Zwei ausverkaufte Abende hintereinander spielt der in Berlin geborene und in Fürstenwalde aufgewachsene Rapper Makko in der Columbiahalle. Bruno Dietel war bei der ersten Show des Rappers, der alles andere als ein Bad Boy ist.
Um gleich mal zu Beginn mit alten Deutschrap-Klischees aufzuräumen: Dieses Konzert, diese Fans und dieser Künstler zeigen ganz sinnbildlich den Kulturwandel im deutschen Rap, das hier ist definitiv ein anderer Vibe: Bevor die Show von Makko startet, ist eine Stimme zu hören, die dem Publikum vorschlägt, das Handy heute Abend doch bitte in der Tasche zu lassen. Und tatsächlich, die meisten der Besucherinnen und Besucher folgen. Außerdem wird um Awareness gebeten, um Rücksichtnahme und Akzeptanz, damit das Konzert ein sicherer und diskriminierungsfreier Ort für alle ist, die gekommen sind. Das scheint Makko selbst, dem Künstler, wichtig zu sein, so eine ausführliche Ansage ist im Konzertgeschäft noch die Ausnahme.
Makko und seine Boards
Makko ist ein hagerer und großer Typ, er trägt blonde Strähnen und diese auffällige Zahnlücke, die fast schon sein Markenzeichen geworden ist. Nach einem ausufernd langen Intro erscheint er in der Columbiahalle auf einem schwarzen Rondell auf der Bühne. Die ist bis auf ihn und den DJ hinter ihm eigentlich leer, nur zwei Skateboards liegen scheinbar unauffällig unter dem DJ-Pult. Wenn etwas für Makkos bisheriges Leben steht, dann wohl diese Boards.
Sie ist das jüngste Kind der Jackson-Dynastie und mit mehr als 160 Millionen verkauften Platten ein Weltstar – Janet Jackson war nach vielen Jahren mal wieder in Berlin. Bruno Dietel hat eine visuell beeindruckende, aber musikalisch enttäuschende Show erlebt.
Fürstenwalder Skaterboy
Geboren ist Makko aka Christoph Makowski in Berlin, aufgewachsen in Fürstenwalde in Ostbrandenburg. Mit zehn oder elf Jahren fängt er an zu skaten, lädt seine ersten Videos hoch, unterlegt mit US-Rap. Er fängt an, zu diesen Tracks zu freestylen, produziert dann erste eigene Songs als Soundtrack für Skate-Sessions. Später zieht es ihn zurück nach Berlin, dort wird er von Freunden rund um seine Skatergang "Bolo Boys" ermutigt, seine Ausbildung zum Ergotherapeuten zu schmeißen, um mehr Zeit zum Produzieren zu haben – alles DIY, alles zuhause als "Bedroom Producer".
Cloud Rap über Selbstzweifel
Makkos Sound ist tiefenentspannter Cloud Rap, die musikalischen Vorbilder klar – Rapper wie Juice WLRD, Pop Smoke oder XXXTentacion. Makko tritt im Bad Boy-Style auf, obwohl er das offensichtlich und hörbar nicht ist, er trägt eine schwere silberne Kette, schwarze Lederjacke und schwarze Mütze. Und dann steht da ein Typ auf der Bühne, der über Selbstzweifel, Zukunftsängste und die instabile Psyche von sich und anderen rappt. Das ist sehr real, sehr nahbar, die 3500 Menschen in der Columbiahalle singen beziehungsweise kreischen die Songs so intensiv mit, als würde Makko gerade ihre Seelen lesen.
Damit die Stimmung nicht zu düster wird, reißt Makko das Energielevel in der Halle mit regelmäßigen, kurzen Moshpits zu technoiden Interludes wieder nach oben. Zwischendurch fordert er 110% Energie von jedem, das Publikum, überwiegend um die 20, liefert. Als eine dieser geplanten und gewünschten Mini-Eskalationen so ausartet, dass einige Menschen vor der Bühne im Gerangel Panik bekommen, unterbricht Makko die Show für mehrere Minuten. Moshpit nur, wenn es allen gut geht – mehrfach erkundigt er sich, ob alles wieder in Ordnung sei, beweist ein sensibles Gespür für den Vibe in der Halle.
Unveröffentlichte Songs live
Immer wieder kommen bei Makko Gäste auf die Bühne – er bekommt Besuch der Rapper Symba, Lucio101, Souly und Mikael – die Fans rasten jedes Mal aus. Das Kreischlevel ist grundsätzlich hoch – und steigt, je näher Makko sich dem Graben vor der Bühne nähert. Er spielt mehrere unveröffentlichte Songs, einen über den schnellen Aufstieg und den Widerstand gegen den Ausverkauf. Und über einen Kumpel, um den er wegen dessen Drogenkonsum Angst hat.
Kurz vor Schluss stimmt Makko noch "Junge" von den Ärzten an, einen Song, den die meisten im Publikum wahrscheinlich von ihren Eltern kennen, viele von denen warten zu dem Zeitpunkt schon vor der Halle auf ihre Kinder. Makko performt seinen millionenfach gestreamten, erfolgreichsten Hit "Nachts Wach", startet noch eine letzte Moshpit-Runde und verlässt die Bühne mit einem "Ach du Scheiße" – ganz ungläubig über die mehr als 3000 Menschen am ersten ausverkauften Abend in der Columbiahalle.