Oper über Krieg und Frieden ist Herzstück der Osterfestspiele Rheinsberg
Vor 250 Jahren wurde in Rheinsberg das Schlosstheater als Komödienhaus eröffnet. Zum Jubiläum wird bei den Osterfestspielen die Gluck-Oper "Iphigenie in Aulis" aufgeführt – mit ausgesprochen prominenter Besetzung. Von Andreas Poetzl
Üppige Feste mit Musik, Theater und Tanz gab es auf Schloss Rheinsberg bereits Mitte des 18. Jahrhunderts - Friedrich der Große verbrachte als Kronprinz hier glückliche Tage. Im Jahr 1744 schenkte er seinem jüngeren Bruder, Prinz Heinrich, das Schloss, der daraus einen bedeutenden Ort für Kunst und Kultur entwickelte.
Als Herzstück dieses Musenhofes wurde 1774 das Schlosstheater als Komödienhaus eröffnet. Die Musikkultur Rheinsberg feiert also in diesem Jahr 250 Jahre Schlosstheater, und zwar mit einem großen Festprogramm. Geplant sind Lesungen, Vorträge, Opernaufführungen und Konzerte. Die Osterfestspiele eröffnen das Jubiläumsjahr, dessen Herzstück die Oper "Iphigenie in Aulis" von Christoph Willibald Gluck ist.
Der künstlerische Leiter der Musikkultur Rheinsberg, Georg Quander, freut sich über das Engagement von Mezzosopranistin Vivica Genaux. Die beiden kennen sich seit vielen Jahren durch die gemeinsame Arbeit an vielen unterschiedlichen Projekten in Deutschland und Österreich. Jetzt übernimmt Genaux im Jubiläumsjahr des Schlosstheaters eine der Hauptrollen in der Gluck-Oper.
Die gebürtige US-Amerikanerin hat schon auf deutlich größeren Bühnen gesungen – in der Metropolitan Opera in New York zum Beispiel – und gastierte auch bei den Salzburger Festspielen. Sie gilt als hervorragende Interpretin des Barockrepertoires. "Eine Partie in einer Gluck-Oper hat sie aber noch nie gesungen", sagt Georg Quander. Deshalb habe er ihr das Engagement in Rheinsberg etwas nahebringen müssen. "Sie hat sich die Noten angesehen und entschieden: Ich mache es!"
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Uraufführung in Paris
Die Uraufführung der Oper "Iphigenie in Aulis" war im April 1774 im Pariser Opernhaus. Schon wenige Monate später stand das Werk auch auf dem Spielplan des Schlosstheaters in Rheinsberg und wurde danach zum Meilenstein in der Operngeschichte.
"Mit der 'Iphigenie in Aulis' begann das Musikdrama", sagt Georg Quander. Die Komponisten des 19. Jahrhunderts, bis hin zu Richard Wagner, haben sich immer wieder auf Gluck und seine Art der Verknüpfung von Musik und Handlung bezogen. Trotzdem wurde das Werk in der jüngeren Vergangenheit in Deutschland nicht mehr gespielt. "Ich habe mal nachgeschlagen, in Berlin wurde die Oper zuletzt 1991 aufgeführt, als ich gerade Intendant der Staatsoper Unter den Linden geworden bin, und das war noch eine alte DDR-Inszenierung. Seitdem ist die 'Iphigenie' nicht mehr gespielt worden", sagt Quander.
Chance für junge Talente
Für den jungen Tenor Maximilian Vogler, der in der Rheinsberger Inszenierung den Achilles singt, ist das sogar ein Gewinn: "Ich finde, bei unbekannteren Stücken hat man den Vorteil, dass es keine große Aufführungstradition gibt, und das bietet gewisse Freiheiten bei der Interpretation." Wenn man so ein bekanntes Stück aufführe, sehe man immer die großen Fußstapfen anderer Interpreten vor sich.
Maximilian Vogler ist bereits zum zweiten Mal bei einer Opernaufführung in Rheinsberg dabei. Im vergangenen Jahr war er einer der Preisträger des Gesangswettbewerbs internationaler Nachwuchskünstler für das Kammeropernfestival in Rheinsberg und sang eine Hauptrolle in der Oper "La Molinara" von Giovanni Paisiello.
Inhaltlich ist der Opernstoff von damals mit heutigen Konflikten in der Welt vergleichbar. "Es geht um Krieg und Frieden", sagt Georg Quander. "Daher ist es ein Stück, das leider eine über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende hinweg bestehende Aktualität hat."
Diese inhaltliche Verknüpfung greift auch Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) in ihrem Festvortrag zum 250-jährigen Jubiläum des Schlosstheaters auf: "An Aktualität hat die Dichtung des griechischen Dramatikers Euripides nichts verloren", sagt Liedtke. "Wie wird Krieg beendet - durch Menschenopfer, durch das Opfer der eigenen Tochter. Die Oper breitet diese Konflikte aus und eine Göttin löst sie bei Gluck. Also, wenn es doch so einfach wäre!"
Liedtke kennt sich aus in Rheinsberg
Ulrike Liedtke kennt das Schloss Rheinsberg und das Schlosstheater sehr gut. Von 1991 bis 2014 war sie Geschäftsführerin und künstlerische Leiterin der Musikakademie Rheinsberg, die auch das Schlosstheater betrieb, das 1999 neu eröffnet wurde. Dabei lag ihr die Förderung junger Künstlerinnen und Künstler besonders am Herzen, die sich in Rheinsberg ausprobieren konnten.
Nachhaltig für sie sind aber auch die Erinnerungen an szenische Uraufführungen, zum Beispiel von Georg Katzer. Es sei bedauerlich, dass die Oper "Titus", mit der 1774 das Schlosstheater als Komödienhaus eröffnet wurde, verschollen sei, sagt Liedtke. Zu dieser Oper habe Prinz Heinrich den Text geschrieben - und der Kapellmeister Salomon die Musik.
Die Osterfestspiele beginnen am Mittwoch mit einem Festvortrag über das Theater von Prinz Heinrich im Spiegelsaal von Schloss Rheinsberg – ab dann geht es über die Ostertage weiter mit viel Musik, szenischen Lesungen - und der "Iphigenie in Aulis".