auch über unsere Probleme geredet oder darüber, was uns beschäftigt hat. Als wir dann an unser erstes Album gegangen sind, kam der Gedanke auf, ob wir nicht das Thema mentale Gesundheit in einen musikalischen Kontext setzen könnten.
Dhanya: Ich würde sogar sagen, dass es noch einen Schritt davor gab. Wir haben uns früh die Frage gestellt, was in unserem Leben eigentlich los ist. Es ist ein essenzieller Teil von Musik- und Kunstmachen, sich mit dem auseinanderzusetzen, was einen wirklich beschäftigt. Das hatte dann schnell eine ganz andere Tiefe. Aus diesen Gedanken ist das entstanden. Wir wollten wirklich was Elementares erzählen.
Max: Wir wissen auch, dass viele Musiker mit dem Thema Angststörungen und Depressionen zu tun haben. Musiker zu sein, heißt oft, viel zu arbeiten und wenig Geld zu haben. Man muss ja auch mal sagen, dass diejenigen Musiker, die man am Ende in der Öffentlichkeit sieht und wahrnimmt, nur ein Bruchteil von denen sind, die versuchen, es zu schaffen. Der überwiegende Teil der Musiker strengt sich wahnsinnig an und stellt am Ende fest: Es kommt nichts dabei rum. Das ist natürlich ein Motor für mentale Probleme.
Dhanya: Das Thema "Mental Health" haben wir dann als Roten Faden für unser erstes Album gesetzt. Dadurch haben wir uns selbst auch für andere geöffnet und konnten nach und nach andere Leute in die Produktion holen. Man muss ja sagen: Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, definieren uns selbst und beurteilen auch andere danach, was man erreicht. Als Musiker muss man immer 200% geben und bekommt oft doch wenig zurück. Da entsteht das meiste aus der Leidenschaft. Dafür braucht man aber einen sehr langen Atem und das kann einen ganz schön runterdrücken.
Max: Wir sehen aber, dass die Gesellschaft insgesamt ein Problem hat, weil viele Werte an Leistung geknüpft sind. Wenn man mal in eine psychiatrische Klinik geht und Menschen sieht, die in das System nicht mehr reinpassen, die nicht mehr leisten können, dann sieht man was für ein gesellschaftliches Abstellgleis das ist. Und das ist doch falsch.
Dhanya: Die Musik ist ein Ort, an dem man viel rauslassen oder sich zurückziehen kann, das ist schon eine Form der Selbsttherapie. Wir haben durch die Musik auf jeden Fall einen Weg gefunden, solche Dinge zu thematisieren.
Max: Wir wollten bei dem Album die Produzenten sein und viele verschiedene Künstler und Künstlerinnen zu Wort kommen lassen. Wir hatten erst Sorge, dass bei dem Thema viele abwinken und sich dazu nicht äußern wollen, aber das Gegenteil war der Fall.
Dhanya: Wir hatten einige Gastsängerinnen, die auch ihre eigenen Texte mitgebracht und einige Solisten, die dann an ihre instrumentalen Parts beigesteuert haben. Am Ende waren 12, 13 Leute beteiligt, die auch alle zusammen beim Release-Konzert auf der Bühne gestanden haben. So sollte es sei. Modha war nie gedacht als Projekt nur von uns beiden, sondern als Schmelztiegel für viele verschiedene Künstlerinnen und Künstler.
Max: Wir haben sogar für einen Kurzfilm zu dem Album einen Fragebogen erstellt und dann alle zusammen über Skype über die Dinge geredet. Dabei haben wir viel über uns und über die anderen gelernt, was sehr heilsam war. Da ist ein großes Gefühl davon entstanden, dass man mit diesem Thema nicht alleine ist.
Dhanya: Für den Kurzfilm haben wir die Gespräche und die Inhalte der Songs aufgegriffen. Wir wollten dafür nichts konstruieren, sondern dokumentieren, was uns und den anderen wirklich passiert ist: Das sind Begegnungen mit psychisch kranken Familienmitgliedern und Zustände von Depression und Hilflosigkeit. Auch das Gefühl, dass man erstickt unter der Last, die man zu tragen hat. Aber trotzdem will man auch helfen und liebe Personen nicht aufgeben.
Max: Das pathetische Bild vom Künstler, der sich leidend in seinen Emotionen suhlt, liegt uns aber eher fern. Es geht, wie gesagt, eher darum, authentisch von dem zu reden, was einen wirklich beschäftigt.
Beitrag von Hendrik Schröder & Christoph Schrag
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