Drehort an der Elbe
Einst punktete Wittenberge bei Filmproduktionen mit bröckelndem Nachwende-Charme – jetzt ist alles saniert und die Filmteams sind abgezogen. Die Stadt will sie jetzt zurückholen - und wirbt ganz offensiv. Von Andreas Pötzl
Viele Jahre galt Wittenberge bei Filmteams als Geheimtipp. Von 2000 bis 2010 wurden hier Filme wie Die Gladow-Bande, Kleinruppin forever, Yella oder zuletzt Beate Uhse - Das Recht auf Liebe gedreht.
Dann wurde Vieles saniert und nach dem Stadtumbau hatte Wittenberge dann viel von seinem maroden Charme verloren - viele urbane Straßen und Häuserzüge, die vor allem in historischen Filmen als Kulisse dienten, waren als Kulisse nicht mehr so interessant.
Jetzt will die Stadt die Filmleute nach Wittenberge zurückholen und startete eine Werbekampagne. 20 Filmscouts aus ganz Deutschland schauten sich auf Einladung der Stadt Wittenberge und der Filmförderungsanstalt Medienboard Berlin-Brandenburg in der vergangenen Woche mögliche neue Drehorte an: Die sanierten Straßenzüge im Jahnschulviertel mit vielen Gründerzeithäusern zum Beispiel, den Veritas-Park oder das alte Ölmühlengelände.
Eine der Filmscouts ist Sabine Schulmeyer. Sie macht ihren Job seit 25 Jahren und hat für viele nationale und internationale Produktionen, unter anderem für ARD, ZDF und das Studio Babelsberg gearbeitet. Für Wittenberge habe sie sofort ein Gespür. "Also ich sehe schon, dass sich hier ganze Straßenzüge anbieten. Der Baumbestand ist nicht zu dicht gewachsen und hat einen Alleecharakter. Man wird hier weite Sichtachsen bekommen", sagt sie.
Ein paar Meter weiter im historischen Lokschuppen testet Olivier Meidinger, ein weiterer Filmscout, den Lokführerstand einer alten Dampflok. Er wolle ausprobieren, ob man im Inneren drehen kann und ob darin überhaupt Kameras Platz haben, sagt er. Meidinger ist für die Ausstattung vieler Filme verantwortlich und hat unter anderem für die ARD-Serie "Käthe und ich" gearbeitet.
Filmscout Yuichiro Tashiro aus Japan könnte sich vorstellen, in den alten Lokgaragen ein Musikvideo zu drehen. Konkrete Pläne oder Aufträge hat derzeit aber keiner der Filmscouts.
Oft sind es wirtschaftliche Aspekte, die die Filmscouts in die ländlichen Gegenden ziehen - hin und wieder resignieren sie auch vor zu viel Bürokratie in der Großstadt. Martin Zillger von Zlocationz sucht zum Beispiel für einen Film einen Straßenzug, der optisch an Berlin erinnert. "Es ist gelegentlich in größeren Städten etwas schwierig, schnell Genehmigungen zu erhalten, da Vorlaufzeiten nötig sind," sagt er. "In kleinen Städten kann man schnell mal den Bürgermeister kontaktieren. Die Filmteams mögen kurze Wege."
Für die Stadt Wittenberge wären Filmdrehs auf jeden Fall ein Imagegewinn, meint Bürgermeister Oliver Herrmann: "Das Wichtigste ist auf jeden Fall Aufmerksamkeit." Und auch der Tourismus könne davon profitieren, sagt Bettina Wedde vom Tourismus Marketing Brandenburg.
Je nach Wünschen der Drehbuchautoren bieten die Filmscouts ihre Locations an – eben auch in Wittenberge. Dass dadurch auch eine Crew aus Hollywood auf die Stadt an der Elbe aufmerksam wird, will Mareike Haube vom Filmboard Berlin-Brandenburg nicht ausschließen. "Hollywood hat in letzter Zeit viel in Brandenburg und Berlin gedreht. Wir haben hier professionell arbeitende Locatioscouts, die auch für so große Produktionen gewohnt sind zu arbeiten. Also, warum nicht?"
Sendung: Inforadio, 29.09.2023, 12:55 Uhr
Beitrag von Andreas Pötzl
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