Experten-Schätzung
Tausende Exponate in ostdeutschen Museen könnten nach Einschätzung von Forschern zu Zeiten der DDR und der sowjetischen Besatzung enteignet worden sein. Experten des Brandenburger Museumsverbands schätzen, dass etwa drei bis vier Prozent der Sammlungen in dem Bundesland eine solche Herkunft haben.
Im Vergleich zu Exponaten aus der Zeit der NS-Verfolgung sei dies eine sehr hohe Zahl, sagte Provenienzforscher Alexander Sachse bei einer Online-Veranstaltung des Verbands. "Das sind eben pro Museum Dutzende, wenn nicht hunderte Objekte, die betroffen sind", betonte Sachse.
Die Forschung zur Herkunft von Kunst- und Kulturobjekten wird als Provenienzforschung bezeichnet. In Deutschland rekonstruiert sie dabei neben Enteignungen aus der NS-Zeit oder dem Kolonialismus auch solche aus Zeiten der sowjetischen Besatzung und der DDR.
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen könnte der Anteil den Schätzungen zufolge noch höher liegen. Grund sei hier die sogenannte Bodenreform, erklärte Sachse. Unter der sowjetischen Besatzung ab 1945 wurden dabei demnach gezielt Kunstsammlungen in Schlössern und Herrenhäusern enteignet. Auch im Zuge von Strafverfahren in der DDR oder nach der Flucht von Menschen in den Westen enteigneten staatliche Akteure Kulturgüter.
Es sei aber kein allein ostdeutsches Problem, sagte der Geschäftsführer des Museumsverbands, Arne Lindemann. "Denn durch den Kunsthandel ist auch in vielen westdeutschen Museen dieses Kulturgut zu finden."
Nach heutiger Auffassung sind die Gegenstände ihren Besitzern zwar unrechtmäßig weggenommen worden, für die Rückgabe fehlt laut Sachse aber oft eine entsprechende Rechtsgrundlage.
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