Ausstellung im Spree Park
Die Ausstellung "Vergangenes Vergnügen" im Eierhäuschen lässt ganz persönliche Erinnerungen an den Kulturpark Plänterwald und späteren Spreepark Berlin aufleben. Auch ist nicht zu übersehen, dass der Spreepark sich auf ein neues Kapitel vorbereitet. Von Marie Kaiser
"Willkommen im Glück" steht in Großbuchstaben gleich am Eingang der Ausstellung. Darunter baumeln an Fäden aufgehängt historische Fotos aus der bewegten Vergangenheit des damaligen "VEB Kulturpark" im Plänterwald, der vor 55 Jahren als einziger Vergnügungspark in der DDR eröffnet und oft einfach "Kulti" genannt wurde.
Menschen, die sich auf Karussells drehen oder die Achterbahn heruntersausen und vor Glück strahlen. Der Blick bleibt aber auch sofort hängen an einem Foto von den Weltfestspielen der Jugend aus dem Jahr 1973. Fünf Jugendliche in FDJ Hemden sind vor einem Riesenrad zu sehen, jeder ausgestattet mit einer Portion Zuckerwatte, die für den Fotografen besonders genießerisch verspeist wird. Das sieht eher nach inszenierter Fotografie und inszeniertem Vergnügen aus.
Genau in diesem Spannungsfeld bewegt sich die Ausstellung. Der Vergnügungspark als propagierten "Treffpunkt der fröhlichen Leute", als Bühne für einen Staat, der demonstrieren will, wieviel Freiheit und Glück in der DDR möglich ist. Aber auch das tatsächlich erlebte Freiheits- und Glücksgefühl. "Uns war es ganz wichtig, dass wir die Ausstellung mit den Erinnerungen formen, denn das macht den Spreepark so besonders, dass es so wahnsinnig viele Erinnerungen gibt und die Menschen immer emotional auf den Park reagieren", erklärt die künstlerische Leiterin des Spree Park Art Space Katja Aßmann im Interview mit rbb24.
Ein Jahr lang wurden für "Vergangenes Vergnügen" Erinnerungen gesammelt von Menschen, die den Vergnügungspark besucht haben, aber auch dort gearbeitet haben. Die Autorin und Journalistin Anne Waak hat daraus das über 80-minütige Hörstück "Leben unterm Riesenrad" gemacht, das als Begleiter durch die Ausstellung funktioniert. In drei Kapiteln führt das Hörstück in die verschiedenen Abschnitte der Ausstellung. "Willkommen im Glück", "Der Park als Bühne" und "Hinter den Kulissen".
Im Kapitel "Der Park als Bühne" fallen ungewöhnliche Schwarz-Weiß-Fotos der Fotografin Christiane Eisler auf, die in den frühen 1980er Jahren eine Gruppe junger Punks im Plänterwald mit der Kamera begleitet hat. Ein junger Mann mit Nietengürtel, Lederjacke und Irokesen dreht sich im Kettenkarussell und wird von den Mitfahrenden neugierig beobachtet. Andere Punks breiten die Arme aus als könnten sie fliegen oder kugeln vergnügt in einer Art Röhre herum.
"Uns hat das sehr überrascht, dass der Kulturpark damals ein Ort war, an dem sich Punks in der DDR relativ frei bewegen konnten", sagt der Kurator der Ausstellung, Christian Hiller. "Immer wieder haben sich Gruppen von Punks im Spreepark getroffen, haben gefeiert und Unsinn gemacht. Das galt nicht nur für die Punks, auch für verliebte Pärchen", so Hiller. Der Kulturpark war damals eine Art Sehnsuchtsort, wo man für eine gewisse Zeit Dinge machen konnte, die an anderen Orten in der DDR wahrscheinlich nicht möglich gewesen wären, vermutet er. "Er war frei, bunt und wurde zu einem Sehnsuchsort, in dem es sich ein bisschen anfühlte, als könne man die DDR für ein paar Stunden verlassen."
Nach der Wende wurde aus dem "Kulturpark Plänterwald" der "Spreepark". Im Kapitel "Hinter den Kulissen" werden zum ersten Mal Planungszeichnungen und Fotos des Architekturbüros von Doris und Hinrich Baller gezeigt aus dem Jahr 1993, als der Vergnügungspark für die neue Zeit umgebaut wurde. 2001 musste der "Spreepark" wegen finanzieller Probleme des Betreibers schließen und lag seitdem brach. Die Natur überwucherte die Fahrgeschäfte und viele klettern über die Zäune, um Fotos des "Lost Place" zu machen.
An diese Zeit erinnert eine Arbeit der Künstlerin Andrea Pichel, die selbst Erinnerungen aus der Kindheit an den Spreepark hat. Ein großer Fototeppich zeigt Überreste des Internationalen Spezialitätenrestaurants im Spreeparks. Rote Fliesen des ehemaligen Toilettentrakts die vollkommen von Pflanzen überwuchert sind bilden ein eigenes Muster, in das sich diese der Zeit und der Geschichte eingeschrieben haben.
Das Ausstellungsdesign von "Vergangenes Vergnügen" ist fröhlich und erinnert an bunte Spielbuden. Dazu passt, dass es auch eine Art Selfie-Ecke gibt, in der sich Besucherinnen und Besucher vor verschiedenen Fotoleinwänden mit riesigen Aufnahmen aus dem verwitterten Lost Place posieren können - vor dem Riesenrad oder dem Tunnel der Achterbahn "Spreeblitz", der an einen Drachenschlund erinnert.
Wer auf dem Weg zur Ausstellung am Spreepark vorbeifährt, kann sich überzeugen, dass die Bauarbeiten in vollem Gange sind. Ursprünglich sollte der Spreepark Ostern 2025 wieder eröffnen. Mittlerweile ist die Rede von einer Eröffnung im Jahr 2026. Dann sollen auf dem ganzen Gelände Kunstinstallationen zu sehen sein und das Riesenrad zurückkehren, das über großen Wasserbecken in Mitte des Parks schweben soll.
Katja Aßmann findet den Moment vor der Eröffnung genau den richtigen Zeitpunkt für eine solche Ausstellung: "Bevor es um das zukünftige Vergnügen im Spreepark geht, sollte die Ausstellung sich noch einmal auf die Vergangenheit besinnen." Alles, was das zukünftige Vergnügen des Spreeparks sei, werde so anders sein, aber das Vergnügen einfach in der Natur zu sein, finde sie genauso wichtig und spannend in der heutigen Zeit.
Beitrag von Marie Kaiser
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