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Konzert | Future Palace
Future Palace hatten mit diesem Erfolg nie gerechnet: Konzerte in halb Europa, drei hoch gelobte Alben. Wie gut sie sind, zeigten sie auch beim Heimspiel im Berliner Huxleys. Von Hendrik Schröder
Kurz nach 21.30 Uhr kommt die Band auf die Bühne und haut von null auf hundert ein Brett an E Gitarre raus, dass man darauf wartet, dass die Schallwelle einen an die Wand des Huxleys drückt. Leicht breitbeinig steht Gitarrist Manuel Kohlert dazu auf seinem Podest, drischt mit schwer tätowierten Armen auf die Saiten und bangt die untypischerweise versicherungskaufmannkurzen Haare dazu.
Drummer Johannes Früchtenicht hat einen ebenso ballernden Schlagzeugsound, spielt aber genau wie der Gitarrist eher mit Feeling als mit Kraft. Anders würde man die 80 Minuten Gewitter wahrscheinlich auch gar nicht durchhalten.
Dann kommt Sängerin Maria Lessing mit lila gefärbten Haaren, im grün-roten hautengen Kleid, schwarze Boots und Nietengürtel dazu und nimmt die geschätzt 600 Fans sofort in ihren Bann. Man muss dazu vielleicht wissen: Future Palace sind eine dieser Alternative Bands, bei denen der Gesang abwechselnd entweder sehr melodisch daherkommt oder total krass geknurrt, gebellt und gebölkt wird.
Aus dem Hardcore und Nu Metal kommt dieser Stil. Hatte seinen Anfang in den 1990er Jahren und findet mittlerweie in neuer Auflage auch wieder jüngere Fans. Future Palace werden allgemein dem Post-Hardcore zugerechnet. Also die Musik ist irgendwas zwischen Metal, Hardcore und in den ruhigeren Momenten kann es durchaus sehr poppig werden. Wobei das dann schnell wieder durch Riffs und Geschrei gebrochen wird.
Nicht wenige solcher Bands haben für all das zwei Sänger, der eine singt, der andere schreit. Überhaupt bedienen dieses Genre viel mehr Männer als Frauen und 95 Prozent aller Bands klingen so austauschbar hätte eine KI ihre Finger im Spiel. Nicht so Future Palace. Denn die sind erstens extrem musikalisch und haben zig Ideen, wie sie dem zu Ende gespielten Genre doch noch hier und da eine Überraschung abluchsen.
Und sie haben ihre Sängerin. Die, das darf man so sagen, äußerlich doch eher zart aussieht und dann aber ihrer Stimme immer wieder eine Brutalität abtrotzt, die von irgendwo aus dem Erdinnern zu kommen scheint. Beeindruckend ist das.
Dazu die Texte, die Maria Lessing selbst schreibt, die ihre Geschichten sind. Texte, die was wollen. Die von Depressionen oder übergriffen Männern handeln. Von mentalen Herausforderungen und Frauenrechten. Drei Alben haben Future Palace mittlerweile gemacht, mit jedem sind sie etwas größer geworden. Ihr aktuelles heißt „Distortion“ und wurde weltweit hervorragend gesprochen. Zurecht.
Gerechnet haben die drei aus Berlin mit dem Erfolg null, sagen sie in Interviews. Jetzt genießen sie jede Minute davon, man sieht es ihren Gesichtern auf der Bühne an. Gitarrist und Sängerin stehen kaum still, hüpfen auf den kleinen Podesten hin und her, werfen sich in Posen. Die Fans gehen mit.
Sie sind zwischen 18 und 30 und gehören modisch zu denjenigen, die so lange schwarz tragen, bis eine dunklere Farbe erfunden wird. Die bunten Leuchtstäbe, die sie mitgebracht haben und schwenken sieht man durch das viele schwarz allerdings besonders gut. Ein geiler Abend mit einer Berliner Band, die innerhalb ihrer Nische noch richtig groß werden wird.
Sendung: rbb24 Inforadio, 16.12.2024, 6:54 Uhr
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