rbb24
  1. rbb|24
  2. Kultur

Leider gibt es ein Problem beim Abspielen des Videos.

Video: Exzess Berlin - Hauptstadt der Clubs | ARD Mediathek | 23.09.2023 | Quelle: Marie Röder/rbb

Berliner Techno-Kollektiv Pfandidos

"Ich würde uns als lustige Truppe beschreiben, die sich nicht zu ernst nimmt"

In einem abgelegenen Waldstück haben die Partys der Pfandidos angefangen. Mit gerade mal Anfang 20 legen die Berliner:innen heute auch in Clubs auf. Auf ihre illegalen Raves wollen sie aber nicht verzichten, sagen Havy, Anton und Florin.

rbb|24: Worin liegt für euch als Pfandidos-Kollektiv der Reiz, illegale Raves zu veranstalten?

Florin:
Am Anfang war es nur ein dummer Gedanke: 'Lass mal einfach einen Rave machen'. Und dann haben wir einfach nicht mehr aufgehört, weil die Partys cool waren. Wenn man die Party selbst macht, dann hat man viel mehr Freiheit darüber, welche Leute man einlädt. Es ist familiärer und autonomer.

Havy: Bei Raves gibt es eine 'natürliche Selektion'. Nicht jeder nimmt eine Stunde Fahrt und einen Fußmarsch auf sich. Das führt dazu, dass nur die Leute kommen, die wirklich Bock auf die Party haben.

Ausgelassene Stimmung auf einem Pfandidos Rave | Quelle: rbb

Aber für unangemeldete Partys fallen unter Umständen auch Geldstrafen an ...

Florin: Man riskiert natürlich immer eine Strafe, deswegen wird bei unseren Partys vorher besprochen, wer am Ende den Ausweis vorzeigt. Und ich finde, dass die Strafe, ob 100 oder 300 Euro, jeden Cent wert ist. Man kann es dann ja kollektiv bezahlen. Es ist einfach egal, wenn die Party gelungen ist.

Anton: Bislang hatten wir auch echt Glück. Die Partys wurden erst gegen Ende gesprengt und es waren meistens nette Polizisten. Aber es kommt natürlich auch drauf an, wo man den Rave veranstaltet. Wenn man eine Party bei Waldbrandstufe 5 oder im Naturschutzgebiet macht, kann ich mir schon vorstellen, dass es im Nachhinein mehr Ärger gibt.

EXZESS Berlin – Hauptstadt der Clubs

Folge 3: Der Rausch der Nacht (S01/E03)

Nichts ist von Dauer in Berlin, auch nicht in der Nacht. Doch die Party geht weiter und wird von jeder Generation für sich neu entdeckt und erfunden. Während und nach der Corona-Pandemie entlädt sich die angestaute Feierlust in wilden Open-Air-Raves und noch schnelleren Beats. Auch die DJs des Kollektivs Pfandidos, alle zwischen 22 und 23 Jahre alt, begannen mit illegalen Partys und bespielen mittlerweile bekannte Clubs wie das Suicide. Sie repräsentieren eine neue Generation Berliner Club-Kultur: "Alle Leute identifizieren Techno mit: Du musst Drogen nehmen. Aber Rausch – das sind Glückshormone, und bei uns entstehen sie durch diese Musik, durch eine gute Anlage, durch die Leute um einen herum."

Ist es auch Teil des Kicks, dass man erwischt werden könnte?

Havy: Für mich ist das gar nicht so. Ich bekomme immer einen Anfall durch diesen ganzen Stress am Anfang. Ich habe einen unglaublichen Adrenalinspiegel, bis ich dann irgendwann merke: Okay, alles ist gut.

Florin: Wer schon mal auf einem Rave war, der weiß, dass es kein Kick ist, wenn die Party aufgelöst wird und man dann erst einmal mit der nächsten S-Bahn nach Hause fahren muss.

Die Pfandidos

Mittlerweile machen die Pfandidos nicht mehr nur Raves, es gibt auch eine eigene Veranstaltungsreihe im Suicide Club. Wie zeichnen sich diese Partys aus?

Havy: Unser Konzept ist es nicht, Leute zu booken, die uns viele Gäste ranbringen. Wir achten darauf, dass wir Leuten die Chance geben, die zwar schon gute Musik machen, aber bislang noch keine große Reichweite haben. Und wir booken Leute, auf die wir gerade Lust haben. Deswegen sind unsere Partys auch experimentell, sie ändern sich jeden Monat.

Anton: Bei unseren Partys halten wir auch nichts von Dresscodes. Wir wollen einfach, dass ein cooler Vibe entsteht und sich jeder wohlfühlt. Ich würde uns selbst als lustige Truppe beschreiben, die sich selbst auch nicht zu ernst nimmt. Und das wirkt sich dann auch auf die Party aus.

Auf euren Partys sind auch Awareness-Teams. Wieso habt ihr euch dafür entschieden?

Anton: Das hat sich mit der Zeit etabliert, nachdem wir es irgendwo gesehen haben und es gut und wichtig fanden. Dass es mittlerweile auf vielen Partys Awareness-Teams gibt, hängt vielleicht auch damit zusammen, dass Themen wie Feminismus in der gesamten Gesellschaft mehr Aufmerksamkeit bekommen. Es sollten sich einfach alle Leute wohlfühlen, und es sollten möglichst keine Übergriffe geben.

Die Pfandidos im Interview | Quelle: rbb

Es gibt das Klischee über eure Generation, die Gen Z, dass auf Partys viele Drogen konsumiert werden. Wie nehmt ihr das wahr?

Havy: Drogenkonsum gab es schon immer. Schon in den 90ern, als die Loveparade ihren Durchbruch hatte, gab es eine Art "Ecstasy-Wahn". Doch es ist auch ein Vorurteil, dass jeder Mensch Drogen nehmen muss, um Techno zu feiern. Das ist wirklich kompletter Bullshit. Aber ich glaube, diesen Gedanken bekommt man auch nicht mehr aus der Gesellschaft weg.

Florin: Man muss nicht verheimlichen, dass in Clubs Drogen genommen werden. Aber jeder findet seinen eigenen Umgang damit. Ich nehme zum Beispiel keine chemischen Drogen, aber ich trinke Alkohol. Ich versuche, meinen Konsum unter Kontrolle zu haben. Und so sollten es auch mit allen Drogen sein, egal ob Alkohol oder chemische Drogen.

Danke für das Gespräch.

Mit Havy, Anton und Florin vom Pfandidos-Kollektiv sprach Marie Röder, rbb.

 

Sendung: Exzess Berlin - Hauptstadt der Clubs, ARD Mediathek, 23.09.2023

Artikel im mobilen Angebot lesen