Berliner Kultursenator
Kultursenator Chialo treibt den vorgeschlagenen Umzug der Berliner Zentral- und Landesbibliothek in die Friedrichstraße voran. Mit dem Besitzer des Quartiers 207, in dem noch die Galeries Lafayette Mieter sind, verhandelt er schon über einen Kaufpreis.
Der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat sich erstmals zu möglichen Kosten für einen Umzug der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) an die Friedrichstraße geäußert. Einem ersten Angebot zufolge beliefen sich die Kosten für den Kauf des Gebäudes Quartier 207 und den Einzug der Bibliothek auf rund 589 Millionen Euro, sagte Chialo am Montag im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.
In dieser Höhe habe der Gebäudeeigentümer, das US-Unternehmen Tishman Speyer, ein erstes Kaufpreisangebot unterbreitet, so Chialo. Es setze sich aus dem Grundstückswert, dem Gebäudewert und der Finanzierung zusammen.
"Ich betone, dass in diesem Angebot auch die Kosten für die bauliche Herrichtung zur Umnutzung des Hauses als ZLB bereits enthalten sind", sagte der Kultursenator. Es sei ein erstes Angebot, das noch "komplett unverhandelt" sei. Die Kaufpreisermittlung des Angebotes beruhe auf der Annahme eines Verkaufs.
Kritische Nachfragen im Ausschuss kamen vor allem vom Koalitionspartner SPD - etwa zur baulichen Substanz oder zu Angeboten von anderen Akteuren. Auch bei der Finanzierung zeigte sich die SPD skeptisch. "Wenn ich mir beispielsweise die vom Finanzsenator vorgelegte Investitionsplanung anschaue, sehe ich da keinen Platz für die ZLB, die ist nicht vorgemerkt", sagte die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion, Melanie Kühnemann-Grunow, im rbb mit Blick auf den Doppelhaushalt 2024/25.
Kultursenator Chialo will bereits im nächsten Jahr mit Tishman Speyer handelseinig werden, Haushaltsgeld soll aber erst später fließen. Erst im Doppelhaushalt 2026/27 soll der ZLB-Unmzug finanziell zu Buche schlagen, erklärte er im Kulturausschuss. Woher in der Zwischenzeit die notwendigen finanziellen Mittel kommen sollen, sagte er in der rbb24 Abendschau auch auf mehrfache Nachfrage nicht.
Für die Zentral- und Landesbibliothek wird seit Jahren ein neuer Standort gesucht. Die beiden Standorte am Blücherplatz und in der Breiten Straße sind zu klein geworden und haben zudem dringenden Sanierungsbedarf. Unter anderem war ein Neubau im Gespräch, für den zuletzt rund 500 Millionen Euro veranschlagt wurden. Auch der ehemalige Flughafen Tempelhof sowie das Internationale Congress-Centrum (ICC) wurden als neue ZLB-Standorte diskutiert.
Chialos Ansicht nach ist das Quartier 207 an der Friedrichstraße, in dem unter anderem das Kaufhaus Galeries Lafayette untergebracht ist, am besten geeignet. Der Mietvertrag für die französische Kaufhauskette endet dem Eigentümer zufolge Ende 2024.
Die geladenen Experten sprachen sich im Kulturausschuss am Montag allesamt für das Projekt aus. Der Direktor der Stiftung ZLB, Volker Heller, sieht in der Gebäudeumnutzung des Quartiers 207 den Vorteil, dass es keinen Interimsstandort brauche. Sollte der Standort am Blücherplatz ausgebaut werden - so wie es zuvor diskutiert worden war - müsste der Standort der ZLB in der Zwischenzeit über Jahre schließen und ein neuer gefunden werden. Berlins Zentralbibliothek nachhaltig und schnell für die Bürgerinnen und Bürger zu realisieren, wäre auch ein Zeichen für die Zukunftsfähigkeit der Stadt, so Heller.
Auch der Wissenschaftler im Bereich Bibliotheksmanagement an der Humboldt-Universität, Jonas Fansa, zeigte sich vom Quartier 207 als neuen ZLB-Standort überzeugt. Das Gebäude sei sehr gut geeignet für eine Bibliothek. Positiv sieht er auch die Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Begeistert von der Idee des Umzugs der ZLB ins Quartier 207 schien die Linke. Auch von den Grünen sowie von Chialos eigener Partei gab es Unterstützung für den Vorschlag.
Die Galeries Lafayette planen allerdings nicht, das Kaufhaus in der Friedrichstraße in Berlin aufzugeben. Man verhandele mit Eigentümer Speyer über die Weiterführung des Mietvertrages, der Ende 2024 ausläuft, teilte das Unternehmen Anfang September auf rbb-Anfrage mit. Zum Stand der Verhandlungen könne man derzeit keine näheren Angaben machen.
Eigentümer Tishman Speyer hatte hingegen erklärt, dass der Vertrag mit dem Lafayette eine feste Laufzeit bis Dezember 2024 habe. "In unserem laufenden Austausch mit Galeries Lafayette war nie die Rede von einer Verlängerung oder einem Verlängerungswunsch von Galeries Lafayette über das Jahr 2024 hinaus und unsere Pläne für das Objekt basierten immer auf diesem klaren Verhältnis." Der US-Investor hatte das Quartier 207 Anfang 2022 gekauft, der damalige Kaufpreis betrug laut dem Branchenverband Zentraler Immobilien-Ausschuss rund 300 Millionen Euro.
"Der Beschluss, dass Galeries Lafayette auszieht, das wurde uns konkret vermittelt", sagte Chialo am Montag im Ausschuss. "Wir haben mit unserem Handeln nicht dazu beigetragen, dass die Galeries Lafayette auszieht. Das war bereits beschlossene Sache." Wohin das Kaufhaus umziehen würde, sei Chialo nicht bekannt. Galeries Lafayette und die US-Firma äußerten sich dazu auf Anfrage am Montag zunächst nicht.
Sendung: rbb24 Abendschau, 25.09.2023, 19:30 Uhr
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