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Berlinale-Filmkritik | "In Liebe, Eure Hilde"

Zwischen Kerkergrau und Sommerlicht

Andreas Dresen erzählt in seinem Film die Geschichte der kommunistischen Widerstandskämpferin Hilde Coppi. Der erste deutsche Wettbewerbsbeitrag ist ein braves Historiendrama, das seiner Hauptfigur erst gegen Ende nahe kommt. Von Fabian Wallmeier

Die Rote Kapelle war eine (von der Gestapo so bezeichnete) kommunistische Widerstandsgruppe im Nationalsozialismus. In Ostdeutschland wurde sie Schulstoff wie in Westdeutschland die Weiße Rose, im Westen ist sie nicht ganz so präsent. Die Mitglieder verteilten vornehmlich in Berlin und Brandenburg Flugblätter und versuchten mit Funksprüchen, Hitlers Angriffspläne an die Sowjets zu übermitteln.

Andreas Dresen macht eine von ihnen zur Hauptfigur seines neuen Films "In Liebe, Eure Hilde", der am Samstagnachmittag in den Wettbewerb der Berlinale gestartet ist: Hilde Coppi wurde 1943 zusammen mit anderen Mitgliedern der Gruppe in Berlin-Plötzensee hingerichtet. In Haft brachte sie zuvor ihren Sohn Hans zur Welt, benannt nach ihrem Mann, der einige Monate vor ihr hingerichtet wurde.

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Sommer am See

Dresen beginnt den durch und durch konventionellen Film mit Hildes (Liv Lisa Fries) Verhaftung und zerlegt seine Geschichte in zwei Teile: Zum einen wird Hildes Zeit in der Haft bis zur Hinrichtung erzählt, darunter die Geburt ihres Sohnes und die wenigen Monate, die sie mit ihm an diesem düsteren Ort hat. Zum anderen erzählt er in Rückblenden, wie Hilde Teil der Gruppe wird und Hans (Johannes Hegemann) kennen und lieben lernt. Immer wieder kehrt der Film dabei an einen sommerlichen See zurück, an dem die Gruppe sich trifft und Pläne schmiedet, aber auch das Leben feiert.

Produktive Reibungen ergeben sich aus diesem Hin und Her zwischen Kerkergrau und Sommerlicht nicht. Nie gibt es auch nur den Hauch einer Irritation, alles ist sauber erklärt und mundgerecht dargereicht. Verblüffend oder ernsthaft berührend wird der Film auch nicht, wenn Dresen am Ende immer plakativer hin und her schneidet. Vom Schafott geht es da direkt an den See.

Und es geht zum finalen kleinen Möchtegern-"Schindlers Liste"-Moment. Zur Erinnerung: Spielbergs Drama wechselt da so simpel wie tief bewegend in die Gegenwart zu den echten Überlebenden und ihren Nachfahren. Bei Dresen ist das alles ein paar Nummern kleiner, auch wenn der Kniff derselbe ist: Da erzählt der echte Hans Coppi Junior, Hildes Sohn, mittlerweile 80, noch ein bisschen aus seinem Leben, während die Kamera über den glitzernden See fährt und dann wieder bei einer fröhlichen Feier von Hilde und ihren Freund:innen landet.

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Wo ist die Liebe?

Das Seltsamste an "In Liebe, Eure Hilde" ist vielleicht, wie wenig von der im Titel behaupteten Liebe zu spüren ist, wie blass die Figuren und ihre Motivationen bleiben. Die Hans-Fritz-Günther-Parade der Freunde am See etwa ist komplett austauschbar. Die tiefen Beweggründe für ihr politisches Handeln, ihr Mut und ihre Angst bleiben weitestgehend im Dunkeln.

Vor allem aber macht der Film nicht greifbar, was Hilde und Hans verbindet. Zwischen Liv Lisa Fries und Johannes Hegemann ist keine Chemie spürbar. Da helfen auch ein paar neckische Szenen nicht, in denen sie sich etwa beim Morse-Code-Üben gegenseitig sanft auf die Körper klopfen. Wenig hilfreich ist hier auch die Entscheidung, die Rückblenden nicht chronologisch anzuordnen. Ständig fragt man sich, ob Hilde uns Hands sich nun gerade schon kennen und lieben oder nicht - und die Antwort auf die Frage wird zunehmend egal.

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Vielleicht keine Historienfilme mehr?

Immerhin ist Dresens neuer Film ein Fortschritt nach der plumpen One-Woman-Show "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" aus dem Wettbewerb 2022. Aber auch mit "In Liebe, Eure Hilde" verfestigt sich der Eindruck: Die Bearbeitung großer politischer und historischer Stoffe ist nicht Dresens Stärke. Und man denkt wehmütig zurück an gegenwärtige frühe Sozialdramen wie "Halbe Treppe" und den beiläufig leichten Ton von "Sommer vorm Balkon".

Kurz vor Schluss kommt "In Liebe, Eure Hilde" seiner Hauptfigur doch noch etwas näher. Im Gespräch mit einem Priester (Alexander Scheer) vor ihrer Hinrichtung verliert Hilde kurz die Fassung. Beim Diktieren eines Abschiedsbriefs an ihre Mutter lässt sie kurz Trauer und Verzweiflung zu, ehe sie sich wieder sammelt. Hier kann dann auch Liv Lisa Fries endlich einmal ein bisschen von dem zeigen, was sie kann. Der Rest ist braves Schulstoffvermittlungskino.

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.02.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Fabian Wallmeier

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