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Kunst am Bau
Anna Ingerfurth thematisiert in ihren Gemälden Spiele als zwischenmenschliche Interaktionen. Für eine Lichtenberger Grundschule hat sie sechs Motive als Wandgemälde entwickelt. Caroline Winkler hat den Entstehungsprozess dokumentiert.
Auf der Baustelle der Grundschule am Blockdammweg packen im zweiten Stock des Gebäudes zwei Personen eine in Luftpolsterfolie verpackte Alufigur aus. Sie tragen weiße Kunsthandschuhe. Es ist Ende April, die Künstlerin Anna Ingerfurth ist dabei, mit ihrem Team ihr Kunst-am-Bau-Projekt in der Schule zu montieren. Ihr Wandgemälde besteht aus sechs Motiven und wird in zwei Treppenhäusern zu sehen sein.
Im Rahmen der über zehn Jahre laufenden Schulbauoffensive [externer Link] werden in Berlin bis 2026 zahlreiche neue Schulen gebaut. Das umfangreiche Infrastruktur-Projekt startete 2016 und finanziert sowohl Sanierung und Umbau bestehender Gebäude als auch Neubauten. Für alle mit öffentlichen Mitteln errichteten Bauten, wie etwa Schulen, wird ein fester prozentualer Anteil der Bausumme für Kunst aufgewendet.
Die Kunst-am-Bau-Vorgabe ist in der Anweisung Bau des Landes Berlin (Abau) geregelt. Dafür wird ein nichtoffener anonymer Wettbewerb [externer Link] vom Bezirksamt, in diesem Falle Lichtenberg, mithilfe des Bundesverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK Berlin) ausgelobt. Für die Schule in Karlshorst wurden zehn professionelle Künstler:innen ausgewählt und zum Wettbewerb eingeladen. Mit ihrer Arbeit "Einsteigen" entschied die Stuttgarter Künstlerin Anna Ingerfurth den Wettbewerb im Dezember 2022 für sich.
"Die Idee für den Kunst am Bau war, dass ich gerne Spiele darstellen wollte, im weitesten Sinne. Im Sinne von Interaktionen zwischen Leuten, die vage an Spiele erinnern," erklärt Anna Ingerfurth. "Zum Beispiel an ein Fadenspiel. Aber eigentlich geht es darum, als Kind mit einzusteigen, das sich selber darin sieht oder weiterspinnt, was dargestellt ist."
Eines ihrer Motive zeigt eine Frau in blauem Kleid mit roter Strumpfhose, die ineinander verwickelte Fäden wie einen Hula-Hoop-Reifen trägt. Darum herum bilden sich weitere Fäden, die sich bis zu einer anderen Person schlängeln. Es ist eines von drei Motiven, die nach dem ersten Aufbautag in einem der beiden Treppenhäuser montiert sind. Vorsichtshalber wurden sie mit einer Staubschutzfolie abgeklebt. Auf der Baustelle herrscht Hochbetrieb.
Anna Ingerfurth musste in der Konzeption ihrer Arbeit bauliche Gegebenheiten beachten. "Man muss natürlich darauf achten, dass die Schüler in der Schule nicht daran hängen bleiben und sich verletzen können, oder dass es nicht verkratzt werden kann, durch Schulranzen, die daran entlang streifen."
"Ich male auf Aluelemente, die ausgelasert sind. Die werden grob geschliffen, dreimal grundiert, mit Acrylfarbe bemalt und zum Schluss lackiert", erläutert die Künstlerin. Die drei Millimeter starken Aluelemente werden direkt auf die Waschbetonwände der Treppenhäuser aufgeklebt. Die ausgepackte Figur wird zu Ingerfurth, die auf einem Gerüst steht, hinaufgereicht. Mithilfe von zwei weiteren Personen, ebenso mit weißen Handschuhen auf dem Gerüst stehend, wird sie an die Wand gehalten und die genaue Position markiert. Die Figur wird wieder hinuntergereicht, mit Montagekleber bestrichen und dann wieder hinaufgereicht, an der Wand positioniert und festgedrückt.
Element für Element bildet sich an diesem Vormittag ein Stammbaum aus abstrakten, farbigen, in die Höhe wachsenden Ästen und Zweigen, die zwei lebensgroße Figuren tragen. Eine Person hat die Beine zu einer Kerze in die Luft geschwungen. "Ich will nicht einen Herrn Müller oder eine Frau Meier darstellen. Sondern das sind Platzhalter, in denen sich jeder drin sehen könnte, wenn er wollte. Das soll nicht explizit eine Person darstellen, sondern für viele ein Einsteig sein, um sich oder auch den Freund oder die Freundin darin sehen zu können."
Auf einem zweiten Motiv blickt eine Frau, von einem mehrfarbigen Fenster oder Bilderrahmen umgeben, in die Ferne. Farbige Taue wachsen aus dem Fenster, die ein Mann in den Händen hält und über der Schulter trägt. Drei Personen ihres Aufbauteams tragen die Fernseherin vorsichtig an ihre Position am Treppenabsatz. Da das große Aluelement über Betonfugen liegt, müssen diese mit Aluelementen gefüllt werden. Zum Ende des zweiten Aufbautages ist auch der Taue tragende Mann an seinem Platz.
In den Treppenhäusern wird bald Leben einziehen. Sobald die letzten Bauarbeiten vollendet sind und die Übergabe an die Schule erfolgt ist, können Lehrer- und Schüler:innen von ihrem Provisorium in ihre neue Schule umziehen. "Wenn ein Kind einsteigen kann in das Thema, welches ich bearbeite oder in ein Treppenhaus, um von einem Klassenzimmer zum anderen zu kommen oder von einem Unterricht in den nächsten, das fand ich sehr schön als Bild. Deshalb habe ich der Arbeit den Titel "Einsteigen" gegeben."
Sendung:
Beitrag von Caroline Winkler
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