Neubau der Berliner Zentral- und Landesbibliothek wird zur Hängepartie
Seit 2015 ist verabredet, die beiden Standorte der Berliner Zentral- und Landesbibliothek zusammenzuführen. Dafür soll ein Neubau in Kreuzberg entstehen. Pläne für einen Architekturwettbewerb sind nun aber gestoppt. Von Kirsten Buchmann
Es ist warm in der Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg. Dabei sind die weißen Vorhänge an der Glasfassade des 1950er Jahre-Baus zugezogen, die Eingangstüren stehen offen. Doch die Klimaanlage funktioniert nicht. Volker Heller, Generaldirektor der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), findet klare Worte, was den Zustand der Gebäude angeht. Die Betriebstechnik in den alten ZLB-Bauten sei so verrottet, "dass es eine unglaubliche Zumutung nicht nur für die Sicherung unserer Sammlung ist, sondern auch für die Nutzer im Betrieb und für unser Publikum".
Mit Gummistiefeln in den Keller
Am zweiten Bibliotheks-Standort Breite Straße in Mitte funktionieren Aufzüge nicht. Immer wieder können Besucher-Toiletten nicht genutzt werden. Regen dringt durch die Fenster ins Erdgeschoss. Durch Kellerräume, in denen Bücher und Schallplatten lagern, musste Heller bereits in Gummistiefeln waten. Ihm ist die Enttäuschung darüber anzusehen, dass in diesem Jahr nun doch kein Geld fließen soll, um den geplanten Architekturwettbewerb für einen Neubau am Kreuzberger Blücherplatz zu starten.
Für die ZLB sowie ihre Nutzerinnen und Nutzer sei das eine Katastrophe, sagt Heller. "Wir havarieren uns seit Jahrzehnten durch den Betrieb mit immer wieder neuen Problemen mit maroden Gebäuden und vor allem maroder Betriebstechnologie – immer mit der Hoffnung darauf, dass es endlich einen Neubau gibt."
Wahlkampf mit Bibliotheksversprechen - Koaltion dann ohne weitere Pläne
Die jetzige Regierungspartei CDU hatte sich zwar in ihrem Wahlprogramm zum Ausbau der ZLB am Standort der Amerika-Gedenkbibliothek bekannt. Die Planung hierfür müsse beschleunigt und die bauliche Umsetzung in dieser Legislaturperiode mindestens begonnen werden. Doch in ihrem Koalitionsvertrag mit der SPD ist davon keine Rede mehr.
Der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Robbin Juhnke, spricht von einer kulturpolitischen Notwendigkeit für den Neubau, verweist zugleich aber auf die Kosten von rund 500 Millionen Euro: "Auf der Fachebene sind wir uns relativ einig, dass wir diese Vorhaben realisieren wollen", sagt Juhnke. "Aber wir müssen sehen, ob wir das finanzieren können."
Die Senatskulturverwaltung bezeichnet den Neubau und den Bedarf der ZLB als "unbestritten". Die Relevanz der bisherigen Planungen für die Baumaßnahme seit dem Jahr 2015 werde nicht in Frage gestellt. Alternativstandorte wie das ICC oder der Flughafen Tempelhof kommen aus Sicht der Verwaltung nicht im Betracht.
Dass die Planungen auf Eis liegen, führt die seit der Wiederholungswahl nun CDU-geführte Kulturverwaltung auf den rot-grün-roten Vorgängersenat zurück. Den De-Facto-Stopp sieht sie als eine Folge eines Senatsbeschlusses vom September vergangenen Jahres von Seiten der Vorgängerregierung, durch den "keine Mittel für weitere Planungen zur Verfügung" stünden.
Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der oppositionellen Grünen, Julian Schwarze, widerspricht. Im Gegensatz zu den Aussagen der Kulturverwaltung habe der rot-grün-rote Vorgängersenat in der Finanzplanung beschlossen, dass Geld dafür bereitgestellt werde: "Dieser Schritt muss erfolgen, wie es der letzte Senat verabredet hat und wie es die Stadt auch benötigt, denn dieser Standort und die Erweiterung sind zwingend nötig.“ Die Bauverwaltung – nach wie vor in SPD-Hand – müsse den Architekturwettbewerb starten, es sei ihre Aufgabe.
Neubau dauert Jahre
ZLB-Generaldirektor Heller gibt sich weiter optimistisch, was die Erweiterung an der Amerika-Gedenkbibliothek angeht - wobei ihm bewusst ist, dass für den Neubau in langen Zeiträumen zu rechnen ist: "Es dauert ohnehin noch sechs bis acht Jahre, bis wir die Bibliothek eröffnen können." Die Provisorien in den beiden bestehenden Gebäuden werden sich nicht ewig fortsetzen lassen. Ersatzteile für Jahrzehnte alte Klima- und Aufzugstechnik sind schon jetzt schwer zu beschaffen.