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Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 30.05.2024 | C. Gerling | Quelle: River Road and Participant

Interview | Dieter Kosslick über Filmfestival Green Visions

"Es geht hier um das Überleben der Menschheit"

Potsdam bekommt ein neues Filmfestival: Green Visions startet am Donnerstag. Der Leiter ist kein ganz Unbekannter: Dieter Kosslick. Dem ehemaligen Berlinale-Chef liegt das Thema Klimaschutz seit langem am Herzen, wie er im Gespräch erzählt.

rbb: Herr Kosslick, Sie haben 18 Jahre lang die Berlinale geleitet. Nun gehen Sie mit einem neuen Festival an den Start. Haben Sie immer noch nicht genug vom Film?

Dieter Kosslick: Ja, eigentlich war das Thema irgendwie vorbei, aber man bekommt nicht genug. Ich beschäftige mich schon seit den 1980er Jahren mit Ökologie und Klima. Und auch bei der Berlinale hatten wir CO2-Einsparungen eingeführt, wir hatten das Catering umgestellt, die Mülltrennung, der rote Teppich war am Schluss sogar aus recycelten Fischernetzen.

Und als es nun hier diese Möglichkeit gab, das Green Visions Festival zu machen, da dachte ich: 'Das wäre noch mal was! Das ist genau dein Thema'.

Infos im Netz

Green Visions Potsdam

Das Green Visions Festival hat ja einen sehr spezifischen Fokus, vor allem wenn man es mit Ihrer Arbeit bei der Berlinale vergleicht, als größtes Publikumsfestival weltweit und mit einem sehr breiten inhaltlichen Spektrum.

Von der Größe des Festivals sind wir vielleicht eine Nische – aber das Thema ist ein Weltthema. Denn es geht ja hier um nichts weniger als um das Überleben der Menschheit. Und das Dramatische ist, dass das ganz viele Leute wissen, aber dass man es irgendwie auch nicht mehr so richtig hören kann.

Glauben Sie, dass Sie auch diese Leute mit dem Festival erreichen?

Natürlich wollen wir den Versuch starten, diese Leute zu erreichen und ihnen zu sagen, dass es um eine wirkliche Verbesserung unserer Lebensqualität geht. Wenn nichts getan wird, wird es uns Billionen von Steuergeld kosten. Und das wird dann zulasten des Einzelnen gehen, weil das das Einkommen gesamtgesellschaftlich schmälert.

Zur Person

Das Festival ist der Versuch, ins Gespräch zu kommen. Schlichter kann ich es nicht sagen. Man kommt über die Filme ins Gespräch. Das sind Themen, die man mal in einer angenehmen Atmosphäre beredet, das ist mir das Allerwichtigste.

Warum berührt Sie das Thema Klima- und Umweltschutz persönlich so?

Ich sag das mal mit den Worten von Einstein: Ich beschäftige mich mit der Zukunft schon deshalb, weil wir darin leben müssen und weil ich darin leben muss. Zweitens bin ich Vater. Es wird noch mehr um die jüngeren Leute gehen, als um Menschen in meinem Alter. Ich war schon immer engagiert in diesem Thema und habe mich gefragt: Wie kann man das den Leuten eigentlich ein bisschen besser beibringen, dass sie nicht sofort in so eine Starre verfallen? Und ich denke, da ist Film ein gutes Medium.

Bei dem Festival wird es neben den Filmen auch Gespräche mit Wissenschaftler:innen geben. Warum war Ihnen das wichtig?

Es sind zwei Komponenten. Einmal, dass man emotional berührt ist, indem man sieht, wie es in der Zukunft vielleicht sein kann. Und auf der anderen Seite muss man aber auch die Fakten sehen, denn ohne die Wissenschaft würden wir ja überhaupt gar nichts wissen. Wir würden nur mitkriegen, dass es im April 30 Grad hat, und wir würden uns fragen: Was ist los? Da ist es gut, wenn man ein bisschen Expertenrat hat.

Waldzustanderhebung für 2023

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Warum haben Sie sich Potsdam als Ort für dieses Festival ausgesucht?

Weil es hier drei Dinge gibt. Einmal ist Potsdam mit Babelsberg eine Filmstadt. Dann ist Potsdam eine Wissenschaftsstadt. Hier gibt es wissenschaftliche Institute, die zum Klima forschen. Und dann ist Potsdam natürlich auch eine UNESCO-Stadt, die auch internationale Kulturelemente hat. Und dann ist Potsdam übrigens auch eine schöne Stadt.

Gibt es Beiträge, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Ich habe da jetzt kein Lieblingskind. Aber ich habe mich immer auch schon mit Essen beschäftigt. Und da gibt es "Food Inc 2" in dem es um den Weg geht, den die Amerikaner eingeschlagen haben. Das ist ein dramatischer Film, dessen ersten Teil wir vor Jahren bei der Berlinale gezeigt haben.

Und dann haben wir natürlich auch Filme von hier und kleine Filme wie "Send Kelp", wo es darum geht, dass Algen angebaut werden als Essen der Zukunft. Es gibt zu jedem Problem etwas, wir haben eine Lösung und ich denke, wir zeigen lieber die Lösungen. Die Probleme müssen wir natürlich auch zeigen. Aber lieber die Lösung.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Dieter Kosslick führte Katharina Röben für rbbKultur – das Magazin.

Sendung: rbbKultur - das Magazin, 25.05.2024, 18:30 Uhr

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