Konzertkritik | Duke Ellington in der Philharmonie
Jazz-Party mit Anlaufschwierigkeiten
125 Jahre alt wäre Duke Ellington dieses Jahr geworden. Die Big Band der Deutschen Oper Berlin widmete der Jazz-Legende deswegen einen Abend in der Berliner Philharmonie. Die Feier ist mal brav geplätschert, mal furios gelungen, meint Jakob Bauer.
"A Celebration For The Duke" - eine Feier für Duke Ellington. So heißt dieses Programm, das die Big Band der Deutschen Oper an diesem Abend in der Berliner Philharmonie aufführt. Auf dem Programm steht: Hits.Der A Train ist natürlich dabei, auch Caravan oder I Almost Cried. Es sind Jazz-Standards, Klassiker, die die Band mit großem Können interpretiert. Und mit großer Freude: Fast alle haben ihre Momente, dürfen mal ihr Solo spielen, klatschen sich freudig ab, vor allem Bassist und Schlagzeuger sind der emotional-musikalische Mittelpunkt, jede Bewegung der Musik überträgt sich auf ihre Körper.
Quelle: dpa/sipa
Fehlende schwitzende Dringlichkeit
Auch Sängerin Fola Dada ist schnell präsent. Sie betritt die Bühne mit einnehmend-sinnlichem Lächeln und singt sanft und warm. Nur: Das alles begeistert nicht so wirklich. Der Sound der Big Band geht nicht pointiert, kraftvoll und unmittelbar ins Ohr und in die Beine, wie vielleicht im kleinen Jazz-Club mit seiner schwitzigen Dringlichkeit. Das kann man in der großen Philharmonie natürlich nicht so erwarten, aber gerade bei den lauteren Stellen wird’s akustisch unübersichtlich, fast schon breiig.
Da hilft es auch nicht, dass Fola Dada zwar perfekt intoniert, ihr Ausdruck aber auch an den extrovertiertesten Stellen sanft und warm und eher zurückhaltend bleibt. Dazu liegt noch eine ordentliche Portion Hall auf der Stimme, sodass der Gesang teilweise richtig untergeht.
Zwischen den Stücken liest Dada Texte von Duke Ellington vor, der seine Musik auch immer als politisch, empowernd für die schwarze Community erachtete. Das ist zwar nett, aber bleibt an der Oberfläche, eher eine kurze Duftnote als inspirierend. Ähnlich unauffällig gut ist Solo-Saxofonist Tony Lakatos. Es ist alles ganz schön, aber man denkt auch: Wäre da mit besserem Sound und mehr nach Außen gelebter Leidenschaft mehr drin gewesen? Ja. Sieht und hört man im zweiten Teil des Konzerts.
Dann wird die Big Band zum pumpenden Herz
Nach der Pause kommt nämlich das ganze große Orchester der Deutschen Oper mit auf die Bühne. Statt der kurzen Standards gibt’s jetzt Ellingtons großformatige Kompositionen für Sinfonieorchester und Big Band. Und plötzlich ist der Klang gewaltig gut. Wirkte die Big Band teilweise ein bisschen verloren, ist sie jetzt, eingefasst in das große Orchester, ein pumpendes Herz. Und die Philharmonie als Spielort passt dann doch ganz wunderbar.
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Finale furioso
Der breite, umfassende Klang des Orchesters ist die Spielwiese für die jazz‘sche Flüchtigkeit und Unberechenbarkeit mit ihren piksigen Ausbrüchen. Das funktioniert auch so gut, weil Dirigent Titus Engel nicht versucht, die unterschiedlichen Klang-Charakteristika von Big Band und Orchester zu eliminieren. Stattdessen arbeitet er diese Unterschiede im Konzert immer wieder raus und lässt sie dann miteinander spielen.
Die jazzigen Melodiefiguren schieben sich durch die unterschiedlichen Stimmen, auch die Geige darf mal solieren, wie sie es sonst wahrscheinlich selten macht. Toll ist es auch, wenn einzelne Instrumente sich hochschaukeln, die Spieler von zunächst Posaune, dann Klarinette und dann Oboe aufstehen, sich umgarnen, immer weiter gen Klimax recken und dann das ganze Orchester mit britzelnder Energie zum Höhepunkt kommt.
Und auch wenn der erste Teil des Abends zu brav dahingeplätschert ist, um lange in Erinnerung bleiben, der zweite Teil dieser Feier für den Duke ist angemessen furios.