Jurypräsidentin Lupita Nyong'o
Sie ist ein Weltstar und wurde schon mit einem Oscar geehrt - Lupita Nyong'o. Als erste schwarze Jurypräsidentin entscheidet die kenianisch-mexikanische Schauspielerin am Samstag über die Berlinale-Bären. Geschichtsträchtig, findet Anna Wollner
Es gibt viele erste Male im Leben von Lupita Nygon'o, die Geschichte schreiben. Für ihre erste Rolle in einem Spielfilm wird sie mit 31 Jahren für einen Oscar ausgezeichnet - als erste schwarze Afrikanerin überhaupt. Zwei Jahre später steht sie erstmals auf der Bühne des Broadways und wird für einen Tony Award nominiert - den wichtigsten Preis für Musicals und Theaterstücke in den USA. Ihr Kinderbuch "Sulwe" landet auf Anhieb auf Platz Eins der Bestsellerliste der New York Times, und wird auch für den deutschen Kinderbuchpreis nominiert.
Jetzt ist sie die erste schwarze Person überhaupt, die eine Internationale Wettbewerbs-Jury der Berlinale leitet. Im 74. Jahr des Bestehens des Festspiele.
Dabei ist ihre Wahl kein Zufall und verspricht einen interessanten Blick auf den Wettbewerb. Denn Lupita Nyong'o ist ein durch und durch politischer Mensch. Von Hause aus. Geboren ist sie am 1.März 1983 in Mexiko City, denn ihre Eltern waren drei Jahre vorher dorthin vor politischen Unruhen aus ihrer Heimat Kenia geflohen. Mit wenigen Monaten zog Nyong'o mit ihren fünf Geschwistern und den Eltern zurück nach Nairobi. Der Vater, ein Politikprofessor, ist heute Mitglied des Senats in Kenia.
Fürs Studium ging sie an die Ostküste der USA, studierte Film- und Theaterwissenschaften am Hampshire College und später an der renommierten Yale School of Drama. Ihr erster eigener Dokumentarfilm war "In my genes" über Albinos in ihrem Heimatland Kenia.
Eigentlich wollte sie lange Zeit Regisseurin oder Produzentin werden, hat Praktika bei der Regisseurin Mira Nair und Regisseur Fernando Meirelles gemacht. Am Set von "Der ewige Gärtner" hat sie in einem kurzen Moment der Ruhe Hauptdarsteller Ralph Fiennes nach einem Rat gefragt, wie sie es am besten anstellen könne, doch Schauspielerin zu werden. Sein Tipp: Es sei hart, aber sie solle dranbleiben. Nyong'o hat sich das zu Herzen genommen: Acht Jahre später, 2014, erhielt für ihre Darstellung der Sklavin Patsey in Steve McQueens "12 Years a Slave" den Oscar als beste Nebendarstellerin. In ihrer Dankesrede formulierte sie den Wunsch, die goldene Trophäe möge sie daran erinnern, dass die Träume jedes Kindes von Wert seien, egal woher es kommt.
Der Oscar hat die damals 30-Jährige über Nacht zum Star gemacht. Monatelang war sie in aufwendigen Modestrecken auf den Titeln der großen Magazine. Nur vor der Kamera hat sie sich – ganz bewusst – rar gemacht. Seit "12 Years a Slave" hat sie nur elf Filme gedreht, ungefähr einen pro Jahr. Aber die hatten große Wirkung. Man denke nur an die Marvel-Verfilmung "Black Panther" und die Fortsetzung "Wakanda Forever", die das Superhelden-Genre kräftig durchgemischt hat. Sie spielte in den fast genuin schwarzen Actionfilmen die Kriegerin Naika. Ein Film, der die Brücke schlägt zwischen jahrtausendealter afrikanischer Tradition und moderner Popkultur – vor allem aufgrund der Kostüme, wie Nyong'o zum Filmstart im rbb|24-Interview erzählte. "Die Kostüme sind ein authentisches Porträt afrikanischer Kultur und Identität. Auch wenn Wakanda natürlich ein fiktiver Staat ist, sind die Kostüme durch afrikanische Einflüsse entstanden. Von echten Afrikanern inspiriert", lobte sie die von Ruth Carter entworfenen, identitätsstiftenden Kostüme. "Sie feiern die Diversität der afrikanischen Kultur. Wir greifen im Film viel von unserem afrikanischen Erbe auf und spiegeln es in der modernen Popkultur."
Diversität ist Nyong’o mehr als wichtig. In ihrem Kinderbuch "Sulwe" geht es um ein Mädchen, dessen Hautfarbe "mitternachtsfarben" ist, ein Mädchen, dass sich hellere Haut wünscht, um dazugehören zu können und langsam versteht, dass auch dunkle Haut schön sein kann, schön ist.
Im Kino ist Nyong'o, zumindest als Schauspielerin, eher im amerikanischen Mainstreamkino zuhause. Neben "Black Panther" lieh sie in der Neuverfilmung "Jungle Book" der Wolfsmutter Raksha ihre Stimme, in "Star Wars" der Piratin Maz Kanata. In Jordan Peeles Horrorfilm "Wir" war sie in der Hauptrolle zu sehen, im Agentenfilm "355" an der Seite von Jessica Chastain, Diane Kruger und Penelope Cruz.
Aber dennoch ist sie eine gute Wahl als Jurypräsidentin. "Lupita Nyong'o verkörpert, was wir am Kino lieben: die vielseitige Herangehensweise an verschiedene Projekte, die Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen und zugleich eine Konsistenz, die in ihren Rollen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, deutlich sichtbar wird", begründet die Festivalleitung um Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek ihre Wahl. Egal welchen Film sie als Jurypräsidentin in diesem Jahr auszeichnet - Geschichte hat sie schon längst geschrieben.
Sendung: rbb24 Abendschau, 15.02.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Anna Wollner
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