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Audio: Antenne Brandenburg | 28.03.2024 | Nachrichten | Quelle: rbb

Streit statt Verhandlungen

Zukunft des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums in Rheinsberg weiter unklar

Eigentlich wollte der Landkreis Ostprignitz-Ruppin die Leitung des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums in Rheinsberg zum 1. April übernehmen. Doch das ist nicht mehr machbar; Stadt und Landkreis streiten, statt konstruktiv zu verhandeln. Von Björn Haase-Wendt

Malerisch, fast friedvoll steht das Schloss Rheinsberg mit dem Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum am Grienericksee. Doch hinter den Kulissen geht es überhaupt nicht friedlich zu.

Nachdem die Stadt im letzten Jahr angekündigt hat, die Stelle des Leiters des Literaturmuseums aus Kostengründen zu streichen und mit der Tourismusleitung zusammenlegen zu wollen, verhandeln Stadt und der Landkreis Ostprignitz-Ruppin über eine mögliche Übernahme. Oder besser gesagt; sie versuchen es.

"Aus meiner Sicht ist die aktuelle Lage äußerst schwierig", sagt Rheinsbergs Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler). Und auch Ostprignitz-Ruppins Landrat Ralf Reinhardt (SPD) wirkt mittlerweile ernüchtert: "Es ist für mich völlig unverständlich, weshalb hier ein so großer, schwieriger und merkwürdiger Prozess mit verknüpft wird."

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Schnelle Übernahme gescheitert

Dabei hatte der Landkreis ambitionierte Ziele: Innerhalb von drei Monaten sollte die Übernahme des Museums geklärt und zum 1. April vollzogen werden. Einen entsprechenden Auftrag hatten die Kreistagsabgeordneten im Dezember 2023 an die Kreisverwaltung erteilt. Denn Rheinsberg beklagte die hohen Kosten des Museums. Weil der Stadt Geld für andere wichtige Projekte wie dem Umbau des Bildungscampus fehlt, wurde beim Literaturmuseum der Rotstift angesetzt.

Mittlerweile muss der Landkreis sich eingestehen, dass die schnelle Übernahme nicht mehr machbar ist. Denn die Verhandlungen sind von gegenseitigen Vorwürfen bestimmt. So wirft Rheinsbergs Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow der Kreisverwaltung vor, die vereinbarte Verschwiegenheit und auch das Vertrauen gebrochen zu haben. "Es werden Unterlagen herausgegeben und auch permanente Presseerklärungen, ohne dass man sich abspricht", erklärt der Bürgermeister und fügt hinzu, dass er das Gefühl habe, dass es eher ein Gegen- statt ein Füreinander sei. So seien nach seinen Angaben Schriftverkehre zwischen der Stadt und der Kreisverwaltung bei den Kreistagsabgeordneten gelandet.

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Kein Grund für Geheimhaltung

Der Landkreis kontert und kritisiert, dass die Stadt nicht bereit sei, für die Verhandlungen wichtige Unterlagen herauszugeben. Dabei gehe es etwa um den Stellenplan, Personalkosten, Mietverträge und Daten zum Vermögen des Museums. Auch müsse geprüft werden, wie hoch die Gesamtkosten für das Museum sind. Mehrfach habe die Stadt entsprechende Fristen verstreichen lassen.

Rheinbergs Bürgermeister räumt ein, dass er derzeit die angeforderten Unterlagen nicht herausgibt, auch wenn es mündliche Auskünfte gegeben habe. "Hintergrund ist, dass wir auch über Personalakten und ähnliches reden. Wenn sie die Unterlagen haben wollen, muss eine Vertraulichkeitserklärung unterschrieben werden und das will der Landkreis nicht", so Schwochow.

Stimmt, sagt der Landrat, denn der Kreis wolle anonymisierte Daten. "Wir brauchen Angaben hinsichtlich des Personals. Das muss nicht mit Namen und Geburtsdatum verknüpft sein, sondern auch abstrahiert", erläutert der Landrat seine Position und versichert, dass keine Daten weitergegeben werden würden: "Das ist auch lachhaft, wer so etwas annimmt."

