Konzertkritik | Toto in der Zitadelle Spandau
Ihr Name kommt angeblich aus der Kindergeschichte "Der Zauberer von Oz": Die US-Band Toto steht seit fast 50 Jahren für raffinierte und radiotaugliche Rocksongs. Mit nur einem Mann aus der Originalbesetzung war die Band am Dienstag live in Berlin. Von Simon Brauer
Der Mann ist eine strahlende Erscheinung: Mit weiß-grauer Mähne und silbern glänzendem Jackett steht Steve Lukather auf der Bühne und zeigt, wie viel Leben noch in seiner alten Band Toto steckt. 1977 hat der Gitarrist und Sänger die Band mitgegründet und nach diversen Pausen, Umbesetzungen und auch Todesfällen ist Lukather der letzte Verbliebene der Toto-Originalbesetzung. Beim Berlin-Konzert in der gut gefüllten Zitadelle Spandau spielt das aber keine Rolle: All seine Mitmusiker, egal, ob schon seit Jahrzehnten dabei oder erst neu dazu gekommen, spielen so brillant, dass man jeden Song mitschneiden und offiziell veröffentlichen könnte.
Mit Hits wie "Rosanna", "Africa" und "Hold The Line" wurde Toto weltberühmt. Mehr als 40 Millionen Alben hat die Band im Lauf ihrer Karriere verkauft, sechs Grammys gewonnen - und momentan ist die siebenköpfige Band mal wieder auf Tour durch Europa. Beim letzten Deutschlandkonzert der diesjährigen Tour in Berlin war für alle im Publikum schnell klar: Ein Toto-Konzert ist nicht einfach ein Rockkonzert. Hier wollen die Musiker zeigen, was sie alles drauf haben: raffinierte Instrumental-Parts, Unisono-Akzentverschiebungen, vierstimmiger Hamoniegesang wie bei den Beach Boys; innerhalb eines Songs geht es vom kunstvollen Art Rock zum Hardrock und wieder zurück. Ziemlich beeindruckend.
Das Publikum wartet natürlich auf die großen Hits wie "Rosanna", "Africa" und "Hold the Line", bejubelt aber auch alle anderen Songs, die allesamt so klingen, als müsste man sie irgendwie schon mal im Radio gehört haben. Mal wuchtig, mal funky, und immer mit einem elegischen Gitarrensolo von Steve Lukather. Der Mann spielt wirklich fantastisch Gitarre, hat das auch schon für Michael Jackson auf dessen Album "Thriller" getan, für Aretha Franklin und viele andere, aber nach gut einer Stunde hat das x-te Gitarrensolo dann doch so seine Längen. Ausnahme: Die Version des Jimi-Hendrix-Songs "Little Wing". Selbst wenn man kein Gitarren-Fan ist und auch die Musik von Toto nicht mögen sollte - bei so viel Talent und Virtuosität kann man nur staunen oder zumindest anerkennend nicken.
Die Band spielt auch noch eine ebenfalls ziemlich beeindruckende und mitreißende Version von den Beatles, und nach knapp zwei Stunden werden die Fans dann endlich mit "Rosanna" und "Africa" beglückt. Ein musikalisch erstklassiger Abend und gar nicht so nostalgisch wie befürchtet.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.07.2024, 9:00 Uhr
Beitrag von Simon Brauer
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