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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 18.06.2024 | Juliane Gunser | Quelle: imago images/David Herranz

Jüdisches Filmfest startet am Dienstag

Film-Vielfalt im Angesicht des Terrors

Eigentlich wollte das Jüdische Filmfestival Berlin-Brandenburg seinen 30. Geburtstag feierlich begehen. Aber die Folgen des Hamas-Terrors vom 7. Oktober machen das schwer. Das Programm des JFBB setzt hier einen deutlichen Fokus – aber nicht nur. Von Kirsten Dietrich

Zwei Wettbewerbe, bunt gemischtes Programm und thematische Sonderreihen - schon immer hat das Jüdische Filmfestival Berlin-Brandenburg so seine Filme sortiert, um seinem breiten Anspruch gerecht zu werden: einerseits die Vielfalt jüdischen Lebens und jüdischer Kultur weltweit zu präsentieren, andererseits die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten und gegen Antisemitismus zu kämpfen.

Jüdisches Filmfest Berlin-Brandenburg

Fast unerträglich genauer Blick auf Terror und Trauma

In diesem Jahr ist ein Thema nahezu unausweichlich: Die Auseinandersetzung mit dem Überfall der palästinensischen Hamas vom 7. Oktober 2023 und dessen Folgen. Die Filmreihe "Der Angst begegnen – Filmische Reflektionen von Terror, Trauma und Widerständigkeit" zeigt die Auswirkungen der Gewaltakte und die Schwierigkeit bis Unmöglichkeit von Versöhnung, nicht nur in Israel.

Die Dokumentation "Supernova – The Music Festival Massacre" ist dabei fast unerträglich in ihren Bildern. Sie zeichnet den Überfall der Hamas auf das Nova-Festival nach, einer Open-Air-Technoparty in unmittelbarer Nähe des Grenzzauns zu Gaza. Die Besucher:innen des Festivals waren junge Menschen, gewohnt, jeden Aspekt ihres Alltags mit der Handykamera zu dokumentieren: Sie machten Videos, als sie noch von der Festivalerfahrung schwärmten. Sie ließen das Handy an, als erste Raketen explodierten. Und sie drehen beharrlich weiter, als sie schon verzweifelt fliehen oder sich auf dem Boden der Klohäuschen verstecken, in dem Versuch, dem gnadenlosen Tötungswillen der angreifenden Hamas zu entkommen.

"Supernova" konfrontiert diese Videos mit den Aufnahmen der Angreifer und mit Interviews der Überlebenden. Das ist kaum erträglich und doch wichtig: Denn das Grauen des Terrorangriffs ist, anders als das Leiden der palästinensischen Bevölkerung von Gaza, kaum noch im Bild präsent.

Trauma betrifft alle

Die Wirkungen von Terror auf die Betroffenen dokumentiert auch ein zweiter Film in dieser furchtbar aktuellen Reihe des Jüdischen Filmfestivals: "Closed Circuit" über den Angriff auf die Cafés am Sarona Market in Tel Aviv im Juni 2016. Die Bilder von Tat und Tätern kommen in diesem Film von den vielen Überwachungskameras des Platzes. Interviews mit Überlebenden Jahre später zeigen: Sie sind davongekommen, aber das Trauma bestimmt immer noch ihr Leben. "Closed Circuit" zeigt außerdem: Terror in Israel macht auch arabische Israelis zu Opfern.

Den Blick auf Israel ergänzt die Reihe mit Filmen wie dem spanischen "Maixabel", in dem sich eine Witwe der baskischen Untergrundorganisation ETA entgegenstellt, und "Reconstructing Utøya" über das Trauma nach dem rechtsterroristischen Attentat in Norwegen.

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Historische Verwicklungen

Auch der Blick nach Gaza fehlt nicht. Allerdings ist es nicht der aktuelle Blick auf die Folgen der israelischen Angriffe in Reaktion auf den Terror, sondern auf historische Verwicklungen: "Telling Nonie" taucht ein in die komplizierten israelisch-palästinensisch-ägyptischen Verhältnisse im Gaza der 1950er Jahre. Der Spielfilm "The Vanishing Soldier" folgt dem jungen israelischen Soldaten Shlomi. Der muss seinen Wehrdienst in Gaza leisten, bis er eines Tages nicht mehr mitmacht – mit dramatischen Folgen.

Jüdisches Empowerment

Natürlich hat die israelische Gesellschaft noch andere Themen als Terror und Gewalt, davon zeugt der überwiegende Teil des Festivalprogramms. Darauf stehen auch jüdische Wohlfühlfilme wie "Between the Temples", in dem ein Kantor in der Sinnkrise in aberwitzigen Familienszenen Stimme, Glauben und sogar die Liebe wiederfindet. Aber insgesamt ist der Ton dieses Jahr ernster. Doch er ist nicht hoffnungslos, sondern kritisch, kämpferisch und empowernd.

Eine schwarze Jüdin?

Ein gutes Beispiel für diese Haltung ist der Dokumentarfilm "Rabbi on the Block". Rabbinerin Tamar Manesseh ist schwarz und jüdisch, sie kämpft gegen Waffengewalt in schwarzen Communities in Chicago und gegen Vorurteile. Denn immer wieder, erzählt sie, begegnen ihr auch innerhalb der jüdischen Community diese erstaunten Blicke, die sagen: Eine schwarze Jüdin, wie kann das sein?

Warum sie denn jüdisch sei, auf diese Frage antwortet Tamar Manesseh schon lange nicht mehr. Stattdessen wirbt sie für soziales Engagement, für gemeinsame Ziele unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe.

Denn Jüdischsein, sagt sie, ist nichts, was man ist. Jüdisch sein ist etwas, was man tut. Und das lässt sich in seiner Kraft und seinem Empowerment gut verallgemeinern – auch über diesen speziellen Film hinaus.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.06.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Kirsten Dietrich

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