Der Sänger Sasha war viele Jahre einer der erfolgreichsten deutschen Musiker. Jetzt hat er sein Leben als musikalische Revue auf die Bühne gebracht und erzählt darin drei Stunden lang von seinem Lieblingsthema: Sich selbst. Hendrik Schröder
Man muss anfangs festhalten (und das ist gar nicht despektierlich gemeint): Sasha ist schon ein sehr, sehr, sehr eitler Künstler. Denn wer es schafft, ohne mit der Wimper zu zucken eine Show auf die Beine zu stellen, bei der man dem Publikum knapp drei Stunden lang frontal in den Gehörgang ballert, was für ein irre erfolgreicher, attraktiver, begehrter und begabter Kerl man doch ist, der muss sich selbst schon ziemlich gut finden.
Dieser Abend mit Sasha war kein normales Konzert, nein, "This is my Time" war eine aufwändige und lange Revue im 70er-Jahre-Stil: mit Showtreppe, blinkender Bühne auf mehreren Ebenen, mit einer siebenköpfigen Band, zwei Sängerinnen und vier Tänzerinnen und Tänzern, die mal als Breakdancer, mal als schüchterne Liebespaare, mal als coole Kids auftreten - je nachdem, welche seiner Lebens- und Karrierephasen Sasha von ihnen illustrieren lässt.
Vom Aushilfssänger auf das Bravo Cover
Denn er ist natürlich der Mittelpunkt dieser Revue: Sein Werdegang vom westfälischen Soest bis zu Auftritten in New York und Moskau, vom Aushilfssänger zu über zwanzig Gold- und Platinplatten. In immer neuen Outfits singt, aber vor allem erzählt sich Sasha durch die Stationen seines Lebens: Vom Plattenschrank seiner Eltern über die ZDF-Hitparade im Fernsehen bis hin zu überlebensgroßen Bravo Postern, die an die Videowand geworfen werden.
Es ist wirklich erstaunlich, wie lange Sasha am Stück reden kann. Gefühlt halten sich die teils zehn Minuten langen Geschichten und die Songs die Waage. Augenscheinlich waren aber die meisten der geschätzt 2.500 Fans im nicht ausverkauften Tempodrom darauf vorbereitet, dass das hier eine Art Lebenswerkschau wird. Nur wenige überlegen ratlos, wann der denn endlich mit der Sabbelei aufhört und mehr musiziert.
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Zum Glück selbstironisch
Zwar wirkt Sashas Humor arg einstudiert und manche seiner Sprüche und Ansagen sind eher schlecht gealtert (wenn er zum Beispiel imitiert, wie er glaubt, dass Asiaten Englisch sprechen würden, da muss man sich schon sehr fremdschämen), aber er verfügt über eine Fähigkeit, die diese dreistündige "Ich bin der Größte"-Show erträglich und stellenweise sogar sehr unterhaltsam macht: Selbstironie.
So wird alles, was er sagt (von den Preisen, die er gewonnen hat, den Konzerten rund um die Welt, den Charterfolgen) noch mal gebrochen und konterkariert. Wobei auch gesagt werden muss: Die Leute lachen sich scheckig und klatschen sich die Hände wund. Sasha weiß schon, worauf sein Publikum mit den praktischen Kurzhaarfrisuren, in den geblümten Blüschen und den karierten Hemden abfährt. Und er ist ja auch mit Anfang 50 immer noch der Top Traumschwiegersohntyp. Ein bisschen hemdsärmelig und bodenständig, wie das in Westfalen, wo er herkommt, eben ist, ein bisschen Frank Sinatra - elegant, bisschen Kumpel, bisschen Popstar und immer mega nett.
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Ein grandioser Sänger
Aber was ist jetzt eigentlich mit der Musik? Hauptberuflich ist der Sasha doch nicht Moderator oder Schwiegersohn, sondern Musiker - und was für einer. Das geht an diesem Abend manchmal fast unter. Dass der Mann alles singen kann, wirklich alles. Er singt Sachen von James Brown, Elvis, Pearl Jam, Howard Carpendale und natürlich seine eigenen Hits und ein paar Nummern seines Alter Egos Dick Brave (das er damals aus Spaß erfand und weil er erschöpft davon war, Sasha zu sein und was natürlich, man ahnt es, auch ein riesiger Erfolg war, wie auf den Videowänden zu sehen ist).
Sasha hat eine Hammer Stimme, immer noch, geschmeidig, getragen, leichtfüßig. Und eine tolle Bühnenpräsenz. Der war nicht zu Unrecht mal ein richtiger Star und das nicht nur in Deutschland. Das ist lange her, klar, aber es bleibt schleierhaft, warum Sasha jetzt auf die Idee gekommen ist, den Leuten stundenlang Dönnekes aus seinem jenseits von Ruhm und Rummel ja offenbar auch gar nicht so interessanten Leben zu erzählen, statt einfach nur zu machen, was er kann, wie kein anderer: singen.