Sorgen über Verhandlungsstand

Der beidseitige und offen ausgetragene Streit entsetzt Kulturexperten. Auch Bundes-Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis90/Die Grünen) blicke besorgt auf den Verhandlungsstand, teilte ein Sprecher auf rbb24-Anfrage mit. Aus ihrer Sicht sollte es das vorrangige gemeinsame Interesse sein, das so wichtige und besondere Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum zu sichern und zu erhalten, einschließlich einer dafür wichtigen wissenschaftlichen Leitung.

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Museumsleiter geht in Ruhestand

Wie es in den Verhandlungen nun weitergeht, ist unklar. Den zuletzt angesetzten dritten Verhandlungstermin hatte der Rheinsberger Bürgermeister aufgrund des Streits abgesagt, ein neuer Termin steht bislang nicht im Raum. Dabei geht Ende März der bisherige langjährige Museumsleiter Peter Böthig in den Ruhestand.

Er hatte das Museum seit den 1990er Jahren mitaufgebaut und zu dem gemacht, was es heute ist – einem deutschlandweit einmaligen Museum, das die literarische Publizistik der Weimarer Republik in den Fokus nimmt, mit einem umfangreichen Fundus an Originalschriftstücken Tucholskys.

Außerdem wurden rund 500 Lesungen, knapp 200 Ausstellungen und etwa 60 Stadtschreiber-Residenzen organisiert. Landrat Ralf Reinhardt bedauert, dass der Museumsleiter in den Ruhestand wechselt, ohne eine klare Nachfolge: "Es ist beschämend, dass auch die Lebensleistung des bisherigen Museumsleiters damit nicht ansatzweise in den Kontext eingebracht und nicht gewürdigt wird."

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Differenzen zu Kostenbeteiligung

Doch auch abseits der öffentlichen Anschuldigungen scheint eine Einigung zwischen den beiden Seiten nicht greifbar. Zwar wurde durch den Landkreis ein Entwurf einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vorbereitet, allerdings gehen die Ansichten über mögliche Kostenbeteiligungen weit auseinander. Ostprignitz-Ruppin erwartet von Rheinsberg eine jährliche finanzielle Beteiligung von 100.000 Euro. Der Bürgermeister winkt ab und hält das Angebot für nicht akzeptabel: "Wenn wir am Ende die Positionen tauschen, dann müssten wir auch das Geld tauschen. Unser Angebot ist: dass wir den aktuellen jährlichen Beitrag zahlen, den jetzt der Landkreis an uns zahlt." Also rund 15.000 Euro im Jahr.

Auch gibt es Differenzen im Umgang mit der Sammlung des Museums. Frank-Rudi Schwochow wirft dem Bund und dem Land Brandenburg vor, interne Gespräche zu führen, wie mit der Sammlung verfahren werden soll. Handfeste Belege kann er dafür nicht liefern, allerdings lassen Bund und Land entsprechende Nachfragen durch rbb24 unbeantwortet.

Der Landrat von Ostprignitz-Ruppin weiß nach eigenen Angaben nichts von solchen Gesprächen, räumt aber ein, mit Stiftungen gesprochen zu haben, um mögliche Förderungen für die Sammlungs-Übernahme auszuloten. So wäre der Landkreis bereit, der Stadt eine Summe von einer knappen halben Million Euro zu zahlen. Der Bürgermeister ist davon im Gespräch mit rbb24 überrascht, denn eigentlich wolle die Stadt die Sammlung behalten: "Da wissen Sie mehr als ich. Ich kenne weder die Zahl, noch habe ich ein Angebot dazu von Seiten des Landkreises bekommen."

Die Fronten in Rheinsberg sind also verhärtet, ein Aufeinander zugehen ist derzeit nicht in Sicht. Scheitert die Übernahme durch den Landkreis, würde die Museumsleiterstelle des Literaturmuseums mit der Tourismusleitung zusammengeführt werden, um Kosten zu sparen. Kritiker des Vorhabens befürchten, dass damit die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Werken und dem Wirken Tucholsky ins Hintertreffen geraten würde.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.03.2024, 14:00 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

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